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Leise weht der Wind der Vergangenheit

Leise weht der Wind der Vergangenheit

Titel: Leise weht der Wind der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarit Graham
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stelltest?“
       „Sie hat mir ganz einfach ins Gesicht gelacht und behauptet, ein junges Mädchen sollte mehrere Männer ausprobieren, ehe es sich für einen entscheidet. Doch nun sollten wir über etwas anderes reden. Ich bin endgültig darüber hinweg." Liebevoll lächelte er die Frau an. Dann fiel sein Blick auf die hübsche dunkelhaarige Puppe, die auf dem Stuhl zu seiner Rechten saß. Als er sich vorhin gesetzt hatte war sie ihm nicht aufgefallen. Doch nun war sie plötzlich da.
       „Das hübsche Püppchen gehört wohl Anne?“
       Mary erstarrte vor Schreck. „Wie kommt die denn daher? Vorhin lag sie noch auf Annes Bett... ich glaube es jedenfalls", fügte sie leise, ratlos hinzu. „Manchmal glaube ich wirklich, dass es in diesem Haus spukt.“
       „Warum nicht?“, gab Matthew unbefangen zu. „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir nicht erklären können. Warum also sollte es nicht auch Geister geben von Verstorbenen, die sich noch immer nicht vom Erdenleben lösen können.“
       „Das mag ja stimmen", gab Mary zweifelnd zu, „doch ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihr Dasein in Gestalt einer Puppe fortsetzen.“
       „Zugegeben, es ist etwas weit hergeholt", gestand der Mann und schmunzelte vor sich hin. „Das ist auch ein Teil meiner schriftstellerischen Freiheit. Doch du musst zugeben, dass du auch keinen Beweis dafür hast, dass es nicht so sein könnte." Er griff nach dem Püppchen und betrachtete es nachdenklich. „Genauso habe ich mir die Hauptperson in meinem Roman vorgestellt. Lange schwarze Haare, ausdrucksvolle Augen und ein geheimnisvolles Lächeln um die blassroten Lippen, das ist meine Heldin", sinnierte er verträumt. „Wie heißt Annes Puppe eigentlich?“
       „Britta..." Mary hielt den Atem an.
       Der Mann ließ die Puppe so plötzlich fallen, als hätte er sich daran verbrannt. „Britta?“, wiederholte er. „Sie heißt wirklich Britta?“
       Mary nickte. „Glaubst du mir jetzt, dass irgend etwas nicht mit rechten Dingen zugeht?“
       Matthew antwortete nicht. Er stand auf und trat auf Mary zu. Dann zog er sie zu sich hoch und nahm sie sanft und liebevoll in die Arme. „Du musst keine Angst haben, Darling", sagte er, „denn jetzt bin ja ich da. Euch beiden wird nichts geschehen, solange ich auf euch aufpasse. Doch du hast recht. Er legte seine Wange an die ihre. Ein Glücksgefühl durchströmte ihn, als er den Duft ihres Haares einatmete. „Seltsame Ströme sind in diesem Haus, die Traum und Wirklichkeit ineinander verschmelzen lassen. Man hat das Gefühl, als ob Vergangenheit und Zukunft eins sind. Das Schicksal hat uns angerührt, Mary, und wir müssen stillhalten. Ich liebe dich, und ich weiß, dass wir gemeinsam alles schaffen können.“
       Mary nickte unter Tränen. Sie schloss die Augen, als seine Lippen die ihren berührten. „Verlass mich nicht, Matthew, hörst du?“, bat sie wenig später. Dann küssten sie sich wieder.
                        * * *
       „Du solltest heute besser nicht zur Schule gehen, Josh. Ich hab dich die ganze Nacht husten hören, und jetzt siehst du so blass aus, dass ich am liebsten den Doktor rufen würde." Greg blickte seinen Sohn besorgt an.
       Josh schüttelte den Kopf. „Es geht mir gut, Dad", antwortete er ausweichend. Dabei atmete er heftig und rasselnd. „Wenn ich nicht zur Schule gehe, kann ich Anne nicht treffen.“
       „Dann werde ich ihr eben sagen, dass du sie nach dem Unterricht sehen möchtest. Sicher kann sie eine Weile für einen Besuch erübrigen." Hastig trank der Mann seine Kaffeetasse leer. „Brauchst du irgend etwas?" Demonstrativ blickte er auf seine Armbanduhr. In den letzten Wochen hatte er gemerkt, wie viel ihm sein Sohn bedeutete, und doch hatte er bis jetzt noch wenig Zugang zum Herzen des Jungen gefunden. Josh fürchtete ihn, das zeigte er ihm immer wieder, und er musste sich eingestehen, dass er selbst daran schuld war.
        „Ich hab alles, Dad, danke dir. Doch wenn du mit Anne redest, dann..." Der Junge zögerte. „Anne hat mir erzählt, dass sie früher einmal kurze Zeit zur Ballettschule gegangen ist. Wegen ihrer Krankheit musste sie aufhören. Doch jetzt würde sie so gern wieder tanzen, wenn es ihr hin und wieder ein bisschen besser geht. Sie hat mich gefragt, ob du einmal für sie spielen würdest.“
       Greg fiel fast die Kaffeetasse aus der Hand vor Überraschung. „Was soll ich? Für sie spielen? So ein

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