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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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und klar festgestellt hat: Vor dem Tod braucht man keine Angst zu haben, denn der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Womit er logischerweise vollkommen recht hat.«
    Tannenberg krauste die Stirn. »Stimmt eigentlich.«
    »Na, siehst du, alter Junge. Außerdem hast du ja auch noch mich. Ich pass schon gut auf dich auf. Und wenn’s dann irgendwann eben sein muss und dein letztes Stündchen geschlagen hat, halte ich dir dein zittriges Händchen.«
    »Wieso du mir?«
    Dr.   Schönthaler blickte seinen Freund mit glasigen Augen verwundert an.
    »Ich dir«, lallte sein Zechkumpan, dessen Zunge immer schwerer wurde. »Ich gehe nämlich felsenfest davon aus, dass du lange vor mir ins Gras beißen wirst.«
     
     
     
    Samstag, 4. Juli
     
    »Oh nein, Hanne, hör bitte auf damit und lass mich noch ein bisschen schlafen«, brummelte Tannenberg in flehendem Ton. »Ich bin so was von hundemüde.«
    Das unbedacht dahingemurmelte Adjektiv löste in seinem vernebelten Hirn einen elektrischen Impuls aus. Dieser aktivierte einen Neuronenhaufen, der die nächtliche Narkotisierungsmaßnahme einigermaßen unbeschadet überstanden hatte. Nach dem kurzen mentalen Blitz begriff der Trunkenbold urplötzlich, wer da an ihm herumschleckte: Es war nicht Johanna, sondern sein Hund. Und der nahm normalerweise frühmorgens keinerlei Rücksicht auf irgendwelche menschlichen Schlafbedürfnisse. Kurt wollte Gassi gehen – und damit basta!
    Der morgenmuffelige Kriminalbeamte tastete nach Hanne. Mit seinem nach eigener Meinung unwiderstehlichen Charme wollte er sie fragen, ob sie nicht ausnahmsweise Kurt ausführen könnte. Doch er griff ins Leere. Kurt hatte die taktile Suchaktion offensichtlich gründlich missverstanden, denn er machte einen Satz über Tannenberg hinweg auf die freie Hälfte des Doppelbetts, legte sich brav neben ihm ab und zog in tiefster Zuneigung die raue Zunge über die Wange seines Herrchens.
    »Sofort raus aus unserem Bett, du aufdringliches Riesenviech«, schimpfte Tannenberg und schraubte sich ächzend in die Höhe. »Au, mein Kopf«, jammerte er sogleich los. »Brummt mir mein Schädel.«
    Während Kurt der Aufforderung in Zeitlupe nachkam, schleppte sich der arg lädierte Leiter des K 1 ins Bad. Den Anblick dieses verkaterten Mannes mit dem grauen, zerknitterten Antlitz ertrug er allerdings nur einen Sekundenbruchteil, dann wandte er sich von seinem Spiegelbild ab und schaufelte einige Hände eiskaltes Wasser in sein Gesicht.
    Danach putzte er sich die Zähne und schleppte sich anschließend in die Küche. Er schüttete fast eine halbe Flasche Mineralwasser auf einmal in sich hinein. Rülpsend ließ er seinen Blick umherschweifen. Dabei entdeckte er auf dem Tisch einen Zettel, neben dem eine Packung Kopfschmerztabletten lag.
    ›Deiner Alkoholfahne nach zu urteilen, wirst du heute Morgen sowieso nicht in der Lage sein, mir beim Ausmisten der Ställe zu helfen. Zum Glück habe ich ja noch meine Brüder. Ich fahre jetzt raus zum Weiherfelderhof. Wir sehen uns dann nachher beim Mittagessen.
    Kuss Hanne!‹
    »Oh, Shit«, zischte Tannenberg vor sich hin. »Das hat mir garantiert keine Pluspunkte bei ihr eingebracht.« Er warf die Stirn in Falten. »Obwohl, wenn ich’s mir recht überlege, ist es eigentlich gar nicht so verkehrt, wie’s gelaufen ist. Zum Ställe-Ausmisten hätte ich eh nicht die geringste Lust gehabt.«
    Nachdem er mit Kurt eine Runde im Stadtpark gedreht hatte, fühlte er sich schon bedeutend besser. Und zwei starke Kaffee am Frühstückstisch seiner Eltern taten ihr Übriges, um seine Lebensgeister fast wieder in den Normalzustand zu versetzen.
    »So, Mutter, was soll ich denn heute auf dem Markt für dich einkaufen?«, fragte er in Erwartung des am Samstag obligaten Einkaufszettels.
    »Kannste vergessen«, murrte sein biologischer Erzeuger. »Heute ist kein Markt.«
    Im Gesicht seines Sohnes machte sich sogleich Enttäuschung breit. Er freute sich immer wie ein kleines Kind auf diesen ritualisierten Einkaufsbummel. Denn er ermöglichte ihm nicht nur den frühmorgendlichen Verzehr seiner geliebten Härting-Frikadelle, sondern führte ihn zudem zu seinen ehemaligen Klassenkameraden, mit denen er sich stets um 10 Uhr im Stadtcafé traf. Auch wenn er aus dienstlichen Gründen an manchen Samstagen arbeiten musste, gönnte er sich doch regelmäßig diesen kleinen Abstecher in die gemeinsame Vergangenheit.
    Noch bevor er seinen Vater nach dem Grund für diese traurige Nachricht fragte, stieß er selbst auf die

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