Leipziger Affären - Kriminalroman
er.
»Auch er hat in der Bankenkrise Geld verloren.«
Henne beugte sich vor. »Das interessiert mich.«
»Er hat Andeutungen gemacht, nichts Konkretes. Irgendwo hatte er wohl Gelder angelegt, die dann futsch waren.«
»Wo und wie viel?«
»Hast du mir nicht zugehört? Ich habe doch gesagt, ich weiß es nicht.« Sie wühlte in ihrer Tasche und zog ein Päckchen Zigaretten hervor. »Wir haben zusammengearbeitet und waren ein Liebespaar. Das heißt noch lange nicht, dass er mit mir seine Börsengeschäfte besprochen hat.«
»Alexa könnte etwas darüber wissen.«
»Möglich.« Miriam zündete sich eine Zigarette an. Ihre Hände zitterten.
Henne wies auf das Rauchverbotsschild, Ergebnis des umstrittenen Nichtrauchergesetzes, das pflichteifrige sächsische Beamte auf den Weg gebracht hatten.
»Die können mich mal.« Miriam nahm einen besonders tiefen Zug.
Henne konnte sich ihren Stimmungsumschwung nicht erklären. »Dein König steckte in Schwierigkeiten. Er hatte kein Geld, zumindest hat er seinen Zulieferer nicht bezahlt.«
»Für uns hat es allemal gereicht.«
»Ach ja?«
»Er liebte gutes Essen, Reisen, schöne Dinge. Wir waren oft unterwegs. Auf seine Kosten, wohlgemerkt. Er hat mich ausgehalten, das Beste war ihm gut genug für uns.« Sie blinzelte eine Träne fort und zog an der Zigarette, als wäre sie ein Rettungsanker. Dann drückte sie energisch die Kippe aus. »Bist du sicher, dass du nicht mit in meine Wohnung kommen willst?«
Es war ein gefährliches Angebot, das Henne ungemein reizte. Doch noch konnte er sich nicht dazu durchringen.
»In meinem Kühlschrank ist Nuss-Eis. Nur für dich.«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Ein Eis wird schon noch hineinpassen. Ich mache es wirklich gut.« Miriams Blick sagte mehr als ihre Worte. Ihre schlechte Laune schien so plötzlich wieder verflogen, wie sie gekommen war.
Henne wurde schwach. Und Nuss-Eis war völlig unverfänglich. Außerdem konnte er jederzeit gehen. Miriam lächelte.
Er legte einige Münzen für den Kaffee auf den Tisch und folgte ihr auf die Straße. Angesichts ihres wiegenden Schrittes konnte er nichts dagegen tun, dass sein Herz im wilden Marsch davongaloppierte.
Die Rote Emma war ein Gartenlokal, Treffpunkt von Arbeitern, Rentnern und natürlich Kleingärtnern. Henne durchquerte den Biergarten und trat in die Gaststube. Drinnen war es nicht so hell wie draußen in der Sonne. Er brauchte einen Moment, bis sich seine Augen an das dunkle Licht gewöhnt hatten, dann schob er sich auf einen Hocker am Tresen. Willy, der Wirt der Roten Emma, staunte, als er einen Klaren bestellte. »Mensch, du hier um diese Zeit und noch dazu Samstag? Und dann ein Schnaps? Ich erkenne dich gar nicht wieder.«
»Manchmal springe ich über meinen Schatten.«
Die Rote Emma war bis auf einen Tisch, an dem drei Rentner Skat kloppten, ohne Gäste. Willy schob Henne den Schnaps über den Tresen und verschränkte die Arme. »Du hast doch was auf dem Herzen.«
»Blödsinn.«
»Du musst nicht quatschen, wenn du nicht willst.«
Henne kippte den Schnaps. »Schenk nach«, sagte er, und dann erzählte er doch.
Willy ließ ihn reden, nur manchmal ruckte sein Kopf nach oben und er musterte Henne mit gerunzelter Stirn.
»So ist das nun«, sagte Henne, »ich habe mich verknallt.«
»Wenn das Erika wüsste.«
»Das ist das Problem. Erika und ich gehören zusammen. Ich liebe sie.«
»Vielleicht bildest du dir das nur ein.«
»Weißt du noch, wie ich gelitten habe, als sie mich damals verlassen hat?« In der Zeit, in der Erika sich von ihm getrennt hatte, war er ständiger Gast in der Roten Emma gewesen. Willy konnte das unmöglich vergessen haben.
»Okay«, sagte Willy dann auch. »Du bist ohne sie ein Wrack. Du brauchst sie offensichtlich.«
»Mensch, mehr als das. Ich liebe sie!«
»Schon gut, du liebst sie also. Allerdings steigst du jetzt dieser Miriam hinterher. Sieht ganz nach Midlife-Crisis aus.« Willy schrubbte auf der Platte der Theke herum, als wolle er den Edelstahl wegpolieren.
Henne schüttelte den Kopf. »Midlife-Crisis, verquirlte Kacke, das ist was für alte Säcke. So weit bin ich noch lange nicht.«
»Du bist fast fünfzig, wenn ich mich nicht irre.«
»Sechsundvierzig.«
»Als ob das ein großer Unterschied wäre.«
»Und ob es das ist. Und jetzt halt den Mund und gib mir noch einen Klaren.«
Willy schenkte ein. »Wenn du so weitermachst, hast du morgen einen Kater.«
»Na und? Ich kann ausschlafen.« Henne legte beim Trinken den Kopf
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