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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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Stunden im Freien nach Wein an, und als vor mir nur noch acht Leute vor der Tür standen, war der Wein alle. Ich habe mich umsonst so abgefroren. Meine Beine waren so eingefroren, dass ich auf dem Nachhauseweg brüllte. Ich konnte nicht mehr stehen, ich spürte, wenn ich weiter stehen bliebe, würde ich hinfallen und sterben.

    Unsere Ferien sind auf unbestimmte Zeit verlängert. Die einen sagen, bis zum 12., die anderen, bis zum 16.
    Im Geschäft gibt es nichts. Heute wurde Mehl für die dritte Dekade verkauft. Wir haben für die dritte Dekade aber noch kein Fett bekommen. Ich habe gehört, dass es in einem anderen Geschäft Fruchtmus statt Fett gab. Das ist freilich sehr ungünstig, aber man bekommt immerhin etwas.
    9. Januar
    Mama und ich sind noch am Leben. Bislang keinerlei Besserung. Wir haben heute 200 g Brot, das Brot ist gut, sehr schmackhaft, heute haben wir Brot bekommen, ohne anstehen zu müssen. Auch das Radio spielt, und es gibt Wasser in der Leitung.

    Gestern haben Mama und ich nach den zwei Tellern Suppe auch die Frikadelle aufgegessen, die wir für heute aufheben wollten. Und wie wir sie gegessen haben: Wir rösteten sie in kleinen Stückchen auf der Gabel über den Kohlen. Mein Gott, war das lecker! Das war ein solcher Genuss. Wenn Mama heute zwei Frikadellen bringen sollte, werden wir die auch so genießen.

    Am 6. Januar war ich beim Jolkafest im Gorki-Theater. Zuerst wurde »Ein Adelsnest« aufgeführt, dann gab es Essen, Tänze um den Tannenbaum, Künstler traten auf. Beim Fest war es sehr fröhlich und schön. Ich war sehr zufrieden.
    Ich kam etwas zu spät. Am Eingang erhielt ich eine rosa Marke mit der Nummer 3 und eine Eintrittskarte »Balkon, Rang 2, Nr. 31«. Bis zur Pause saß ich im Parterre, dann fand ich meinen Platz. In der nächsten Pause ging ich ins Foyer. Hier stand ein wunderschöner Tannenbaum, reich geschmückt, funkelnd erleuchtet von verschiedenfarbigen Glühbirnen. Die Musik spielte, um den Baum drehten sich die Tanzenden, von oben wurde die Tanne vom bunten Lichtstrahl eines Projektors erhellt. Konfettikanonen knallten, und es regnete Konfetti auf die Tanzenden herab, die bunten Bänder der Luftschlangen raschelten und wickelten sich um die Anwesenden. Es waren so viele Leute da, dass ich mich kaum durchkämpfen und meine Schulkameraden nicht finden konnte.
    Zu Beginn der nächsten Pause traf ich auf der Treppe Ljowa Sawtschenko.
    »Lena, wo sind unsere Schulkameraden?«
    »Hallo, Ljowa, du auch hier? Von unseren Leuten ist anscheinend keiner da. Ich habe niemanden ­gesehen.«
    »Na gut, ich finde euch dann.«
    »Geht ihr schon essen?«
    »Mhm.«
    Und er rannte die Treppe hinauf seinen Schulkameraden hinterher. Ich stand noch lange auf der Treppe und ließ die Spezialschüler vorbei. Denn die wurden als Erste zum Essen geführt. Gegessen wurde in vier Schichten. Ich aß mit der dritten Schicht, die meisten unserer Kameraden mit der vierten.
    In der nächsten Pause sah ich sofort Tamara. Neben ihr stand Ljowa. Die ganze Pause standen wir zu dritt und unterhielten uns. Ljowa erzählte, wie es ihnen jetzt geht. Sie bekommen sehr gut zu essen 69 .
    »Heute bekamen wir zum Frühstück, bevor wir hierherkamen, einen vollen Teller Nudelsuppe, so einen ganz vollen, mit Fett, und einen Teller Weizengrütze«, erzählte Ljowa.
    »Ljowa, was hast du jetzt gegessen? War es lecker?«
    »Lecker, also zuerst Rassolniksuppe 70 , als Hauptgang Fleischfrikadellen mit Buchweizen und zum Nachtisch so eine Art Mousse. Alles sehr lecker, nur die Portionen waren winzig, sie waren schon aufgegessen, wenn man sich nur die Lippen leckte.«
    »Ljowa, und wie geht es Dimka? Schreibt er nicht?«
    »Nein, nichts. Ich verstehe es auch nicht. Kein Wort.«
    »Und wie, Tamara, geht es Emka?«
    »Ich bekomme von ihr auch keine Nachricht. Ich weiß gar nichts.«
    »Was unsere Freunde doch für eine Schweinebande sind. Sie sind weg und haben uns vergessen, Saukerle.«
    Das Treffen mit Ljowa und dieses unser kurzes Gespräch machten mir großen Spaß. Ljowa weiß also nichts von unseren Jungs. Sie kommen nicht zu ihm, er besucht sie nicht. Adka hat er auch nicht gesehen. Er hat uns noch erzählt, dass seine Schule vielleicht eva­kuiert wird. Er versprach, dass er dann bei Tamara vorbeikäme, um sich zu verabschieden.
    Während die zweite Schicht aß, schauten wir, die dritte, Schauspielern zu. Sie stellten Szenen aus dem Leben Tschapajews 71 dar. Endlich kam ich in die Kantine. Am Eingang bekam jeder einen

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