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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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können - aber Mira schüttelte den Kopf, gleich darauf hieben ihre Hände auf die Tastatur ein.
    Toliman nickte befriedigt, wollte eigentlich nicht mehr hinsehen, tat es aber dann doch. Und wunderte sich. Das waren doch keine Kursberechnungen, das war keine Navigation, soviel war an den Angaben zu sehen, die über den Schirm huschten.
    Toliman stand auf und ging zu Mira hinüber. Die schaltete den Schirm ab und wandte sich ihm zu. Jetzt sah er, daß ihr Mund einen geraden, dünnen Strich bildete und ihre Augen in stumpfer Abwesenheit blickten.
    »Mira!« rief er erschrocken.
    »Es hat keinen Zweck«, flüsterte sie.
    »Was hat keinen Zweck?«
    Mira bewegte die Lippen, ohne einen Laut von sich zu geben. Toliman erkannte, daß es nicht Furcht oder Erschöpfung war, was sie stumm machte, sondern daß sie in tiefster Konzentration versuchte, irgend etwas zu formulieren.
    »Hast du die Koordinaten der ALDEBARAN?« fragte er.
    »Hab ich längst«, sagte sie in normalem Ton, ohne ihren Gesichtsausdruck zu ändern, »nützt uns aber nichts.«
    »Was ist denn los, warum sagst du nichts!«
    »Ruf die anderen. So, wie wir uns das gedacht haben, geht es nicht.«
    Toliman nickte. Einerseits war er nicht gerade erfreut darüber, daß Mira seine Arbeitseinteilung über den Haufen warf, andererseits war ihm nicht entgangen, daß sie »wir« gesagt hatte und nicht du. Und in einer solchen ungewohnten Situation war es gewiß nicht auszuschließen, daß Entdeckungen und Einfälle plötzlich kamen, auch solche, die eben gefaßte Vorsätze über den Haufen warfen.
    »Kommt mal alle her«, rief er, »Mira hat was entdeckt!«
    Gemma fiel von oben herab, Rigel kam aus dem Nachbarring. »Bin sowieso fertig«, sagte er, »was gibt’s denn?«
    »Ich habe nichts entdeckt, mir ist ein Problem bewußt geworden«, sagte Mira, »ich hätte gleich darauf kommen müssen, als Kosmogonin. Das ist von eurem normalen Denken so weit weg, daß ich gar nicht weiß, ob ich mich verständlich machen kann. Aber als Kosmogonin muß ich euch sagen, auch wenn ihr es nicht glaubt oder nicht versteht: Wir können jetzt nicht an die ALDEBARAN senden.«
    Die anderen schwiegen und suchten zu verstehen.
    Gemma sagte schließlich zögernd: »Du - das versteh ich aber nicht. Die Sendeanlage ist in Ordnung, wir sind hier und die ALDEBARAN da, zwischen uns ist leerer Raum, also.« Sie zuckte hilflos die Schultern.
    »Das ist es eben«, sagte Mira ein wenig mutlos, »das Problem liegt tiefer, aber.«, ihre Stimme gewann wieder den normalen Klang, »ich werde versuchen, es zu erklären, vielleicht hilft das auch mir, klarer zu sehen. Fangen wir an: Wie der Zeitsprung zustande gekommen ist, darüber wissen wir nichts. Richtig? Es ist auch das erste Mal, daß eine solche Erscheinung beobachtet wurde. Nur vorher und nachher sind wir in unserem normalen Raum und unserer normalen Zeit, in denen die uns bekannten Gesetze herrschen. Richtig?«
    Die anderen nickten, noch ahnungslos, wohin die Reise gehen sollte.
    »Eins der grundlegenden Gesetze, das in unserer ganzen Welt gilt, nicht nur in der Physik, ist die Kausalität. Richtig? Wenn wir einen Spruch an die ALDEBARAN senden, und sie empfängt ihn, während wir noch an Bord sind, dann wird die Kausalität verletzt.«
    »Na und - dann wird sie eben«, sagte Rigel verständnislos. Plötzlich lachte er. »Die werden sich ganz schön wundern, wenn sie von uns einen Spruch bekommen, dann in den Wannen nachsehen, und wir liegen noch drin!« Dann stutzte er. »Moment mal, als wir geweckt wurden, um in den KUNDSCHAFTER zu steigen. Nee, dann würden sie doch den KUNDSCHAFTER gar nicht erst. Also, da find ich mich jetzt nicht mehr ‘raus.«
    »Du bist ja schon fast wieder draußen«, sagte Toliman beunruhigt, »wenn sie damals keinen Spruch bekommen haben, dann heißt das, daß wir jetzt keinen absenden. Denn wenn wir einen absenden würden, würden sie den KUNDSCHAFTER nicht losschicken, wir wären also gar nicht hier und könnten demzufolge auch nicht. Jetzt hab ich mich auch verheddert.«
    »Von dieser Seite her«, sagte Mira so leise, daß es kaum zu hören war, »kommen wir nicht ‘ran, das liegt an der Methode: Wir postulieren das Antikausale und wundern uns dann, daß es nicht kausal ist. Nein, betrachten wir das Absenden eines Spruchs verallgemeinert als Experiment, so folgt: Das Experiment verstößt gegen eine grundlegende Gesetzmäßigkeit. In solchen Fällen setzt sie sich gegen das Experiment durch. Da wir nicht wissen,

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