Leitfaden Homöopathie (German Edition)
Materia medica? Folgende Vorgehensweisen hielt Hering für prinzipiell möglich:
Studium der Arzneimittellehre in der Praxis am Patienten. Dies hielt er aber für wenig Erfolg versprechend, weil immer der Bezug zum vorliegenden Fall und dessen Symptomatologie im Vordergrund steht ( Kap. 9.1.2 ).
Auswendiglernen aller Symptome eines einzelnen Arzneimittels. Dies ist auch ungeeignet, da „wir niemals Anwendung von dem ganzen Konvolut aller Symptome“ machen, und allein die Anzahl der Symptome eines einzigen gut geprüften Arzneimittels so groß ist, dass dies von vornherein ausweglos erscheint.
Lernen der so genannten Hauptzeichen eines Arzneimittels aus einer Materia medica der Auszüge „ist der kürzeste Weg zur Praxis, aber auch der beste zur bleibenden Mittelmäßigkeit“.
Einzig blieb für ihn die „diagnostische Methode“ , wie er sie nannte, übrig. Diese besteht darin, in mehreren Arbeitsschritten in einer primären Arzneimittellehre
1. betroffene Organe bzw. Organsysteme,
2. Art (Empfindungen),
3. Modalitäten ,
4. Verbindungen der Zeichen (Konkomitantien)
zu markieren, sich diese einzuprägen und dann das gelernte Arzneimittel mit einem neuen, bisher unbekannten, zu vergleichen. Je mehr Arzneimittel man kennt, desto leichter wird man beim Erlernen neuer zurechtkommen.
Hering hat diese Vergleiche verschiedener Arzneimittel für sich selbst wohl in Tabellenform vorgenommen, ähnlich wie es im später von ihm herausgegebenen Werk „Comparative Materia Medica“ von Gross verwirklicht wurde.
Bönninghausen beschrieb eine ähnliche Vorgehensweise beim Ausarbeiten der Geniussymptome von
Asa foetida
( Kap. 9.3 ).
9.1.1 Praktisches Vorgehen beim Studium der Materia medica
Unter Berücksichtigung der Empfehlungen beider oben genannter Autoren eignet sich z.B. folgendes praktisches Vorgehen:
Man studiert eines oder wenige Arzneimittel in einer ausführlichen Arzneimittellehre in der Weise, dass man – in einem oder mehreren Arbeitsschritten – mit Farbstiften die Symptome nach Regionen, Empfindungen, Modalitäten und Begleitsymptomen markiert.
In einem weiteren Durchgang kann dann der Geniuscharakter ( Kap. 9.3 ) der Symptomenelemente erfasst werden, indem diese mithilfe eines Repertoriums nach den dort angegebenen Wertigkeiten gekennzeichnet werden. Aus mehreren Gründen eignet sich hierzu das „Therapeutische Taschenbuch“ am besten: Bönninghausen ist die Entdeckung des Genius zu verdanken, die Symptome sind in ihre Elemente zerlegt, und seine Gradeinteilung ist sehr zuverlässig. Es sollten nur die beiden höchsten Grade berücksichtigt werden (diese sind je nach Ausgabe im Druck unterschieden), da diese den Genius repräsentieren. So lassen sich aus der Vielzahl von Prüfungssymptomen die charakteristischen, die dem Genius des Arzneimittels entsprechen, leicht erlernen.
Alle weiteren Arzneimittel werden beim Studium mit einem oder mehreren bereits durchgearbeiteten verglichen. Bönninghausen legte dabei auf die Modalitäten ganz besonderen Wert.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, bereits beim ersten Arbeitsgang nur diejenigen Symptomenelemente zu markieren, denen nach Bönninghausen ein Geniusgrad zukommt.
Hering empfahl, aus didaktischen Gründen und zur Erleichterung, verwandte Arzneimittel im Vergleich zu lernen.
Eine Art der Verwandtschaft ist die nach Naturreichen (Ausgangssubstanzen homöopathischer Arzneimittel Kap. 2.4.2 ), eine andere die nach Symptomen. Besser geeignet ist hier das vergleichende Studium nach Symptomenverwandtschaft:
Hering sprach von „Familien aus zeichenverwandten Mitteln“, die gleichzeitig untereinander als gute Folgemittel oder Homöodote bekannt sind wie z.B.
Nux vomica
,
Ignatia
und
Pulsatilla
, oder
Arsenicum album
,
Veratrum
und
Ipecacuanha
oder auch die durch Hahnemann bekannte Folge:
Sulfur
,
Calcarea carbonica
und
Lycopodium
.
Auch wenn das Arbeiten mit einer primären Materia medica (Arzneimittellehre, die unbearbeitete Arzneimittelprüfungssymptome – quasi im „Rohzustand“ – enthält, zur Einteilung der Materia medica, Kap. 9.2 ) anfangs sehr beschwerlich ist, sollten unbedingt zumindest einige wichtige Arzneimittel auf diese Weise studiert und anschließend die Symptome in verschiedenen Repertorien aufgesucht werden.
Dies ist aus didaktischen Gründen sehr wichtig, um
den Weg eines Prüfungssymptoms vom ursprünglichen Wortlaut bis zur Formulierung in den Repertorien zu verfolgen und
Veränderungen wie sprachliche
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