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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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Und die haben wir unter uns drei aufgeteilt. Gestern bin ich den ganzen Tag nirgendwohin gegangen und habe nichts gemacht. Gestern gab es den ganzen Tag Fliegeralarm und Artilleriebeschuss. Heute musste ich um zehn in der Schule sein, aber ausgerechnet da gab es Alarm. Deshalb fiel die erste Stunde aus, auch die letzte fiel aus. Zu Geometrie kamen heute nur 17 Schüler, zur vorletzten – Chemie – nur sieben. Überhaupt ist das kein Unterricht, sondern weiß der Teufel was. Tamara war heute nicht da. Nach der Schule ging ich bei ihr vorbei, sie war nicht zu Hause. Aber sie kam danach selbst zu mir. Ich habe eine Nachricht für Wowa geschrieben, morgen werde ich sie Tamara mitgeben. Es ist sehr praktisch, dass Tamara und Osja in einer Wohnung wohnen, so können Wowa und ich uns Briefe schreiben. Übrigens, in der Schule werden wir jetzt kein Konfekt mehr erhalten. Für ein Stück Konfekt wird uns eine Marke für 10 g Zucker abgeschnitten werden. Das sind wohl alle Neuigkeiten. Ich gehe schlafen.
    Heute gab es am Tage besonders heftigen Artilleriebeschuss, ich glaubte, unsere Fensterscheiben würden zerspringen, aber bis jetzt ist das noch nicht passiert. In unserem Zimmer ist es warm, die 40-Watt-Glühbirne heizt stark.
    Gestern habe ich Tamaras »Geheimnis« erfahren, das sie mir anvertraut hat. Ich erfuhr, dass Tamara Ljowa Chochom liebt. Offenbar ist zwischen ihnen irgendetwas vorgefallen. Tamara war zu offenherzig, und jetzt hat sie Angst, dass Ljowa sie auslacht.
    5/XII
    Ein neues Unglück sucht uns heim. Es ist schon der fünfte Tag der neuen Dekade, aber wir haben kein Konfekt. Heute konnte ich es nicht mehr aushalten und kaufte 250 g Sirup auf meine Marken. Schon den zweiten Tag können Aka und ich mit unseren Lebensmittelkarten kein Mittagessen mehr bekommen, weil wir alle Marken für die erste Dekade aufgebraucht haben. Ist ja auch klar: Wir haben Marken für je 12,5 g Nährmittel. In anderen Kantinen wird es so gemacht: Eine Marke für die Suppe, zwei Marken für Brei, aber in unserer Kantine schneiden sie für die Suppe Marken für 25 g Nährmittel und 5 g Fett ab, da ist es doch ganz klar, dass in vier Tagen alle unsere Marken verbraucht sind.
    Wir haben schon den zweiten Tag keinen Strom. Und keiner weiß, wann er wieder eingeschaltet wird. Das ist sehr unangenehm, keinen Strom zu haben. Gestern Nacht war es sehr schrecklich, da fühlt man sich so hilflos, es ist stockdunkel, aber ein Flugzeug brummt, dröhnt fürchterlich, aufdringlich, und dann Bomben, eine nach der anderen, eine nach der anderen, und ringsum ist es stockfinster, und du spürst nur, wie sich das Haus nach jeder Bombenexplosion leicht zur Seite neigt und zusammenzuckt.
    7/XII
    Draußen herrscht Frost. Heute sind wir satt. Heute ist ein arbeitsfreier Tag, Mama ist zu Hause. Gestern hat Aka von Tante Sascha ein bisschen Presskuchen 54 erbettelt, und wir haben daraus sowie aus 75 g kanadischen Fleischkonserven, die Aka heute Morgen ergattern konnte, eine Suppe gekocht. Der Presskuchen hat mir sehr gefallen, er ist sehr sättigend und lecker. Gestern stand ich von fünf bis neun Uhr abends in der Schlange und erstand 600 g Konfekt der Marke »Utro« für 18 Rubel und 90 Kopeken. Wir teilten sie, jeder bekam zehn und ein halbes Stück Konfekt.
    Überall hört man, morgen werde die Brotration erhöht. Mal sehen. Ich glaube das, weil man uns wahrscheinlich Lebensmittel liefert: weiße Nudeln, kanadische Konserven, amerikanisches Konfekt und noch andere Dinge. Das zeigt, dass uns geholfen wird und man uns nicht verhungern lässt. Von den Fronten kamen heute gute Nachrichten, wie zum Beispiel: Die Unsrigen setzen ihren erfolgreichen Angriff auf Taganrog fort, obwohl die Deutschen alles versuchen, sie aufzuhalten. Bei Moskau haben wir einen erfolgreichen Gegenangriff gegen die Deutschen geführt, aber die Deutschen haben den Ring um Tula enger gezogen. Bei Leningrad haben die Unsrigen einige Ortschaften und Dörfer eingenommen, haben das widerliche deutsche Pack etwas zurückgedrängt 55 .
    Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich im Mantel im Schein eines brennenden Kerzenstummels am Fenster. Vor mir steht eine Untertasse mit einem Stückchen Konfekt und einem Stückchen Brot. Ich höre Klaviermusik im Radio und beiße winzige Stücke vom Brot ab, um mir den Genuss zu verlängern. Jetzt gehen wir schon um zehn vor sieben ins Bett. Wir müssen Kerzen sparen. Mit welcher Ungeduld werde ich morgen, noch im Bett liegend, Akas Rückkehr aus

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