Leitfaden China
Nichtbeherrschen der Sprache weitgehend bestehen.
In einem westlichen Umfeld mag dies kein allzu grosses Problem sein, da sich der Chef mit diesen Fragen kaum selbst beschäftigt. Anders hingegen in einem chinesischen Umfeld, wo die Stellung und die Rolle der Führungsperson viel zentraler ist. Die Führungsperson muss sehr viel stärker den Eindruck vermitteln, sich um das Wohl der Angestellten zu kümmern. Dies ist ohne Sprachbeherrschung wesentlich schwieriger zu erreichen. Empathie, Interesse am anderen Menschen, ist bei dieser Aufgabe zwar wichtiger als die Beherrschung der Sprache. Aber die Vermittlung von Interesse an der anderen Person ist doch mittels der Sprache besser möglich als über Sympathiekundgebungen ohne Sprachbeherrschung. Eine Chinesin unterstrich interessanterweise die Unterscheidung zwischen Unternehmensführung im generellen Sinn und Mitarbeiterführung. Während sie die Notwendigkeit des Chinesischen für die Arbeit als nicht unbedingt essentiell ansah, unterstrich sie dessen Bedeutung für die Mitarbeiterführung ganz deutlich.
Ein direkter Sprachzugang ist wohl für viele Situationen im Personalbereich entscheidend. Mit der Sprache gelingt es nicht nur am direktesten, die emotionalen Komponenten zu kommunizieren. Wenn in gewissen Situationen eine Übersetzerin notwendig wird, spricht die untergebene Person vieles gar nicht mehr an, was zum Verständnis einer persönlichen Problemlage wichtig wäre. Eine chinesische Führungsperson gab zudem zu bedeuten, dass die Chinesen nicht besonders offen sind und es deshalb darauf ankommt, mit ihnen zu sprechen, um ihnen näher kommen zu können.
Fast unverzichtbar wird die Sprache aber für den Informationszugang zu heikleren Fragen. Gezielte, auf den ersten Blick fast unwesentliche Informationen erhält die Führungsperson in der Regel vom direkten Umfeld nur über die chinesische Kommunikationsschiene. Personen wie der persönliche Fahrer oder der Hausmeister werden hier wichtig. Da sie sich jedoch mit kritischen Bemerkungen zu anderen chinesischen Mitgliedern des Unternehmens in eine Art Loyalitätskonflikt zur eigenen Gesellschaft begeben, werden sie Informationen nur weitergeben, wenn die persönlichen Beziehungen gut sind. Zudem werden sie möglicherweise Probleme nie voll ansprechen, sondern lediglich antönen. Die Situation ist deshalb für eine Person sehr schwierig, welche nicht wirklich fliessend Englisch spricht. Wenn sie deshalb etwas sagt, tut sie dies höchstens auf Chinesisch, und auch dann noch sehr verdeckt. Die chinesische Sprache bietet hier einen Zugang zu heiklen Informationen, der über die Fremdsprache kaum erreicht werden kann.
Es ist letztlich jedoch nicht die Sprachbeherrschung an sich, sondern vor allem die Empathie und Offenheit anderen Personen und Kulturen gegenüber, welche den Ausschlag in einer Begegnung ausmacht. Auch bei einer guten Sprachbeherrschung kann die notwendige Empathie fehlen. Viel wichtiger ist deshalb das Überbringen der Botschaft, dass man an der anderen Person und ihrer Kultur Interesse hat und dass man die chinesische Art, Dinge zu lösen, zumindest als gleichwertig akzeptiert, obwohl man nicht mit ihnen einverstanden ist und selbst die Probleme anders lösen würde. Geradezu hüten sollte man sich deshalb vor Personen, die zwar ausgezeichnet Chinesisch sprechen, denen aber dieser emotionale Zugang zum sozialen Umfeld fehlt.
Das Interesse an der chinesischen Kultur und namentlich am Funktionieren der chinesischen Gesellschaft liegt deshalb gutem wirtschaftlichen Handeln zu Grunde. Dies ist nicht nur für Expatriates wichtig, die in China leben, es gilt auch für Geschäftsleute, die sich nur einige Tage oder Wochen in der Volksrepublik China aufhalten. Wie in der Einleitung dargestellt muss dieses Interesse auch mit einer Akzeptanz des Landes und seiner Verhaltensweisen verbunden sein. Ist das Interesse nicht echt oder die Akzeptanz nicht vorhanden, wird dies der chinesische Geschäftspartner oder die Angestellten eines ausländischen Unternehmens früher oder später merken. Der damit verbundene Verlust an Zuverlässigkeit der Beziehung führt auf Grund der zentralen Bedeutung von Personenbeziehungen schnell zu einem hohen geschäftlichen Risikoumfeld.
2. Anforderungsreiches Arbeitsumfeld
Während somit das Lebensumfeld von Führungspersonen, welche West und Ost kennen, als stark verschieden eingestuft wird, trifft dies für das direkte Arbeitsumfeld weit weniger zu. Hier mag ein
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