Lennox 03 - Der dunkle Schlaf
verstecken. Und ich habe Kontaktmänner, die mir sagen, wo genau ich nach ihm suchen soll.«
»Warum haben Sie mit diesen Kontaktmännern noch nicht gesprochen? Sollten Sie nicht besser weitere geheimnisvolle Zusammenstöße im Smog haben, statt hier zu sitzen?«
»So einfach ist das nicht. Meine Leute sind, offen gesagt, Verbrecher. Egal, von welcher schiefen Tour Sie mal gehört haben, diese Burschen haben damit garantiert schon ihr Geld verdient. Bei einer derartig delikaten Sache muss ich genau aufpassen, was ich zu wem sage.« Mir fiel auf, dass sie ihren Daiquiri ausgetrunken hatte und den Kellner herwinkte. »Darf ich Ihnen noch einen bestellen?«
»Nein.« Als der Kellner kam, ignorierte sie meine Proteste und befahl ihm, die Getränke auf ihre Rechnung zu setzen. »Ich werde die Rezeption bitten, Ihnen den Zimmerschlüssel zu geben.«
»Gut, danke«, sagte ich. »Ich gehe rasch ins Büro, falls ich es in dem Nebel finde, und hole meine Ta s c h e n.«
»Taschen?« Sie wölbte eine Augenbraue.
»Ich bewahre Kleidung zum Wechseln im Büro auf.« Die Antwort war fadenscheinig, und sie durchschaute sie sofort. Ich merkte, wie sie den Verband auf meiner Wange erneut musterte.
»Mr. Lennox, ich hoffe wirklich, dass wir uns auf Sie verlassen können. Ich muss Ihnen sagen, dass ich nicht dafür war, Sie zu engagieren. Nach allem, was Mr. Fraser uns sagte, haben Sie einen recht undurchsichtigen Hintergrund. Ich möchte nicht, dass dieser Hintergrund Sie hindert, für uns diese Angelegenheit zu klären.«
»Wird er nicht. Damit eines klar ist, Miss Bryson: Gerade dieser undurchsichtige Hintergrund ist es, der mich zu Downey und den Fotografien führen könnte. Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Was habe ich an mir, dass Sie mich derart entschieden ablehnen?«
»So sehr habe ich gar nicht über Sie nachgedacht, Mr. Lennox. Aber wenn Sie mich bedrängen – an Ihnen ist nichts, was ich besonders ablehne. Wahrscheinlich müsste man eher sagen, dass ich alles an Ihnen nicht mag.«
Ich grinste. »Wie wunderbar simpel und doch allumfassend.«
»Ich glaube, Sie haben alle erdenklichen Urteile über John gefällt. Sie halten ihn wegen dem, was er ist, für keinen echten Mann. Nun, ich kann Ihnen versichern, dass John Macready ein echterer Mann ist, als Sie es je sein werden. Ich brauche Sie nur anzusehen und weiß, was für ein Mensch Sie sind. Sie sind arrogant, aufdringlich und gewalttätig. Sie benutzen Frauen und denken sich nichts dabei. Sie haben mich nur ein paar Minuten lang gekannt und schon Annäherungsversuche unternommen. Bei Männern wie Ihnen wird mir schlecht.«
»Ich verstehe«, sagte ich und leerte mein Glas. »Wenn ich Sie nach Abschluss des Falles um ein Empfehlungsschreiben bitte, könnten Sie diesen Teil dann weglassen?«
Sie lachte, doch es war ein verzerrtes Lachen voll Abscheu. »Und Sie halten sich für so komisch. So smart. Nun, seien Sie bloß smart genug, um diese Angelegenheit in Ordnung zu bringen, denn ich sorge dafür, dass Sie keinen Penny bekommen, ehe Sie es geschafft haben. Gute Nacht, Mr. Lennox.« Sie machte abrupt kehrt und verließ die Bar.
Ich stand da. Ihre umfassende Diskreditierung meiner Person hatte mich doch irgendwie getroffen.
Trotzdem starrte ich auf ihren Hintern, als sie wegging.
***
Ich brachte meine Koffer vom Büro herüber, und ein Page trug sie für mich hoch aufs Zimmer. Ich gab ihm zu viel Trinkgeld, wie immer, wenn ich mit Glasgowern zu tun hatte. Sie schwatzen und scherzen mit einem, und dass sie es nicht wegen des Trinkgelds tun, sondern einfach weil es ihrer Natur entspricht, verleitet einen dazu, ihnen umso mehr in die Hand zu drücken.
Der Raum bot den Luxus, den ich in Macreadys Suite gesehen hatte, nur um eine Nummer kleiner, und ich sagte mir nicht zum ersten Mal, dass ich in der falschen Branche tätig war. Sobald ich allein war, schloss ich die Tür ab und legte die schwere Sicherheitskette vor. Ich öffnete die Koffer, nahm das Bündel und Von kommenden Tagen heraus und legte beides aufs Bett. Ich wickelte Hemd und Öltuch ab und nahm den schweren Kipplaufrevolver und die Schachtel Patronen Kaliber.38 heraus. Nachdem ich den Webley geladen hatte, sicherte ich ihn, wickelte ihn wieder in Öltuch und Hemd und legte ihn in den Koffer zurück. Mit meiner Ausgabe von H. G. Wells’ Meisterwerk verbrachte ich mehr Zeit. Ich öffnete das Buch und prüfte den Inhalt: Die Seiten hatte ich ausgehöhlt, und darin
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