Lenas Tagebuch
fünfte und sechste Stunde wurden im Luftschutzkeller abgehalten. Dann begann ein Bombenangriff. Bei uns blinkte das Licht, und der Strom war weg. Bis zur Entwarnung saßen wir im Dunkeln. In der Nähe wurde eine Taschenlampe eingeschaltet. Aber wir saßen da und unterhielten uns. Aber wann soll ich jetzt Hausaufgaben machen?
Um fünf vor sechs kam Mama. Sie sagte, auf dem Newski ruhe der Verkehr, und ein Haus sei komplett zerstört, das Haus existiere überhaupt nicht mehr. Inzwischen dauert jeder Alarm fünf Stunden. Als wir in den Luftschutzkeller gingen, war es Tag, und als wir ihn verließen, war es schon dunkel, Abend. Auf der Straße rennen alle eilig. Alle haben Geschirr für Essen dabei. Wie eine Hammelherde bewegen sie sich auf dem Bürgersteig, ohne sich rechts zu halten. Schubsen herum, prallen zusammen.
Die Stadt lebt weiter bis zum nächsten Alarm!
29/11
Heute bin ich bei Kerzenlicht aufgestanden, der Strom war weg. Ich kam in die Schule, dort die gleiche Geschichte, Dunkelheit. In der ersten Stunde hatten wir Physik, Abfragen. In der Mitte der Stunde bekamen wir je ein Stück Rumkonfekt. Danach hatten wir Algebra und Geschichte. In der Geschichtsstunde gab es eine medizinische Untersuchung, danach kamen sie und haben uns allen je eine Marke für Gelee gegeben. Dann, drei Minuten vor Ende der Stunde, Alarm. Dieses Mal saßen wir nicht lange im Luftschutzkeller. Entwarnung. Wir rannten sofort in die Kantine, um das Gelee zu holen, nachdem wir uns vorher im Klassenzimmer ausgezogen hatten. Im Korridor, der in die Kantine führt, ist es dunkel, das Licht ist wieder ausgegangen, in der Kantine brennt nur eine Petroleumlampe. Wir standen lange in der Schlange an, es hatte schon lange zum Unterricht geklingelt, ich denke noch, warum schicken die uns denn nicht zum Unterricht, es stellt sich raus, die neunten und siebten Klassen können direkt nach dem Gelee nach Hause gehen.
Als ich das Gelee erhalten hatte und zur Seite gegangen war, um auf einen Löffel zu warten, wurde uns mitgeteilt, dass Alarm gegeben wurde. Sobald ihr das Gelee aufgegessen habt, geht ihr sofort in den Luftschutzkeller! Ich probierte das Gelee, es war köstlich. Da beschloss ich, es zu Hause aufzuessen. Ich faltete aus Papier eine Tüte und tat das Gelee hinein. Ich ging ins Klassenzimmer, zog mich an und dachte bei mir, sie werden mich sowieso nicht nach Hause gehen lassen, dann bleibe ich eben im Luftschutzkeller. Ich trat auf den Hof hinaus, Dreck, Matsch, echtes Tauwetter. Ich blickte mich um, niemand war zu sehen, sowohl am Tor als auch in der Nähe des Luftschutzkellers. Ich ging ungehindert auf die Straße und wusste nicht, ob nun Alarm war oder nicht. Viele Leute waren unterwegs, als ob nichts wäre. An der Ecke standen sie nach irgendetwas an, nur die Straßenbahnen fuhren nicht. Ich kam um Viertel vor eins nach Hause. Und als ich das Zimmer aufräumte, begann der Beschuss, dann fielen irgendwo Bomben. Das Haus wurde ein paarmal erschüttert, ich flüchtete sofort unter den Tisch. Aka kam mit dem Mittagessen nach Hause, ich kletterte unter dem Tisch hervor. Aka und ich teilten uns das Brot, sie hat für mich und für sich Brot für zwei Tage gekauft. Ich habe Brot mit Leinöl gegessen und das Gelee versteckt. Und jetzt weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll. Soll ich es allein essen oder mit Mama und mit Aka teilen, sie damit überraschen? Nur dass es so wenig sein wird. Was soll man ein Glas Gelee in drei Portionen aufteilen, das reicht nur zum Probieren. Nein, besser, ich esse das diesmal allein, aber ich nehme ab jetzt unbedingt immer ein sauberes Glas mit, und wenn wir noch einmal Gelee bekommen, dann mache ich das, was ich mit Kompott vorhatte, d. h. ich spare drei Portionen zusammen und biete es ihnen dann an.
1/XII
Heute bin ich satt. Ich gehe satt zu Bett. Aka hat in meiner Schule eine Suppe und zwei Hauptgerichte bekommen. Tagsüber haben Aka und ich jede einen ganzen Teller Suppe und ein Hauptgericht gegessen, und als Mama kam, erhielt jede von uns noch einmal zwei Teller Suppe und ein zweites Hauptgericht. Außerdem hatte Mama noch eine Portion Brei und eine Frikadelle mitgebracht. Deshalb hatten wir heute Vorspeise und Hauptgericht. Außerdem hatte ich an Brot keinen Mangel: Aka und Mama zahlten mir heute ihre Schulden zurück. Es ist nämlich so, dass Mama die Karten für sich und Aka erst heute bekommen hat, ich aber schon gestern Abend. Gestern Abend habe ich auch meine 125 g für den 1. gekauft.
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