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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Mont Ventoux hinauf. Sie agieren in einer Schattenwelt und steuern aus klimatisierten Nobelkarossen heraus den internationalen Schwarzmarkthandel mit den illegalen, zum Teil lebensgefährlichen Substanzen.
    Auch wenn es vielleicht paradox klingen mag: Das legale, von seriösen Pharmaunternehmen durchgeführte, öffentlich kontrollierte Doping würde die Gesundheit der Leistungssportler schützen.
    Außerdem könnte man dadurch dem Sport ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgeben.
    Die Gefahr eines skrupellosen Dopings bestünde kaum, denn welcher etablierte Pharmakonzern könnte es sich leisten, den Tod eines von ihm betreuten Sportlers zu verkünden? Außerdem würde die medizinische Forschung enorme Fortschritte machen, Fortschritte, von denen wir letztendlich alle profitieren würden.
    Seien wir doch mal ehrlich: Wollen wir nicht alle besser aussehen und uns besser fühlen? Ist eine weitgehend risikofreie Optimierung und Leistungssteigerung unseres Körpers und Geistes nicht die Erfüllung eines uralten Menschheitstraums?
    Bitte, liebe Leser, schreiben Sie uns Ihre Meinung zu diesem kontrovers diskutierten Thema.
    Der freiberufliche PALZ-Sportjournalist lehnte sich entspannt zurück, zündete sich eine weitere Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Während weißer Rauch über Tastatur und Monitor waberte, las er noch einmal über seinen Text. Zufrieden schaltete er den Laptop aus und klappte ihn zu. Anschließend fuhr er zum teuersten Hotel der Stadt, wo die als spektakulär angekündigte Pressekonferenz stattfinden sollte.
    Rund um die Nobelherberge herrschte ein regelrechter Belagerungszustand. Auf dem Parkplatz reihten sich dicht an dicht die Übertragungswagen internationaler Radio- und Fernsehanstalten. Die umfassenden Sicherheitsvorkehrungen ähnelten denen von Terroristenprozessen. Überall wimmelte es von Security-Personal und uniformierten Polizeibeamten. Der Zugang zum großen Speisesaal war nur über eine Kontrollschleuse möglich.
    Nachdem Torsten Leppla die obligatorische Leibesvisitation über sich hatte ergehen lassen, durfte er endlich den Saal betreten. Schätzungsweise 100 Journalisten, Fotografen und Kameraleute bevölkerten den zum Pressezentrum umfunktionierten Speiseraum. Auf der gegenüberliegenden Seite der Eingangstür war eine breite Tischfront aufgebaut worden. Sie wurde von einem kabinenähnlichen Glaskasten geteilt, der wie eine Duschkabine aussah. Wegen des stark getönten Glases konnte man nur schemenhaft erkennen, dass sich darin ein kleiner Tisch sowie ein Stuhl befand. Auch das Tischmikrofon ließ sich nur erahnen. Hinter der Glaskabine waren große Plakatwände aufgebaut, auf denen die Logos eines Privatsenders und diverser Sponsoren prangten.
    Der Sportjournalist sondierte die Reporterschar und ließ sich zielgerichtet neben einer attraktiven, dunkelhaarigen Kollegin nieder. Als er die La Gazzetta dello Sport auf ihrem Schoß erblickte, begrüßte er sie mit einem gehauchten »Buon giorno, Bella«. Als ihm die Schöne ihr Gesicht zudrehte, bedachte sie ihn lediglich mit einem knappen, verächtlichen Blick. Dann wandte sie sich wieder ihrem Begleiter zu – und Leppla sah nichts mehr von ihr außer einem Vorhang aus seidig glänzenden, pechschwarzen Haaren.
    Enttäuscht von der Abfuhr ließ er seinen Blick umherschweifen. So ähnlich muss es damals beim Turmbau zu Babel geklungen haben, dachte er in Anbetracht des Sprachenwirrwarrs um ihn herum.
    »Hallo, Torsten«, tönte plötzlich eine sonore Männerstimme durch die Geräuschkulisse. Es dauerte einen Moment, bis er den winkenden FAZ-Redakteur entdeckte, der auf der Pressetribüne des Fritz-Walter-Stadions gewöhnlich eine Reihe vor ihm saß. Der etwa 50-jährige, hagere Mann beugte sich zu ihm herunter.
    »Stimmt es, dass dieser Klamauk-Sender die Exklusivrechte für einen hohen sechsstelligen Betrag erworben hat?«, fragte er.
    »Ja, das hab ich auch läuten hören«, antwortete Leppla. Er zuckte mit den Schultern. »Aber ob’s tatsächlich stimmt?«
    Der grau melierte FAZ-Redakteur nahm direkt hinter Torsten Leppla Platz. »Ich denke schon, dass an diesem Gerücht etwas Wahres dran ist. Unser Doping-Kronzeuge wird sich sicherlich fürstlich für seinen Mut belohnen lassen.«
    »Das Geld kann er wahrscheinlich auch sehr gut gebrauchen. Da kommt möglicherweise einiges an Forderungen auf ihn zu. Wenn er nachher tatsächlich ein Dopinggeständnis ablegt, wird er wohl ein Jahresgehalt abliefern müssen. Denn wie jeder Fahrer

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