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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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fast, wie es sein soll, aus Roggen, aber ziemlich feucht und darum schwer. Ich eilte nach Hause, zog mich sofort aus und ab ins Bett. Mama setzte Wasser auf, wir tranken jede eine Tasse heißes Wasser und lagen in den Betten. Jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, hat Mama für das Mittagessen Holz gehackt, und ich lege mich wieder ins Bett, ich bin schon ganz erfroren.
    Gestern ist Folgendes passiert. Mama und ich hatten vereinbart, dass sie Brot kauft, wenn sie vom Theater 75
    29/I
    Lange habe ich nicht geschrieben. Ich finde nicht die rechte Zeit. Wir hatten zwei Tage lang, am 27. und am 28., kein Brot. In fast keiner Bäckerei gab es welches. Es heißt, die Brotversorgung war unterbrochen, weil wegen des starken Frostes Leitungen in der Brotfabrik geplatzt seien. 76
    Wir hatten, aus welchem Grund auch immer, zwei Tage lang kein Brot und kein Mittagessen, wir ernährten uns nur von der Suppe aus der Schule und von Sülze. Mama ist so geschwächt, dass sie kaum gehen kann. Aber, welch ein Glück, gestern habe ich anstelle von Brot gutes Weizenmehl bekommen, 975 g, und Mama lebte völlig auf. Wir haben sofort Mehlsuppe und Fladen gemacht. Wenn wir morgen auch kein Brot auftreiben können, nehmen wir wieder Mehl. Heute ist es wärmer, es schneit. Im Haus 17 gibt es Wasser. Heute stand ich dort in der Schlange und holte Wasser. In letzter Zeit herrschte ein solcher Frost, dass wir Wasser aus einem Eisloch auf der Fontanka schöpften.
    Ich weiß nicht, ob wir durchkommen werden. Meine Mama haben diese zwei furchtbaren Tage völlig niedergeworfen. Sie ist sehr geschwächt, aber frohen Mutes. Sie möchte leben, und sie wird leben.
    8/II
    Gestern Morgen ist Mama gestorben. Ich bin nun allein.
    10/II
    Ich habe kräftig eingeheizt. Jetzt sind es im Zimmer im Mittel + 12 Grad. Morgen werde ich ausführlicher schreiben.
    11/II
    Heute wurde die Brotration erhöht. Morgens brachten ich und die Hauswartsfrau Mama zur Maratstraße.
    Wir schafften Mama auf demselben Weg fort, auf dem Mama und ich vor einem Monat Aka weggebracht hatten. Wie damals tobte heute, als wir Mama wegschafften, ein Schneesturm, und danach schien tagsüber die Sonne. Dann ging ich mit der Hauswartsfrau zur Bäckerei. Ich bekam 600 g Brot, 300 gab ich ihr. Danach ging ich zur Schule, bekam einen Teller Hirse­suppe und eine Portion Hirsebrei mit Fett. Ich kam nach Hause, sägte Feuerholz, wärmte mein Mittagessen auf und spürte, dass ich keine Kraft mehr hatte, noch irgendetwas zu tun. Ich wollte Wasser holen, das Geschirr spülen, aber der heutige Tag hat mich wahrscheinlich so erschöpft, nicht so sehr physisch wie seelisch, dass ich absolut nichts mehr tun konnte. Gestern habe ich sechs Platten Leim verkauft, die Platte für 15 Rubel. Ich habe 90 Rubel bekommen. Jetzt habe ich 99 Rubel 60 Kopeken. Für das Zimmer, so stellte sich heraus, bekomme ich nichts. Ida ­Issajewna bringt mir 100 Rubel, mehr nicht. 50 Rubel gebe ich Ida Issajewna für den kleinen Ofen 77 .
    Gestern hatte ich den großen Ofen eingeheizt und hatte im Zimmer + 12 Grad Wärme. Der Ofen glühte fast bis obenhin. Morgen werde ich 600 g Brot erhalten, man denke nur. Jetzt werde ich nichts mehr tun, ich lege mich schlafen. Ich muss das alles überschlafen. Wie schwer es allein ist! Ich bin doch erst 17 Jahre alt. Ich habe überhaupt keine Lebenserfahrung. Wer gibt mir jetzt Ratschläge? Wer lehrt mich jetzt das Leben? Ringsum sind fremde Leute, denen bin ich egal. Alle haben ihre eigenen Sorgen. O Gott, wie werde ich allein leben. Nein, ich kann mir das nicht vorstellen. Aber das Leben selbst wird mir diktieren, was ich zu tun habe, und dann habe ich noch einen nahen Menschen – Schenja 78 . Sie wird mir helfen, das ist ganz klar. Aber zu ihr muss ich mich erst einmal durchschlagen. Ich muss zu Kira. Vielleicht gibt sie mir etwas Geld.
    Mamotschka …
    13/II
    Wenn ich morgens aufwache, kann ich die erste Zeit gar nicht begreifen, dass meine Mama wirklich tot ist. Mir scheint, dass sie hier ist, in ihrem Bett liegt und jeden Moment aufwachen wird. Dann werden wir uns darüber unterhalten, wie wir nach dem Krieg leben werden. Aber die schreckliche Wirklichkeit lässt sich nichts nehmen. Mama ist nicht mehr! Mama weilt nicht mehr unter den Lebenden. Auch Aka ist nicht mehr da. Ich bin allein. Es ist unfassbar. Manchmal überkommt mich die Wut. Ich möchte schreien, kreischen, den Kopf an die Wand schlagen, beißen! Wie werde ich nur ohne Mama leben? Das Zimmer ist völlig vernachlässigt,

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