Leise weht der Wind der Vergangenheit
Flamme, die der Wind einfach ausbläst, wie die zarte Blüte eines Rhododendrenstrauches, die der frühe Frost angerührt hat. Anne wird bald sterben, und ich kann nichts dagegen tun.“
Betroffen lauschte Matthew ihrer Erzählung. „Und es gibt keine Hilfe?“, fragte er nach einer Weile.
Mary schüttelte den Kopf. „Es gibt keine Hilfe. Wir sind von Arzt zu Arzt gelaufen, doch bei dieser Krankheit gibt es lediglich einen kleinen Aufschub, wenn man Glück hat. Bei Anne jedoch spüre ich ganz genau, dass ihre Tage gezählt sind. Wir hätten nicht nach hier kommen sollen.“
„Sag so etwas nicht, Mary. Dann hätten wir beide uns nicht kennen gelernt. Wenn Anne sterben muss, dann wird es hier genauso passieren wie anderswo. Wir kleinen Menschen haben nicht die Macht, das Schicksal aufzuhalten. Das einzige, das du tun kannst ist, ihr die Zeit so schön wie möglich zu machen.“
„Zum ersten Mal seit langer Zeit scheint Anne wirklich glücklich zu sein." Mary versuchte ein Lächeln, doch es wurde nur ein trauriger Blick daraus. „Willst du ein Stück Kuchen oder eines der frischen Brötchen, die ich heute früh gebacken habe?“
„Ich habe schon lange keine Brötchen mehr gegessen", antwortete Matthew und griff nach dem Körbchen mit dem duftenden Gebäck.
„Entschuldige bitte, wenn ich dich mit meinen Sorgen belaste", sagte Mary wenig später verlegen. „Du bist nur zu einem Nachbarschaftsbesuch gekommen, und ich falle dir gleich mit meinen Geschichten auf die Nerven. Kommst du mit deinem Buch gut voran?“, wechselte sie hastig das Thema, noch ehe er etwas dazu sagen konnte.
„Es geht", antwortete der Besucher ausweichend. „Mir fehlen noch einige wichtige Informationen, die ich hoffe, mit der Zeit zu bekommen. Vor einigen Wochen entdeckte ich in den Klippen eine Höhle. Ich würde sie mir zu gern einmal ansehen, doch bis jetzt habe ich noch keinen Zugang dazu gefunden, weder vom Strand noch von den Klippen aus führt ein Weg hin.“
„Kommt die Höhle auch in deinem Buch vor?“
Er nickte. „Sie soll sogar eine wichtige Rolle spielen. Ich weiß nur noch nicht, welche. Einige Anhaltspunkte habe ich ja, nur der rechte Aufhänger fehlt noch.“
„Willst du mir ein bisschen den Inhalt erzählen?" Mary war enttäuscht, als er ablehnte.
„Vielleicht später", wich er aus. „Im Augenblick kann ich mich auf die Handlung nicht konzentrieren. Du sitzt mir gegenüber, und ich kann in deine wunderschönen Augen sehen. Du glaubst gar nicht, wie sehr das ablenkt", versuchte er einen Scherz.
„Dann werde ich ja nie erfahren, welche Gedanken du zu Papier bringst." Sie lächelte. „Es ist schön, dass du gekommen bist", gab sie zu. „Letztes Mal hast du meine Einladung so heftig abgelehnt, als hätte ich dich damit beleidigt oder an einem wunden Punkt getroffen.“
„Hast du auch", gab er zu. „Ich bin seit vielen Jahren Einsiedler aus Überzeugung. Wegen einer Enttäuschung, die mir heute fast unsinnig erscheint, habe ich mich in dieser Gegend niedergelassen. Heute weiß ich, dass man eine missglückte Beziehung nicht überbewerten sollte.“
„Deshalb also..." Mary füllte seine Tasse erneut mit Tee. Sie wollte ihn nicht ansehen weil sie fürchtete, er könnte die Freude in ihren Augen lesen, die sie plötzlich über seine Gegenwart empfand.
„Ich lebe hier, um ungestört arbeiten zu können. Eigentlich hätte ich längst in die Stadt zurückkehren können, doch ich bin glücklich hier. Endlich habe ich die Ruhe, um ungestört arbeiten zu können. Das habe ich mir immer gewünscht.“
„Und wie lange lebst du schon hier?“
„Oh, ein ganzes Leben lang", antwortete er lachend, wurde jedoch gleich wieder ernst. „Es sind fast zwölf Jahre, die ich schon hier bin. In all diesen Jahren war ich höchstens zehn oder fünfzehn Mal in der Stadt, nur, um alte Freunde zu besuchen oder wichtige Dinge einzukaufen, die ich hier nicht bekomme. Doch Glamour House ist meine Heimat geworden. Ich möchte nicht für immer in die Stadt zurückkehren.“
Zweifelnd blickte die Frau ihn an. „Manchmal vermisse ich meine alte Heimat", gestand sie leise. „Zwar gefällt mir unser Häuschen recht gut, doch es ist nicht zu vergleichen mit unserem Elternhaus, das ich einem Makler zur Vermietung übergeben habe.“
„Glamour House ist nichts Besonderes", gab Matthew gleich zu. „Doch es ist gemütlich eingerichtet mit
Weitere Kostenlose Bücher