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Leipziger Affären - Kriminalroman

Leipziger Affären - Kriminalroman

Titel: Leipziger Affären - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Sarg und einer Horde schwarz gekleideter Menschen. Wie Pinguine watschelten sie hinter dem Sarg her, den die Träger auf einen rollenden Untersatz gehoben hatten.
    Gemächlich folgte Henne der Prozession. In einem linker Hand gelegenen Gang stoppte der Zug vor einer ausgehobenen Grube. Der Pfarrer sagte etwas, das Henne nicht verstand, weil er noch zu weit weg war. Statt zu der Menge aufzuschließen, umrundete er sie, sodass er die Trauergemeinde in Ruhe betrachten konnte.
    Alexa stand dem Pfarrer am nächsten. Sie hatte das schöne Gesicht unter einem schwarzen Schleier verborgen. Henne vermutete, dass ihr auch ohne Schleier keine Regung anzusehen gewesen wäre. Neben ihr stand Fleur, die ihm kleiner als beim letzten Mal erschien. Vielleicht lag es an ihrem geneigten Kopf. Henne meinte aus den bebenden Schultern einen unterdrückten Weinkrampf zu erkennen.
    Doch als sie an die Grube schritt und eine Handvoll Blüten hinabstreute, warf sie trotzig den Kopf in den Nacken. Ihre Augen waren trocken. Ein triumphierender Ausdruck lag in ihnen. Henne schüttelte leicht den Kopf. Wahrscheinlich hatte er sich geirrt. Nachdenklich schaute er ihr nach, als sie beiseiteging und sich neben ihre Schwägerin stellte.
    Trauergast folgte auf Trauergast, auch Gordemitz und Heiligenbrand sowie Herrmann Selling und seine Sekretärin, die Henne kurz zuzwinkerte. Als eine der Letzten kam Miriam. Henne gab es einen Stich ins Herz.
    Dem Anlass entsprechend hatte sie sich in schwarze Seide gehüllt. Das kaftanähnliche Gewand wurde in der Mitte von einem leuchtend gelben Gürtel gehalten. Reminiszenz an das Leben. Henne, der auf Friedhöfen gewöhnlich melancholisch wurde, fühlte sich unwiderstehlich davon angezogen.
    Miriam ließ eine einzelne Rose auf den Sarg fallen und bewegte stumm die Lippen. Wer weiß, was sie ihrem ehemaligen Geliebten zuraunte. Henne wünschte, es wäre ein banaler Abschiedsgruß. Zugleich hoffte er, sie ließe sich nicht zu gewöhnlichen Floskeln herab.
    Er folgte ihr zum Ausgang, doch machte er keine Anstalten, sie einzuholen. Er ahnte, dass sie auf ihn warten würde.
    Tatsächlich stand Miriam vor dem Tor und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Obwohl sie ihn gehört haben musste, hatte sie die Augen geschlossen.
    »Hast du deinen Mörder?«, fragte sie geradeheraus.
    Er musterte ihre leicht geöffneten Lippen. Verlockende Frauen wie sie sollten verboten werden. Gewaltsam riss er sich von ihrem Anblick los. »König hatte viele Feinde.«
    Sie wandte ihm das Gesicht zu. »Ich zähle nicht dazu.«
    Henne versank in ihren dunklen Augen. »Weißt du was? Ich glaube dir.«
    »Gehen wir einen Kaffee trinken, oder hast du etwas Besseres vor?«
    In einer Seitenstraße fanden sie ein kleines Restaurant. Es war später Vormittag, der Kellner hatte wenig zu tun. Nachdem er sich an dem ungleichen Paar sattgesehen hatte, verschwand er im Dschungel der Küche, um sich wer weiß was zu widmen. Jedenfalls hatten sie ihre Ruhe.
    »Wie geht es dir?«, fragte Henne.
    »Nenn es vorschnell, aber ich hatte Sehnsucht nach dir.«
    In Hennes Magengegend begann es zu kribbeln. Er räusperte sich verlegen.
    »Du hast mich beeindruckt.« Miriam ließ ihren Worten ein verführerisches Lachen folgen.
    Henne hätte sie am liebsten in die Arme gerissen. Es war wohl doch keine gute Idee, mit ihr allein zu sein.
    Miriam tastete nach seiner Hand. »Warum sagst du nichts?«
    Die Hitze ihrer Haut ließ Henne die Luft anhalten. Er meinte zu verbrennen. Zum ersten Mal kamen ihm Zweifel, ob er die Lage im Griff hatte. Wenn er nicht aufpasste, verlor er noch seinen Kopf. Vielleicht wollte Miriam ihn nur dazu benutzen, dass er ihr über den Tod ihres Geliebten hinweghalf.
    Miriam musste Gedanken lesen können. »Hast du Angst vor mir?«
    »Was soll in einem öffentlichen Café schon passieren?«, entgegnete er rau.
    »Wir könnten zu mir gehen.«
    Alles in ihm schrie nach ihr, doch er sagte: »Das lassen wir lieber bleiben.«
    »Also hast du doch Angst.« Sie zog ihre Hand zurück.
    Henne wünschte, Miriam hätte ihre Hand auf seinem Arm gelassen. »Erzähl mir von Königs Geschäften.«
    »Ich weiß nicht viel.« Miriam rührte in ihrer Tasse. »Er hatte viel zu tun, er war immer ausgelastet.«
    Das hörte Henne nun schon zum zweiten Mal. Auch Selling hatte angegeben, dass König schwer im Geschäft war.
    »Komisch, allerorten heißt es, dass wir auf einen Abgrund zusteuern. Wir haben eine Wirtschaftskrise, hat sie um König einen Bogen gemacht?«, fragte

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