Leitfaden Homöopathie (German Edition)
Polychreste (gut geprüfte Arzneimittel mit vielen Repertoriumseinträgen). Vor allem bei den charakteristischen Symptomen sollten deshalb kleine bis mittelgroße Rubriken Verwendung finden (ca. 3–20 Arzneimittel).
Zu kleine Rubriken: Werden ausschließlich kleine Rubriken zur Hierarchisation verwendet, sinkt mit steigender Rubrikenzahl die Wahrscheinlichkeit, dass ein Arzneimittel „durchgeht“, das heißt in allen oder zumindest in einigen Rubriken gleichzeitig vorhanden ist. Ausnahme: Rubriken zu charakteristischen Symptomen, die nur ein oder sehr wenige Arzneimittel in hoher Wertigkeit enthalten, führen oft direkt zum Heilmittel.
Unkenntnis des Repertoriums: eines der häufigsten Probleme bei der Hierarchisation ist die Unkenntnis des Repertoriums und dessen Inhalt. Symptome am Patienten werden nicht als solche erkannt oder im Repertorium nicht aufgefunden.
Entscheidend für das Auffinden des passenden Arzneimittels ist eine ausreichende Kenntnis der homöopathischen Nomenklatur, des Repertoriums in Inhalt und Aufbau und der homöopathischen Materia medica.
Vorgefasste Meinung: Aus unterschiedlichen Gründen wird die Hierarchisation nach einer vorgefassten Idee bzgl. des passenden Arzneimittels gestaltet, sodass andere Arzneimittel von vornherein durch das Raster fallen.
Probleme bei der Fallauswertung
Die oben beschriebene Möglichkeit, eine homöopathische Erst- oder Folgeanamnese auszuwerten, führt zwar in vielen Fällen zum heilenden Arzneimittel, oder zumindest in dessen unmittelbare Nähe. Trotzdem ist diese schematische Art der Fallanalyse nicht in allen Fällen wirklich praktikabel.
Probleme ergeben sich z.B. immer dann, wenn der Patient
zu wenig Symptome bietet,
eine Unmenge an heterogenen Symptomen präsentiert,
und damit die Hierarchisation und deren Ergebnis keinerlei Hinweise auf das passende Arzneimittel liefern.
Liegen die Ursachen für diese Probleme tatsächlich auf Seiten des Patienten und dessen Erkrankung bzw. Symptomatologie und nicht beim homöopathischen Therapeuten und dessen mangelnder Bemühung oder Erfahrung, sind möglicherweise andere Methoden der klassisch homöopathischen Fallanalyse, als die oben dargestellte, indiziert.
Im Folgenden soll die Methodik der homöopathischen Fallanalyse von Roger Morrison, die sich auf die Lehren des renommiertesten zeitgenössischen Homöopathen Vithoulkas ( Kap. 10.5 ) gründet, übersichtsartig dargestellt werden. Ihre Wurzeln liegen, wie die oben beschriebene Kent-Künzli-Methode, eindeutig in den Lehren von Hahnemann.
Andere, ebenfalls klassisch homöopathische Methoden der Fallanalyse, z.B. die von P. Sankaran oder Mazi-Elizalde sind sehr komplex und erfordern ein erhebliches Maß an Grundwissen, sodass an dieser Stelle auf die Fachliteratur verwiesen werden muss ( Kap. 1.3 ).
4.3.2 Homöopathische Fallanalyse nach Roger Morrison
Durch die intensive Auseinandersetzung mit der Arbeitsweise seines Lehrers Vithoulkas ( Kap. 10.5 ) entwickelte Morrison eine Lehrstruktur für eine strukturierte Fallanalyse. Diese basiert auf den Lehren Hahnemanns, und wurde entscheidend durch das erweiterte Verständnis der homöopathischen Arzneimittel und deren Symptomatologie durch Vithoulkas ergänzt.
Dabei wird davon ausgegangen, dass das sich die Informationen für das passende Arzneimittel, d.h. die Ähnlichkeit zwischen Arzneimittelbild und Patientensymptomatik, unterschiedlich präsentieren kann. Drei mögliche Informationsqualitäten sind dabei zu unterscheiden:
Die Essenz des Arzneimittels
Dieser Begriff wurde von Vithoulkas eingeführt. Die Essenz ist ein Begriff der Materia medica und beschreibt in wenigen Worten oder Sätzen die grundlegende Natur , das Wesen eines Arzneimittels . Sie stellt eine Art Destillat aller Informationen zu dem jeweiligen Arzneimittel dar. Die Essenz eines Arzneimittels ist dabei nichts Schematisches, sondern integriert Informationen aus den unterschiedlichsten, aber für das jeweilige Medikament typischen Bereichen (z.B. Physiognomie, Zentrum des Krankheitsgeschehens, Geschwindigkeit eines Arzneimittels, Causa etc.).
Beispiel:
Für
Lycopodium
steht der zentrale Begriff „Feigheit“.
„Verwirrung“ und „Zurückhaltung“ beschreiben
Alumina
.
Anmerkung: Eine typische Essenz wurde bisher noch nicht für alle Arzneimittel der Materia medica formuliert.
Die Totalität der Symptome
Die Totalität der Symptome entspricht der „Gesamtheit der Symptome“ (des klassischen Hierarchisierens) und
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