Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
Vom Netzwerk:
schon der 12. Januar, aber keinerlei Verbesserung. die Brotration wurde nicht erhöht, die Geschäfte sind leer, es gibt keinen Strom, das Radio schweigt, in der Leitung ist kein Wasser, die Klospülung geht nicht.
    Gestern haben wir ausschließlich Sülze aus Tischlerleim gegessen. In der heutigen Nacht haben wir wieder jede eineinhalb Teller Sülze gegessen. Sie ist so lecker und sättigend, einfach wunderbar. Ich war heute Morgen noch so satt davon, dass ich mein ordentlich großes Stück Brot heute Morgen nicht gegessen, sondern Mama gebeten habe, es mitzunehmen und für mich aufzuheben. Mir steht also heute Abend ein ­Genuss bevor.
    Im Moment ist der Tag die widerlichste Zeit. Ich sitze hier im Mantel, Arme und Beine sind völlig durchgefroren. Jetzt ist es im Zimmer fünf Grad warm, draußen ist Frost. Gestern waren es 31 Grad Kälte und heute nicht weniger. Man kann unmöglich lange draußen sein. Vor Kurzem war ich Wasser holen. Gott sei Dank, jetzt haben wir Wasser für zwei Tage. Ich habe zwei Eimer gebracht. Gegen 1 Uhr 40 gehe ich in die Schule Suppe holen. Hoffentlich geht dieser unerträgliche Tag schnell vorüber. Und abends, nach vier Uhr, kommt Mama und bringt Nudeln und Fleischfrikadellen. Wir werden Feuer anzünden, das Fenster verhängen, die Suppe aufwärmen, Sülze machen. Während die Sülze zubereitet wird, das heißt vor sich hin kocht, werden wir über den Kohlen Frikadelle, Brot und Nudeln rösten. Wir essen jetzt immer so. Wir rösten in kleinen Stückchen auf der Gabel alles, was nur geht. So ist es besser, die Zeit geht schneller herum, und der Genuss ist größer. Abends haben wir dann wieder Sülze. Sie erkaltet schnell, in zwei Stunden. So viel Genuss wartet auf mich heute, aber bis dahin muss ich frieren und die Uhr bewachen.
    Vorgestern habe ich mich nicht geirrt, als ich annahm, dass Mama nicht kommt, weil sie für etwas Leckeres Schlange steht. Mama brachte 100 g Rosinen mit, sie bekam sie anstelle von Konfekt auf meine Marken für die erste Dekade. 100 g Konditoreiwaren, das ist richtig furchtbar, Angestellte bekommen 150 und Arbeiter 300.
    Mama hat mit Absicht nur auf meine Marken genommen, denn sie hofft, selbst bald eine neue Karte zu bekommen, für Angestelle oder gar als Arbeiterin, und dann bekommt sie am Ende der zweiten Dekade auf ihre Karte gleich für zwei Dekaden. Wenn Mama zum Beispiel eine Arbeiterkarte bekommt, dann bekommen wir am Ende der zweiten Dekade zusammen 100+300+300=700 g Konditoreiwaren. Mama und ich haben schon beschlossen, wenn es kein Konfekt gibt, dann nehmen wir ein Glas eingekochte Früchte und 100 g Rosinen. Aus den Früchten machen wir dann Fruchtgummi.
    17/I 42
    Wir haben noch immer Ferien. Die Tage ziehen sich hin, sie sind sich erstaunlich gleich. Jetzt leben Mama und ich schon drei Tage so: Wir stehen ungefähr um zehn Uhr morgens auf, die genaue Uhrzeit wissen wir nicht, weil das Radio nicht läuft und unsere Uhren oft stehen bleiben. Zuerst steht Mama auf, dann ich. Wir essen jede einen Teller Sülze und trinken heißes Wasser, und wenn wir Glück haben – Kaffee. Dann geht Mama. Es beginnt der unangenehmste Teil des Tages. Ich bleibe allein und mache einige kleine Hausarbeiten: Wenn nötig, hole ich Wasser, bereite Feuerholz vor, wasche Geschirr ab und so weiter. Und hast du nicht gesehen, ist es schon Zeit, in die Schule zu gehen. Ich packe meine Sachen, hab um 1 Uhr 40 Schule, aber da essen immer noch die achten Klassen. Also muss ich warten, unterhalte mich mit dem oder jenem, und dann ist es auch schon Zeit, sich an den Tisch zu setzen. Ich warte auf meinen Teller Suppe. In letzter Zeit bekommen wir nur Suppe, und in der ist gar kein Salz drin, sie ist ganz leer, nur Mehl ist drin. Die Suppe schmeckt aber ganz gut. Nachdem ich meine Portion in das Einmachglas umgefüllt habe, gehe ich nach Hause. Es ist schon etwa Viertel nach zwei. Jetzt kommt die angenehmste Zeit des Tages. Jetzt ist es besser, nicht auf Mama zu warten, sondern sich mit irgendetwas zu beschäftigen. Dann vergeht die Zeit wie im Flug. Endlich kommt Mama, bringt Brot und Mittagessen und manchmal auch Kaffee. Wir teilen alles auf, und es beginnt die Fütterung, die bis sechs Uhr dauert. Wir genießen, was Gott uns gegeben hat, wir rösten unsere heiß ersehnten Bröckchen, und wenn es Kaffee gibt, trinken wir Kaffee. Dann, wenn die letzten Kohlen verglüht sind, legen wir uns schlafen, nachdem wir unseren Teller Sülze zubereitet haben.
    Nachts, so gegen fünf bis

Weitere Kostenlose Bücher