Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lemmings Zorn

Lemmings Zorn

Titel: Lemmings Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
Vom Netzwerk:
Mordkommission geblieben ist.
    «Gute Idee», gibt dieser jetzt zurück. «Aber ich werd ihn wohl frühestens übermorgen erreichen; der macht schon lange keine Feiertagsbereitschaft mehr.»
    «Und wenn ich doch   …»
    «Wenn du doch was?»
    «Na, zu den Eltern fahre. Zu den Smejkals. Ich kann mich ja als alte Bekannte Angelas ausgeben, als unbeteiligte Freundin, die zufällig in der Gegend war und   …»
    «Wart einmal!» Der Lemming springt auf. «Das hätt ich fast vergessen.» Er schleicht über den knarrenden Bretterbodenins Schlafzimmer. Hier schlummert Ben – verhüllt von Deckenbergen – vor sich hin. Nur sein strubbeliger Scheitel ist zu sehen und ein Stück der russischen Puppe, die er umklammert hält.
    Sekunden später kehrt der Lemming zu Klara zurück, tritt hinter sie und legt das rote Schulheft auf den Tisch. «Das hab ich gestern unter Angelas Bett gefunden.»
    «Unterschlagung von Beweismitteln?»
    «Im Prinzip ja. Aber wenn man der Einzige ist, der nach Beweisen sucht?»
    Klara schlägt das Heft auf, blättert dann von der Mitte weg bis zum Anfang. Leere Seiten, jungfräulich weißes Papier. Nur auf dem ersten Blatt finden sich einige wenige, hastig mit Bleistift hingeworfene Notizen.
    «Hangar»,
entziffert Klara die krakelige Handschrift. «
Bauser Ferdi
… Und was bedeutet das jetzt?»
    «Ich weiß es nicht.» Der Lemming beugt sich vor, bis sein Gesicht ganz nahe neben jenem Klaras ist.
«Besi Mimi»,
liest er weiter.
«Domiphu. Château Lafite 92.»
    Große Augen, ratlose Blicke.
    «
Bauser Ferdi
.
Besi Mimi
. Na, damit wär der Fall ja geklärt.» Der Lemming schnaubt ärgerlich auf.
    «
Domiphu
. Wie recht du hast.» Klara runzelt die Stirn. «Wenigstens weiß ich, was Château Lafite ist.»
    «Anscheinend ein Flascherl Roter von der feineren Sorte. Das französische Zeug wird wie Gold gehandelt. Besonders, wenn
Château
auf dem Etikett steht.»
    «Und der Jahrgang?»
    «Spielt auch eine Rolle. Aber Hauptsache
Château

    «Château Soundso. Château Irgendwas.»
    «Genau. Am teuersten ist, glaub ich, der Château Dingsda.» Der Lemming grinst. Er lässt sich wieder auf seinen Sessel sinken, nimmt das Heft zur Hand und blättert es Seite für Seite durch. Und siehe da: Als es nichts mehr zu blättern gibt, wirder fündig: In der hinteren Lasche des Kunststoffumschlags stecken zwei kleine, zusammengefaltete Zettel   – Zeitungsausschnitte, wie sich gleich darauf herausstellt.
    Die Reine Wahrheit vom 12.   Mai 2004
    WAR ES SCHON WIEDER DIE OSTMAFIA ?
    Wie der Redaktion der REINEN erst heute bekannt wurde, ist der beliebte, seit Anfang des Monats verschollene Gastronom Harald Farnleithner (38) wieder aufgetaucht. Er wurde am vergangenen Freitag von Passanten in einem Gebüsch des Wiener Liechtensteinparks entdeckt. Der unverletzte, aber geschwächte Farnleithner war nicht bereit, nähere Angaben zu seinem Verschwinden zu machen. Auf eigenen Wunsch wurde er noch im Laufe des Freitags in häusliche Pflege entlassen. Angesichts der immer dreisteren Methoden östlicher Verbrechersyndikate liegt die Vermutung einer Schutzgelderpressung nahe. Die REINE aber fragt: Müssen wir uns von den Balkanbanditen nun auch noch unsere heimischen Wirte einschüchtern lassen?
    «Farnleithner   … Nie gehört. Kennst du den?», fragt Klara.
    «Persönlich nicht», gibt der Lemming zurück. «Aber drüben im Achten gibt’s ein Lokal, das so heißt. Gleich hinterm Rathaus.»
    «Schon einmal dort gewesen?»
    «Nur vorbeigegangen. Ist nicht meine Liga: Schinken aus Serrano, Käse aus Freiburg, Wein aus Südafrika. Und Gäste aus dem Parlament. Szenelokal nennt man das, glaub ich.»
    «Ach, so etwas wie die
angesagteste Location der Society

    «Du sagst es. Nichts für Nachtwächter und Legenotärztinnen.» Der Lemming schiebt den Artikel zur Seite und wendet sich dem anderen zu.
    Die Reine Wahrheit vom 17.   September 2004
    HUND VEREITELT ATTENTAT AUF POSTLER
    Wilde Szenen spielten sich gestern früh im siebten Wiener Gemeindebezirk ab. Der Postbedienstete Herbert Prantzl (29) entging nur knapp einem Anschlag in seinem eigenen Stiegenhaus! Wie Prantzl der REINEN exklusiv berichtet, hatte er gegen sieben Uhr dreißig nichts ahnend seine Wohnung verlassen, als er von einer «islamisch vermummten Gestalt» attackiert und mit Pfefferspray außer Gefecht gesetzt wurde. Nur dem beherzten Eingreifen seines Hundes Mambo (4) ist es zu verdanken, dass der zu allem entschlossene Angreifer die Flucht ergriff.

Weitere Kostenlose Bücher