Leipziger Affären - Kriminalroman
zur Direktion auf. Wenn er Glück hatte, war die SoKo ein Stück weitergekommen und wartete mit neuen Ergebnissen auf. Sie mussten mögliche Feinde Königs ermitteln. Dazu musste Henne herausfinden, was für ein Mensch König gewesen war. Noch kannte er ihn zu wenig. Abgesehen von dem Bild, das die Presse vermittelt hatte, hatten ihn seine Mitarbeiter und die Familie als harten Boss und ungeliebten Mann dargestellt. Aber er musste auch eine andere Seite haben. Kein Mensch war ausschließlich schlecht, auch ein König nicht. Also galt es, ebenso seine Freunde zu ermitteln.
Wie hatte ein griechischer König mal gesagt? Gott schütze mich vor meinen Freunden. Mit meinen Feinden will ich selbst fertigwerden.
VIER
»Du gehst aus?« Fleur stutzte, als Alexa beschwingt zur Haustür schritt.
Die Schwägerin hatte sie wohl nicht kommen hören und fuhr herum. »Ich will in die Stadt.«
Missbilligend registrierte Fleur Alexas helles Kostüm und die rote Bluse. »Du solltest Schwarz tragen.«
»Es ist warm, der Sommer ist zurück.«
»Dein Mann ist tot, du bist Witwe! Witwen tragen nun mal Schwarz, das gehört sich so.«
»Du und deine Tradition! Du kannst mir gestohlen bleiben.«
Mit lautem Knall fiel die Eingangstür ins Schloss. Fleur zuckte zusammen. Sie konnte nicht glauben, was soeben passiert war. Alexa, das Schaf, hatte sich ihr tatsächlich widersetzt. Das konnte, das durfte sie sich nicht bieten lassen.
Sie rannte ins Freie, doch sie sah nur noch die Rücklichter des Sportwagens, den Dankwart gewöhnlich gefahren hatte. Sie biss sich auf die Lippen. Dankwart war noch nicht einmal unter der Erde, da vergriff sich das Miststück schon an seinem Eigentum.
Fleur wollte nicht daran denken, dass Haus und Hof, der gesamte Besitz, jetzt der Schwägerin gehören könnten. Vor Jahren war sie zufällig Zeuge eines Streites geworden. Alexa hatte darauf bestanden, dass Dankwart sein Testament zugunsten seiner Frau ändern sollte, und zwar in allen Details. Selbst vor der Rente, die er für Fleur vorgesehen hatte, war sie nicht zurückgeschreckt. Dankwart hatte sich damals geweigert. Keine Sekunde glaubte Fleur, dass ihr Bruder später dem Drängen der Modepuppe nachgegeben haben könnte. Dafür war er viel zu durchtrieben.
Alexa fuhr tatsächlich in die Stadt. In einer Seitenstraße ließ sie den Wagen stehen und ging zu Fuß weiter. Ihr Ziel war das Riquet-Haus Ecke Reichstraße und Schuhmachergässchen, dessen Eingang von zwei kupfergetriebenen Elefantenköpfen flankiert wurde. Im Innern verbarg sich ein traditionelles Kaffeehaus, das im Jugendstil gehalten war. Sie durchquerte den Gastraum und steuerte auf den hinteren Teil zu, wo Robert an einem Tisch direkt vor den großen Spiegeln saß und sie bereits erwartete. Bei ihrem Anblick erhob er sich. Sein Haar, das er zu einem Zopf zusammengebunden hatte, glänzte schwarz.
»Du siehst wundervoll aus«, sagte er und küsste sie auf die Wange.
»Dabei sollte man meinen, der Tod meines Gatten schlägt mir aufs Gemüt.« Alexa lächelte spöttisch.
»Für mich bist du schöner denn je.«
»Hast du die Flüge gebucht?«
»In zwei Wochen geht es los. Argentinien, wir kommen.«
Alexa bestellte einen Kaffee und eine Lerche. Sie liebte die kleinen Kuchen aus Mürbeteig, Mandeln und Nüssen, auch wenn sie sich den Genuss nur selten gönnte. »Fleur nervt mich mit jedem Tag mehr.«
»Bald bist du die alte Schachtel los.«
»Auf eine Art tut sie mir leid.«
»Sie hat dir das Leben vergällt, vergiss das nicht.«
Alexa nickte. »Es wird immer schwerer mit ihr, trotzdem hasse ich sie nicht. Sie ist schließlich Dankwarts Schwester.«
»Er ist viel zu nachsichtig mit ihr umgegangen.«
»Ihm hat die Zeit gefehlt, sich um sie zu kümmern. Da hat er es mir überlassen.«
»Wenn du mich fragst, war das verantwortungslos von ihm.«
Alexas Bestellung kam, und sie biss in das Gebäck, um nicht antworten zu müssen. Was hätte sie auch sagen können? Es stimmte schließlich. Dankwart hatte sie viel zu oft in schwierigen Situationen allein gelassen, mehr noch: Er selbst hatte sie häufig erst in diese gebracht. Fleur war ein Problem, das Alexa ohne ihren verstorbenen Mann nie gehabt hätte.
»Wann wirst du ihr sagen, dass du weggehst?«, fragte Robert und griff nach ihrer Hand.
»Ich weiß es noch nicht.«
»Die Zeit wird knapp. Vierzehn Tage sind schnell vorbei.«
»Sie muss aus der Villa, wenn ich verkaufe. Bestimmt rechnet sie damit, dass sie auch weiterhin bei mir bleiben
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