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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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tiefblau, und über uns, im Sonnenschein blitzend, ziehen die Flugzeuge ihre Kreise. Das sind unsere Luftpatrouillen. Der Zug wird schneller und schneller. Wie schön. Ich öffne meinen Koffer, schneide eine große Scheibe Brot ab, schaue aus dem Fenster und esse. Ich bin satt. Auf dem Bahnhof haben wir vor der Abfahrt eine große Portion Nudelsuppe bekommen. Die Suppe war dick, auch gab es einen ganzen Napf voll dicken Erbsenbreis. Von dem Brei habe ich noch etwas übrig. Außerdem haben wir 800 g Blutwurst und ein Kilo Brot pro Person bekommen, für die Fahrt bis zum Ladogasee, dort werden wir wieder warmes Essen bekommen.

    Ach, wie großartig. In Gedanken bin ich schon aus Leningrad abgefahren. Aber in Wirklichkeit sitze ich mit den Beinen unter der warmen Decke. Das Radio tickt laut 115 , die Straßenbahnen quietschen, ab und an brummt ein Auto. Mein Bauch ist nicht gerade voll. Um die Wahrheit zu sagen – ich würde jetzt alles Beliebige essen. Aber ich habe nichts. Nicht einen Krümel, keine einzige Rosine ist mehr übrig. Ich habe schon alles aufgegessen. Nein, jetzt besser nicht ans Essen denken.
    Lena, morgen wirst du wieder essen. Heute hast du schon gegessen, das muss reichen. Erinnere dich, du hast erst vor zwei Stunden einen solchen Haufen Rosinen gegessen – 150 g. Du armes, armes kleines Mädel. Sei nicht traurig, die letzten Tage wirst du hungern. Vom 1. Mai an wirst du wieder in die Kantine gehen. Aha, und am ersten Tag werde ich auf jeden Fall eine Portion Suppe und zwei Portionen Brei nehmen. Die Suppe werde ich dort essen, den Brei zu Hause. Und dann, am Abend, werde ich mein Brot kaufen. Das wird dann eine richtige Freude.
    29. April
    Heute ging der Tag wie im Fluge vorbei. Ich stand nach elf Uhr auf, bis dahin saß ich im Bett und stickte. Zuerst trug ich das Spülwasser hinaus und holte Wasser, dann verkaufte ich für fünf Rubel ein Buch von Gribojedow 116 . Dann setzte ich mich in die Linie 9, fuhr bis zur Endstation und dann wieder zurück bis zur Gorochowajastraße. Dort kaufte ich für 1,70 Rubel Brot. Ein ganz ausgezeichnetes Brot. Ich ging in mein Geschäft und kaufte 75 g Käse. Ausgezeichneter Käse für 19 Rubel je Kilogramm. Er ist frisch und weich. Dann belegte ich einen Platz in der Warteschlange für den Wein. Ich brachte Brot und Käse nach Hause, holte ein Gefäß für den Wein, ging zurück zum Geschäft und erhielt einen Viertelliter süßen Roséwein für 28,20 Rubel je Liter. Ich ging nach Hause, ab unter die Decke, und begann zu essen. Ich genoss das Essen in kleinen Stückchen eine Stunde lang. Nach fünf Uhr ging ich ins Geschäft und erfuhr, dass es abends Hering und Wurst geben wird. Ich hatte nur noch einen Rubel übrig. Ich wählte einige Bücher aus und verkaufte sie schnell auf der Straße. Das brachte mir 20 Rubel ein. Ich ging nach Hause, stickte wieder und aß den Käse bis auf ein ganz kleines Stückchen auf. Gegen sieben Uhr abends ging ich wieder ins Geschäft und stellte mich für Aufschnitt zu 19 Rubel je Kilo an, Aufschnitt bekam ich nicht mehr, dafür aber Bockwurst zu 11 Rubel je Kilo. Die Bockwurst ist sehr lecker.
    Morgen bekomme ich Hering und Bier. Morgen, so erzählt man sich, gibt es auf neue Lebensmittelkarten anstelle von Brot Brötchen. Und jetzt muss ich schlafen, schlafen. Ich bin heute sehr erschöpft. Heute war es sehr warm und sonnig, und trotzdem sind die Aasgeier nicht erschienen. Sonderbar. Unsere Flak schießt inzwischen sehr gut. Im Radio habe ich gehört, dass allein in den letzten Tagen die Flak im Vorfeld unserer Stadt 71 faschistische Flugzeuge abgeschossen hat. Kein schlechter Anfang.
    Morgen ist schon der 30. Was für ein Glück. Der Tag meiner Abfahrt rückt immer näher. Während ich gestern nach Wurst anstand, lernte ich ein altes Mütterchen kennen. Sie wohnt im Haus 17, Wohnung 5. Sie heißt Michailowa. Sie lebt allein, sie will nach Wologda fahren. Dort wohnt ihre erwachsene Tochter mit zwei Kindern, sie ist mit einem Militär verheiratet. Das alte Mütterchen möchte mit mir zusammen fahren. Mir ist das egal. Es ist mir sogar recht. Sie ist eine sehr sanfte, nachgiebige Frau. Ich kann ihr sagen, was sie tun soll. Sie wird mir unterwegs nützlich sein, und in Wologda kann ich sie zu ihrer Tocher begleiten und dort Tee trinken, denn sie wohnt angeblich direkt in der Nähe des Bahnhofs. Das alte Mütterchen hat mich gebeten, bei ihr vorbeizukommen, wenn ich mich anmelden gehe. Was soll’s, das kostet mich nichts, im

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