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Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Titel: Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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uns«, wiederholten die Mädchen gehorsam.
    »Heilige Mutter Gottes«, intonierte Marie Madeleine.
    »Bitte für uns.« Diesmal nahmen auch die Matrosen mit ihren tiefen Stimmen die Worte auf.
    »Heilige Jungfrau über allen Jungfrauen.«
    »Bitte für uns«, antwortete die Gemeinde.
    »Mutter Christi«, fuhr die Nonne fort.
    »Bitte für uns …«
    Lenobia wiederholte mit den anderen die Phrase, doch in ihr war zu viel Unruhe, als dass sie die Augen hätte schließen und den Kopf neigen können wie die übrigen Mädchen. Sie ließ Blick und Gedanken schweifen.
    »Bitte für uns …«
    Noch drei Tage. Und Schwester Marie Madeleine hat mir verboten, noch einmal in den Frachtraum zu gehen.
    »Mutter der göttlichen Gnade.«
    »Bitte für uns …«
    Martin! Wie kann ich es ihm ausrichten? Ich muss ihn noch einmal sehen, selbst wenn ich dadurch eine weitere Begegnung mit dem Bischof riskiere.
    »Mutter, du Reine.«
    »Bitte für uns …«
    Lenobias Blick glitt zu der Gruppe der Männer hinüber und blieb auf dem Mann in der purpurnen Robe haften, der vor den anderen kniete. Erschrocken weiteten sich ihre Augen. Er hielt den Kopf aufrecht, und seine Augen waren geöffnet und auf die Statue gerichtet, vor der die Nonne ins Gebet versunken kniete. Die Hände hatte er nicht gefaltet. Stattdessen strich er mit einer Hand über das glitzernde Rubinkreuz auf seiner Brust. Mit der anderen machte er eine seltsame Geste, kaum ein Flattern der Finger, fast als wollte er etwas in seiner Blickrichtung dazu auffordern, sich zu bewegen.
    »Mutter, du Keusche.«
    »Bitte für uns …«
    Verwirrt folgte Lenobia dem Blick des Bischofs und erkannte, dass dieser nicht die Statue ansah, sondern die dicke Stumpenkerze zu deren Füßen, direkt vor Schwester Marie Madeleine. In genau diesem Augenblick wurde die Flamme so gleißend, dass das Wachs sich in einen Strom von Tränen zu verwandeln schien. Dann verbanden sich Wachs und Flammen zu Funken, und die umherfliegenden Spritzer prasselten auf den Habit der Nonne nieder.
    »Schwester! Das Feuer!«, schrie Lenobia, sprang auf und wollte zu ihr eilen.
    Doch das absonderliche Feuer loderte bereits hoch auf. Die Nonne stieß einen Schrei aus und sprang auf die Füße, doch die Flammen raubten ihr offenbar die Sicht. Statt sich von dem wildbrennenden Wachsstock zu entfernen, taumelte sie nach vorn – genau in den See aus brennendem Wachs hinein.
    Kreischend rannten die Mädchen durcheinander. In dem Tumult war es Lenobia unmöglich, die Nonne zu erreichen.
    »Zurück! Ich rette sie!«, rief der Bischof. Mit einem Eimer in der Hand stürmte er auf die Nonne zu. Seine Purpurrobe blähte sich hinter ihm wie wütende Flammen.
    »Nein!«, schrie Lenobia eingedenk der Lektionen, die sie in der Küche über Fett, Wachs und Wasser gelernt hatte. »Kein Wasser! Eine Decke! Erstickt es!«
    Aber schon kippte der Bischof der Nonne das Wasser über. Das Feuer wallte noch stärker auf, und brennendes Wachs spritzte in die Schar der Mädchen und sorgte für Panik und Hysterie.
    Um sie waren nur noch Hitze und Flammen. Dennoch versuchte Lenobia, Marie Madeleine zu erreichen, doch starke Hände umschlangen ihre Taille und zogen sie zurück.
    »Nein!«, schrie sie und versuchte sich herauszuwinden.
    » Chérie! Du kannst ihr nicht mehr helfen!«
    In dem Chaos war Martins Stimme wie eine Oase der Stille. Lenobia gab ihren Widerstand auf. Sie ließ zu, dass er sie von dem brennenden Teil des Achterdecks fortzog. Inmitten des Flammenmeers sah sie, wie Marie Madeleine aufhörte, sich zu wehren. Ganz von Flammen eingehüllt, schritt die Nonne an die Reling, drehte sich um, und einen Moment lang trafen sich ihre Blicke.
    Niemals würde Lenobia diesen Moment vergessen. In Marie Madeleines Augen standen nicht Schrecken, Schmerz oder Angst. Dort war Friede. Und dann hörte sie die Stimme der Nonne, und zu ihr gesellte sich noch eine andere – kräftiger, klarer und überirdisch schön. Folge deinem Herzen, Kind. Die Mutter beschütze dich auf immerdar …
    Dann ließ sich die Nonne über die Reling fallen und sprang zielstrebig hinab in die kühlen, lindernden Arme der See.
    Das Nächste, was Lenobia wahrnahm, war, dass Martin sich das Hemd ausgezogen hatte und damit die Flammen ausschlug, die an ihrem Rock leckten.
    »Bleib hier!«, rief er ihr zu, als er sie gelöscht hatte. »Beweg dich nicht.« Lenobia nickte steif. Martin gesellte sich zu der restlichen Besatzung, die mit Hilfe von Kleidungsstücken, Segeltuch

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