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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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wie der Verstoß zustande kommt, wissen wir auch nicht, wie sie sich durchsetzt. Kann sein, es passiert gar nichts, kann sein, es gibt eine Katastrophe. Auf jeden Fall ist die Energie für die Sendung verschwendet, denn eins wissen wir sicher: Sie ist nicht angekommen.«
    »Wann können wir denn dann senden?« fragte Gemma.
    »Frühestens zu dem Zeitpunkt, wo unser KUNDSCHAFTER aus unserer normalen physikalischen Welt verschwindet, also wenn er in die Anomalie eintaucht. Dann sind wir wieder in unserer normalen Zeit, nur ein bißchen räumlich versetzt, aber unbedeutend; dann gibt es uns nur einmal, die ALDEBARAN ist auch da, wo sie hingehört, zwei bis drei Flugwochen hinter uns. Dann wird die Kausalität nicht mehr verletzt. Wir müssen also einfach die uns zusätzlich geschenkte Zeit verstreichen lassen, sozusagen unsere Zeit abwarten. Unsere echte Zeit. Ein halbes Jahr warten.«
    »Verdammt noch mal!« sagte Rigel mit ehrlicher Bewunderung in der Stimme, »wie bist du bloß darauf gekommen, Mi?«
    »Du hast mich drauf gebracht«, sagte sie.
    »Ich?« fragte Rigel voller Staunen.
    »Ja, mit deiner Frage, ob es uns dann drei- oder viermal gibt. Erinnerst du dich?«
    »Das sollte doch bloß ein Gag sein«, sagte Rigel, als müsse er sich entschuldigen.
    »Aber es hat mich darauf aufmerksam gemacht«, erklärte Mira, »daß die Dinge jetzt viel komplizierter liegen, als wir uns das bis zu diesem Zeitpunkt vorgestellt hatten, und daß man jeden konkreten Schritt viel sorgfältiger durchdenken muß. Vorher.«
    »Ja, dann«, sagte Toliman nach einer Weile, »müßten wir mal feststellen, wo wir uns in einem halben Jahr voraussichtlich befinden, wenn wir weiter ohne Antrieb durch den Raum segeln. Wir haben da vor uns einen ziemlichen Brocken. Es hilft nichts, wir müssen noch mal ‘ran, bevor wir in die Schichtaufteilung gehen. Ich werde mich mit dem vor uns liegenden Raum befassen. Mira, würdest du bitte die Frage untersuchen, ob sich die Relativbewegung der Anomalie irgendwie wenigstens abschätzen läßt und ob es irgendwelche zuverlässigeren Anzeichen gibt, an denen man sie orten kann - jetzt, da wir Zeit haben, können wir uns um größere Effektivität der Botschaft bemühen. Rigel, für dich habe ich auch eine Knobelaufgabe. Sieh doch mal zu, ob du herauskriegst, was den Kapitän veranlaßt hat, die Außentanks rechtzeitig abzusprengen. Geh die Protokolle genau durch, achte auf die kleinste Abweichung. Gemma und Rigel, ihr nehmt euch die Medicom-Aufzeichnungen über den Kapitän vor. Während er wach war, sind ja seine Werte protokolliert worden, vielleicht ist da etwas zu sehen, welcher Natur seine Erkrankung ist. Ich würde mich nicht wundern, wenn es da Zusammenhänge geben würde. Alle mit dieser Einteilung einverstanden?«
    Niemand erhob Einspruch.
    »Und laßt euch nicht von dem Umstand beeindrucken«, schloß Toliman, »daß wir noch keinen Ausweg wissen. Kommt Zeit, kommt Rat. Und Zeit haben wir ja jetzt.«
    Toliman begann mit einer Überschlagsrechnung. Wie weit würden sie in dem halben Jahr fliegen, wenn da vor ihnen nur leerer Raum wäre? Obwohl sie nicht sehr schnell waren, doch ziemlich weit, so weit, daß die benötigte Energie für den Leitstrahl größer wurde. So, und nun dieser Infrarotstern. Würde er den Flug beschleunigen oder bremsen? Vielleicht. Die Ahnung einer Möglichkeit begann in ihm heraufzudämmern. Wenn - ja wenn es sich machen ließe, daß der KUNDSCHAFTER auf einer Planetenbahn um den Stern kreiste, dann konnte die Sonnenenergie mindestens für die Lebenserhaltungssysteme genutzt werden. Und der Schutz konnte nach einiger Zeit, wenn man die Gegend richtig kannte, auch reduziert oder zeitweise abgeschaltet werden. Vielleicht. Leider war das alles vorerst nur vielleicht. Um darüber Genaueres sagen zu können, mußte vor allem der Stern aufgeklärt werden. Und seine Umgebung. Hatte er Planeten? War. Moment mal, was war denn das?
    Während Toliman überlegte, hatte er die optischen und elektromagnetischen Sensoren auf den Stern gerichtet und das Sammelbild eingeschaltet, und da war doch auf der roten Scheibe ein heller Fleck zu sehen!
    Einen Augenblick lang spielte Toliman mit dem Gedanken, Mira zu rufen, weil sie besser damit Bescheid wußte. Er ließ es dann aber, sie hatte Wichtigeres zu tun, und außerdem, außerdem, ach, verdammt, immer diese Gedanken an die Autorität, das mußte er sich abschminken. Wenn sich so etwas erst in die Entscheidungsfindung drängte.
    Also dieser
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