Leise weht der Wind der Vergangenheit
all den persönlichen Dingen, die mir etwas bedeuten. Für mich reicht es. Ich hab sogar Stromanschluss", fügte er schmunzelnd hinzu. „Ich habe das Haus von Lady Jane übernommen, die zu ihrer Tochter in die Stadt gezogen ist. Dabei hatte ich damals gar nicht vor, weiterzuschreiben. Als meine Beziehung mit Diana damals in die Brüche ging wollte ich auch nie wieder ein Wort zu Papier bringen. Die Gegend hier jedoch bezauberte mich so stark, dass mir die Worte nur so aus der Feder oder besser aus der Schreibmaschine flossen. Das ist jetzt der vierte Roman, den ich in Ronaldsburgh beende. Und alle drei haben sich sehr gut verkauft. Der vierte jetzt soll der Höhepunkt meines Schaffens sein. Ich hoffe, es klappt auch." Er verzog das Gesicht.
„Wirst du mich das Manuskript lesen lassen?" Mary fühlte sich wunderbar angeregt. „Ich muss es lesen", fügte sie hinzu. „Es ist ein ganz komisches Gefühl, wenn ich an deinen Roman denke. Ich weiß, es ist Unsinn, aber irgendwie meine ich, dass er wichtig ist für mich.“
„Für dich?" Matthew blickte sie fragend an. „Du kennst die Geschichte doch gar nicht. Allerdings muss ich gestehen, dass sie sehr interessant ist. Ich habe sie Lady Jane zu verdanken. Sie erzählte mir von einer jungen Witwe, die für kurze Zeit in Maureens House gelebt hat. Himmel..." er schien überrascht zu sein, „das ist ja das Haus, in dem wir beide uns jetzt befinden." Sein Lachen wirkte unsicher. „Ein seltsamer Zufall...“
Mary wurde es auf einmal sehr kalt. „Erzähl weiter, Matthew. Mir scheint, dein Besuch heute ist eine Vorsehung des Schicksals. Was war mit dieser Witwe, die in meinem Häuschen gewohnt hat?“
„Britta Melroy lebte mit ihren Zwillingsmädchen Annabel und Belinda in diesen Mauern hier." Erschrocken blickte er sich um. „Plötzlich habe ich das Gefühl, als würden diese Wände hier mich anstarren", sagte er leise.
„Und ich bekomme eine Gänsehaut", stimmte Mary zu. „Wie war ihr Name?" Mit angehaltenem Atem wartete sie auf seine Antwort.
„Britta... Britta Melroy", antwortete Matthew verständnislos. „Die beiden Mädchen tanzten angeblich ganz bezaubernd. Sie waren in diesem Ort in kurzer Zeit bekannt geworden, weil sie in ihren Ballettkleidchen allerliebst aussahen", erzählte mir Lady Jane. „Ich habe die drei leider nicht mehr kennensgelernt, denn als ich meine Zelte hier aufschlug, waren sie schon seit Monaten verschwunden. Lady Jane berichtete, dass sie wohl in die Stadt zurückgegangen seien. Von heute auf morgen waren sie verschwunden, und keiner hat mehr etwas von ihnen gehört.“
„Und daraus hast du eine Geschichte gesponnen?" Mary versuchte zu lächeln. „Wie nennt man das? Schriftstellerische Freiheit, nicht wahr?“
Matthew lächelte zurück. Sanft legte er seine Hand auf die ihre und blickte ihr tief in die Augen. „Mein nächster Roman wird eine wunderschöne Liebesgeschichte." Seine Stimme klang weich und innig. „Was hast du nur aus mir gemacht, Mary? Alle Schatten der Vergangenheit sind mit einem Mal verschwunden. Ich habe das Gefühl, als würde ich noch einmal anfangen zu leben.“
Die junge Frau errötete. Ihr Herz klopfte so heftig, dass sie glaubte, er müsse es hören. „Schon weil ich dich kennen lernen durfte hat sich der Umzug nach hier gelohnt." Der Zauber des Augenblicks hielt auch sie umfangen. „Mir ist, als hätte es dich schon immer in meinem Leben gegeben." Verlegen hielt sie inne.
„Liebe kleine Mary." Matthew lächelte noch immer. „Jetzt weiß ich, dass ich mich in dich verliebt habe. Ist das schlimm für dich?“
„Es ist... ich bin glücklich darüber, wenngleich ich noch nicht weiß, was aus all dem werden soll, war gerade mit uns passiert. Doch es ist wunderbar. Vielleicht bekommen wir beide eine zweite Chance zum Glücklichsein.“
Gewaltsam riss der Mann sich los. Er erhob sich und trat ans Fenster. „Vor vielen Jahren bildete ich mir ein, Diana zu lieben. Sie war wunderschön, und sie verstand es, mir den Kopf zu verdrehen. Ich wollte sie heiraten, hatte unsere Zukunft schon geplant. Dann, durch einen unsinnigen Zufall, erwischte ich sie mit einem anderen Mann. Zu ihm verhielt sie sich mindestens genauso herzlich wie zu mir, erzählte ihm von ihrer Liebe und plante mit ihm gemeinsam ihre Zukunft. Es war wirklich nur ein Zufall, dass ich die Unterhaltung der beiden belauschte", versicherte er.
„Was sagte Diana, als du sie
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