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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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der Bäckerei erwarten. Vielleicht bringt Aka nicht 125 g, sondern mehr, wenigstens 150 g. Heute habe ich vier Stück Konfekt gegessen, dabei wollte ich zwei essen. Jetzt habe ich noch drei Stück Konfekt für den 8., 9. und 10. übrig. Für jeden Tag eines. Im Radio wird eine Sinfonie gespielt, draußen donnern Salven. Das sind die verfluchten Deutschen mit ihrem routinemäßigen Beschuss Leningrads. Und nachts wird wieder die Unheil verkündende Sirene heulen, und das Haus wird wieder von den nahen Bombeneinschlägen erzittern. Der Tod lauert die ganze Zeit auf jeden von uns, und wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass wir es nicht mehr bemerken oder, besser gesagt, es einfach nicht mehr bemerken wollen. Aber es geht uns noch ganz gut. Strom haben wir zwar schon den dritten Tag nicht, aber Toilette und Bad sind bei uns noch völlig in Ordnung. Wir haben die Möglichkeit, warmes Wasser zu trinken. Noch für zwei Tage haben wir Presskuchen und Fleisch für Suppe, und morgen oder vielleicht in den nächsten Tagen wird die Brotration erhöht.
    So, es ist Zeit zum Schlafen.
    8. Dezember
    Großartige Dinge sind geschehen. England hat Finnland, Rumänien und Ungarn den Krieg erklärt und Japan den Vereinigten Staaten von Amerika. Roosevelt hat erklärt, Amerika befinde sich im Krieg mit Japan. Amerika hat mit der Mobilisierung begonnen.
    Bei uns hat es heute Nacht viel geschneit, es ist schrecklich, die Fenster sind zugefroren, die Straßenbahnen fahren nicht, alle gehen zu Fuß. Wir leben schon zwei Tage ohne Fliegeralarm, nur Ar­til­lerie­beschuss, aber der ist gar nicht so schrecklich. Die Brotration wurde nicht erhöht, dafür haben Angehörige und Angestellte 100 g Fett zugeteilt bekommen, aber die Leute erzählen, die Brotration werde ganz sicher ab dem 15. erhöht. Was soll’s, warten wir bis zum 15. Ja, der Dezember, der letzte Monat des Jahres 1941, wird wahrscheinlich ein historischer. Bis Neujahr sind große Ereignisse zu erwarten.
    9/XII
    Gestern Abend um acht war der Strom wieder da. Heute haben wir in der Schule ohne Marken einen Teller Kohlsuppe und ein Glas Gelee bekommen. Angeblich werden wir das jeden Tag bekommen. Als ich nach Hause kam, trank ich zwei Tassen heißes abgekochtes Wasser und aß dazu Brot mit Butter. Die Leute sagen, die Brotration werde bald erhöht. Zwar nur ein bisschen, um lediglich 25 g, aber das ist auch schon gut. Wir werden nicht 125 g, sondern 150 g bekommen.
    Dank all dieser Neuigkeiten ist auch gleich die Stimmung gestiegen, und das Leben ist besser und fröhlicher geworden 56 .
    10. Dezember
    Hurra, hurra, unsere Truppen haben Tichwin zurückerobert, haben den Blockadering um Leningrad fast gesprengt. Bei Tichwin wurde drei deutschen Divisionen geschlagen. Das ist ein sehr großer Sieg 57 .
    Schon vier Tage lang hatten wir nicht einen einzigen Fliegeralarm.
    Heute ist Mama nicht zur Arbeit gegangen. Sie sucht eine andere, denn sie kann doch nicht jeden Tag zu Fuß hungrig auf die Wyborger Seite 58 gehen und wieder zurück.
    Was möchte ich jetzt? Nur eines, dass die Tage vorbeifliegen wie die Telegrafenmasten an den Fenstern eines Expresszugs. Schnell, schneller und immer schneller sollen diese harten Wintertage vergehen. Möge es bald Frühling sein, warm und grün.
    Ereignisse, entwickelt euch, wie Bilder auf der Leinwand.
    Rennt schneller, schneller, immer schneller, ihr Uhrzeiger.
    14/XII
    Noch ein Tag, und der Monat ist zur Hälfte vorbei. Dann bleibt noch ein halber Monat, und das neue Jahr 1942 wird beginnen.
    Deutschland und Italien haben den USA den Krieg erklärt.
    Bei Moskau sind die Deutschen vernichtend geschlagen worden. Der zweite Großangriff der Deutschen auf Moskau ist gescheitert. Der Rückzug der Deutschen hat begonnen. Eine neue Phase des Krieges hat begonnen. Für die zweite Dekade wurden alle Rationen erhöht – sowohl Nährmittel als auch Fleisch und Zucker. Morgen, so erzählt man, wird die Brotration erhöht. Wir haben es ruhig, es gibt keinen Alarm. Man kann es kaum glauben, aber es scheint so zu sein, aber die schwersten Tage scheinen nun Vergangenheit zu sein.
    16/XII
    Heute bin ich wieder zu spät zu Algebra gekommen. Die Klassenarbeit habe ich nicht zu Ende schreiben können. In der ersten Stunde waren wir 26 Schüler. Mittag haben 20 gegessen, aber in Geschichte nach dem Mittagessen waren wir nur zu siebt. Zu Mittag gab es heute Suppe für 26 Kopeken, eine dicke Suppe mit ungeschälten Kartoffeln und harten, dunklen Nudeln. Die Suppe war

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