Leitfaden Homöopathie (German Edition)
eigenständigen Erkrankung ist der Homöopathie fremd. Das hat zum einen historische Gründe – keine Messmöglichkeit zur Zeit der meisten Arzneimittelprüfungen –, zum anderen liegt es an der phänomenologischen Sichtweise der Homöopathie, die sehr wohl die Symptome der Hypertonie kennt (z.B. Blutandrang zum Kopf, Völlegefühl, Pulsieren des Kopfes, voller Puls etc.), aber eben nicht deren Zusammenfassung zu einer Diagnose. Erst in den letzten Jahrzehnten konnten durchaus positive Erfahrungen mit der homöopathischen Behandlung der Hypertonie im eigentlichen Sinne gesammelt werden.
Cave
Mit „Hypertonie“ ist in der alten Literatur meist muskuläre Hypertonie gemeint.
Im homöopathischen Praxisalltag ist die Hypertonie ein häufiges Problem. Leichte Blutdruckerhöhungen über einen begrenzten Zeitraum sind tolerabel. Hypertonie ist jedoch in der Regel ein Langzeitproblem. Die Mehrzahl der Bluthochdruckpatienten hat einen messbaren, also nicht suffizient eingestellten Hochdruck. Bei diesen Patienten ist ein sofortiges Absetzen der Antihypertonika in der Regel nicht sinnvoll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die antihypertensive (Begleit-)Therapie die Beurteilung des Verlaufsparamters „Blutdruck“ erschwert bzw. unmöglich macht.
Grundsätzlich ist es aus homöopathischer Sicht bei leichten bis mäßigen Hypertonien ohne bestehende Organschäden sinnvoll, Antihypertonika abzusetzen, was jedoch in der Praxis, wenn überhaupt, meist erst nach längerer Vorbehandlung möglich.Darüber hinaus sollte eine individuell auf den Patienten abgestimmte Diät in den Therapieplan mit aufgenommen werden (s.a. „Unterstützende Maßnahmen“).
Homöopathische Behandlung
Aus homöopathischer Sicht stellt die Hypertonie ein Symptom einer chronischen Erkrankung des Patienten dar und kann mit ihren verschiedenen, über Jahre und Jahrzehnte entstehenden Folgeschäden als praktisches Beispiel für die Theorie der chronischen Krankheiten stehen ( Kap. 3 ), die besagt, dass diese nicht von selbst ausheilen und unbehandelt zu immer größeren Schäden und dann zum Tod führen. Dabei stellt die Hypertonie nur einen Teilaspekt der jeweiligen chronischen Erkrankung dar. In der Praxis finden sich bei den meisten Patienten dann auch mannigfaltige andere Störungen oder Erkrankungen neben der Hypertonie.
Die chronische Hypertonie wird konstitutionell behandelt. Dafür müssen in einer ausführlichen Erstanamnese alle Daseinsbereiche des Patienten exploriert werden, worauf eine Arzneiwahl nach möglichst umfassenden Kriterien zu erfolgen hat ( Kap. 4.2 ). Die echte hypertone Krise ist zwar ein Teil der chronischen Erkrankung, muss aber nach den Regeln der Akuttherapie behandelt werden (nur die im Vordergrund stehenden Symptome entscheiden bei der Arzneiwahl). Nach Abklingen der akuten Symptome muss eine konstitutionelle Behandlung erfolgen bzw. diese fortgesetzt werden. Da es sich bei hypertensiven Krisen um lebensbedrohliche Notsituationen handelt, die oft klinischer oder sogar intensivmedizinischer Betreuung bedürfen, wird auf eine detaillierte Schilderung der Behandlung verzichtet.
Neben der essentiellen Hypertonie gibt es noch eine Reihe anderer Ursachen für Blutdruckerhöhungen. Diese sind in Beurteilung, Behandlung und Prognose äußerst komplex und sollen an dieser Stelle ebenfalls nicht abgehandelt werden.
Wahl der Symptome
Für die chronische Behandlung werden alle individuellen Symptome herangezogen, die sich aus der Anamnese und Untersuchung eruieren lassen ( Kap. 4 ). Die Symptome der Hypertonie (sofern vorhanden bzw. falls aus der „Antihypertensiva-freien“ Zeit erinnerlich) ordnen sich dabei ins Gesamtbild ein. Sind sie besonders auffallend oder charakteristisch, können sie zur Arzneiwahl herangezogen werden.
Auslöser , sofern vorhanden (z.B. Schreck, Schlafmangel, finanzielle Sorgen, freudige Erregung).
Klinisches Bild der Hypertonie wie Rötung, Erregung, Schweißausbruch, Hitze-, Völlegefühl, Schmerzen (wo?, wie?, wann?).
Modalitäten wie Besserung oder Verschlechterung zu den Menses, tageszeitliche Schwankungen, situative Abhängigkeiten (z.B. Fahren im Wagen agg., Höhe agg. etc.).
Verhalten und seelisches Befinden, Unruhe, Reizbarkeit etc.
Miasmatische Zuordnung
Die Hypertonie ist meistens sowohl für den Patienten als auch für den Arzt nicht direkt über Symptome erfahrbar. Die miasmatische Zuordnung muss daher über die Gesamtheit der Symptome erfolgen.
Repertorium
In den
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