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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ihm, langsamer zu werden. Es dauerte fast eine Minute, ehe die Krankenschwester wieder in der Leitung war.
    »Hören Sie? Niemand hat Miss Morse von hier aus angerufen. Tatsächlich scheinen die Nieren von Mrs. Morse sich ein wenig gefangen zu haben seit heute Morgen. Sie erzeugen mehr Urin.«
    Kaiser bedankte sich, legte auf und sah den Piloten an, während er mit dem Zeigefinger einen waagerechten Kreis in der Luft beschrieb. »Wir drehen um!«
    Während der Bell 430 über der I-55 wendete, wählte Kaiser die Nummer des FBI-Büros Jackson und verlangte einen Techniker zu sprechen.
    »Sir?«, fragte eine junge Stimme.
    »Ich brauche die GPS-Koordinaten eines Mobiltelefons. So schnell wie möglich. Rufen Sie die Telefongesellschaft an und sagen Sie, dass Menschenleben davon abhängen.« Kaiser las Alex’ Nummer ab und fügte hinzu: »Der Provider ist Cingular. Rufen Sie mich zurück, sobald Sie die Koordinaten haben.«
    »Mach ich, Sir.«
    Kaiser legte auf. Der Pilot beugte sich nach hinten und blickte Kaiser an. »Wohin jetzt?«
    Wohin will Alex?, überlegte Kaiser. Glaubt sie etwa, dass der Mann, der Rusks Boot zur Golfküste bringt, nicht Tarver ist? Kann es sein, dass jemand angerufen und ihr das gesagt hat? Er hielt es für wenig wahrscheinlich. Chris Shepard konnte es unmöglich wissen, so viel stand fest. Arbeitete Will Kilmer immer noch an dem Fall? Konnte es sein, dass der alte Ex-Cop irgendetwas herausgefunden hatte? Möglich. Andererseits war der Grund für Alex’ Ausstieg in letzter Sekunde vielleicht irgendetwas, das überhaupt nichts mit Tarver zu tun hatte – irgendetwas, das wesentlich stärker wog als ihr Interesse an der endgültigen Lösung des Mordfalls.
    Was konnte so wichtig für Alex sein?
    »Stopp!«, befahl er dem Piloten. »Halten Sie die Maschine auf der Stelle.«
    Während der Bell 430 langsamer wurde und schließlich an Ort und Stelle schwebte, merkte Kaiser, dass sein logisches Denkvermögen durch seine Erregung blockiert wurde. Er hatte dieses Phänomen viele Male beobachtet: Leute in Notfällen konnten nicht einmal mehr die einfachsten logischen Verknüpfungen herstellen. Niemand war immun dagegen, kein erfahrener Veteran, kein Astronaut, kein …
    Sein Handy läutete.
    »Hallo?«
    »Ich habe die Koordinaten, Sir. Das Mobiltelefon befindet sich auf zweiunddreißig Grad, fünfundzwanzig Minuten und ein paar Sekunden Nord und neunzig Grad, vier Minuten …«
    »Sagen Sie mir einfach, wo das ist, Junge! Legen Sie eine Karte über diese Zahlen!«
    »Haben wir bereits getan, Sir. Es ist die Coachman’s Road, in der Nähe des Jackson Yacht Clubs. Gleich am Ufer des Stausees.«
    »Sie meinen das Ross Barnett Reservoir?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Ist der Rose’s Bluff Drive in der Nähe?«
    »Jawohl, Sir. Ganz in der Nähe. Und wer immer dieses Handy bei sich hat, ist noch näher dran.«
    »Verdammt! Das ist das Haus ihres Schwagers!«
    »Sir?«
    Der Pilot starrte Kaiser hinter seinem Visier fragend an.
    Ihr Neffe, dachte Kaiser wütend. Geht es hier etwa um irgendwelchen Sorgerechts-Scheiß? Jamie Fennell war der eigentliche Grund, warum Alex so hartnäckig an diesem Fall gearbeitet hatte. Aber was, wenn etwas anderes dahintersteckte? Was, wenn der Junge auch für Tarver etwas bedeutete? War das möglich? Konnte es sein, dass Bill Fennell Tarver bei der Flucht half?
    Nicht, wenn der Pathologe auf dem Weg zur Golfküste war. Dann nicht. Aber wenn es nicht so war? Was, wenn jemand anders den Truck mit Andrew Rusks Powerboat auf dem Trailer lenkte?

53
    Bill Fennell wohnte am Südwestufer des Ross Barnett Reservoirs, einer hundertdreißig Quadratkilometer großen Wasserfläche, die in einem Sturm wie dem, der gerade aufzog, schaumgekrönte Wellen hervorbringen konnte, die so hoch waren wie auf dem Meer.
    Die meisten Häuser hier waren älter als der Jackson Yacht Club, und die Grundstücke entsprechend kleiner als bei den neumodischen Villen am Ostufer. Bill Fennell hatte das Problem gelöst, indem er vier benachbarte Grundstücke direkt nördlich des Yachtclubs gekauft und darauf seine Vision von einem Paradies für Neureiche errichtet hatte.
    Alex und Will waren weniger als fünfzehn Minuten von Fennells Villa entfernt. Sie jagten in einem blauen Nissan Titan, den Will als Ersatz für seinen Explorer gemietet hatte, über die Coachman’s Road. Der Explorer stand noch in der Werkstatt, wo er nach dem Anschlag auf das Primatenlabor wieder instand gesetzt wurde. Wills 357er Magnum lag auf dem

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