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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Biddle gekommen war – sie hatte mit ihm gesprochen. Sie würde sich an ihn erinnern, keine Frage. Und wenn die Erinnerung einsetzte, würde sie auch ziemlich schnell die Wahrheit hinter VCP durchschauen. Und das würde es ihr ermöglichen, Eldon Tarver aus seinem alten Leben in das neue zu verfolgen.
    Eldon durfte dieses Risiko nicht eingehen. Er konnte seine neue Identität nicht annehmen, solange Alex Morse am Leben war.
    Er hatte Glück, dass Pearson ihn angerufen und gewarnt hatte, Morse könne vielleicht auftauchen. »Sie hat sich sehr für das alte Restaurant interessiert, Eldon, und sie gehört zu der Sorte, die einem auf die Füße tritt und mächtig Ärger macht. Ich habe wahrscheinlich zu viel gesagt, aber Dr. Chris Shepard ist ein angesehener Internist aus Natchez. Ich wollte nur, dass Sie nicht überrascht sind, wenn sie auftaucht.«
    »Überrascht?«, murmelte Tarver . »Von wegen. Der Ärger ist wohl kaum zu vermeiden.«
    Einen Agenten des FBI zu töten war eine riskante Angelegenheit. Man forderte förmlich heraus, bis ans Lebensende gejagt zu werden, bis in die entferntesten Ecken der Welt. Im Carport in Natchez hatte er instinktiv gehandelt. Diesmal jedoch musste er sorgfältig nachdenken. Es gab geschäftliche Dinge, um die er sich kümmern musste. Das größte Geschäft seines Lebens.
    Er betätigte zur Tarnung die Toilettenspülung; dann kehrte er in sein Büro zurück, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und verschränkte die Hände über dem Bauch wie ein Buddha.
    »Sie möchten wissen, was ich habe, Edward?«
    Biddles blassblaue Augen waren die eines Mannes, der eine Menge kritischer Verhandlungen geführt hatte. Ihm konnte man so leicht nichts vormachen. »Sie kennen mich, Eldon. Ohne Umschweife zum Wesentlichen.«
    Dr. Tarver lehnte sich im Sessel zurück. »Ich habe genau das, wonach Sie damals so dringend gesucht haben.«
    »Und das wäre?«
    »Der Heilige Gral.«
    Biddle starrte Tarver wortlos an.
    »Die perfekte Waffe.«
    »›Perfekt‹ ist ein mächtig großes Wort, Eldon.«
    Dr. Tarver lächelte. Er bezweifelte, dass sie in Yale »mächtig groß« sagten. Er musste es in Detrick aufgeschnappt haben.
    »Was würden Sie zu einer Waffe sagen, die einhundert Prozent tödlich ist – und das, obwohl niemand beweisen könnte, dass es sich überhaupt um eine Waffe handelt? Sie lässt biologische Waffen wie Anthrax oder selbst Pocken wie Relikte aus dem finstersten Mittelalter aussehen. Waren nicht Sie selbst derjenige, der in Detrick vom Heiligen Gral gesprochen hat, Edward? Von einer Waffe, die der Gegner nicht als Waffe sieht?«
    »Ja. Aber jeder Wissenschaftler, der jemals für mich gearbeitet hat, half zu beweisen, dass es eine solche Waffe nicht gibt. Es ist unmöglich.«
    »Oh, ganz im Gegenteil. Sie ist nicht nur möglich, sie existiert sogar bereits.« Eldon öffnete seine Schreibtischschublade und zog eine kleine Ampulle hervor, die mit einer bräunlichen Flüssigkeit gefüllt war. »Hier ist sie.«
    »Und was ist sie?«
    »Ein Retrovirus.«
    Biddle rümpfte die Nase. »Ursprung?«
    »Primaten selbstverständlich. Wie wir immer vermutet haben, und wie Aids sehr eindrucksvoll bewiesen hat.«
    »Wie nennen Sie dieses Virus?«
    »Kryptonit.«
    Biddle lachte nicht. »Ist das Ihr Ernst?«
    »Es ist bloß ein Projektname. Das eigentliche virale Schoßtier muss für den Augenblick mein Geheimnis bleiben. Aber falls Sie beschließen sollten, es zu …«
    »… kaufen?«
    »Ganz recht. Falls Sie beschließen sollten, es zu kaufen, dürfen Sie selbstverständlich hinter den Vorhang blicken, und meinetwegen dürfen Sie es nennen, wie Sie wollen.«
    Biddle rieb sich die Hände. Es gab ein trockenes, horniges Geräusch. »Verraten Sie mir, was dieses Kryptonit zu einer perfekten Waffe macht?«
    »Erstens, es hat eine lange Inkubationszeit. Zehn bis zwölf Monate, und der Tod tritt im Durchschnitt nach sechzehn Monaten ein.«
    »Todesursache?«
    »Krebs.«
    Biddle neigte den Kopf zur Seite. »Unser guter alter Freund.«
    »Ganz recht.«
    »Das Retrovirus induziert ihn direkt? Oder erfolgt zuerst ein Zusammenbruch des Immunsystems?«
    »Selektiver Zusammenbruch. Lediglich die notwendigen Schritte. Es schaltet die Mechanismen ab, die zum Zelltod führen, und erreicht auf diese Weise Unsterblichkeit. Es versteckt sich vor den Killer-T-Zellen. Es startet die Produktion seines eigenen Wachstumsfaktors. Nur die besten viralen Strategien.«
    Biddle dachte bereits über die weiteren Implikationen

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