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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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für einen Augenblick ihren Duft in der Nase. »Sie hat mir berichtet, was ein Polizist in Ustaoset ihr erzählt hatte. Über die Familie Utmo. Über Vater und Sohn, die sich so sehr hassten, dass es mit einem Mord endete.«
    »Mord?«
    »Ich bin die Akte von Odd Utmo durchgegangen. Er war wie sein Sohn für seinen Jähzorn bekannt. Als junger Mann war er acht Jahre wegen eines Eifersuchtsmordes im Gefängnis. Erst danach zog er in diese Einöde. Er heiratete Karen Leike, und sie bekamen einen Sohn. Bereits in der Pubertät sah der Sohn gut aus, war großgewachsen und charmant. Zwei Männer und eine Frau in totaler Abgeschiedenheit. Von denen ein Mann schon einmal aus Eifersucht getötet hatte. Möglicherweise hat Karen Leike eine Tragödie abzuwenden versucht, indem sie den Sohn heimlich fortschickte und einen seiner Schuhe an einer Stelle platzierte, an der unmittelbar zuvor eine Lawine niedergegangen war.«
    »Das habe ich nicht gewusst, Hole.«
    Harry nickte langsam. »Aber sie konnte die Tragödie nur hinauszögern. Ihre Leiche wurde gerade auf einer Geröllhalde gefunden, mit einem Einschussloch im Schädel. Nur wenige Meter entfernt wurde ihr Ehemann und Mörder unter seinem Schneescooter begraben. Nachdem er aufs grausamste gefoltert worden war. Der größte Teil der Haut am Rücken und auf den Armen war verbrannt, und die Zähne sind ihm ausgeschlagen worden. Raten Sie mal, von wem!«
    »O Gott …«
    Harry schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
    »Wie sind Sie auf diese Verbindung gestoßen?«, fragte Skai.
    »Die Ähnlichkeit, das Erbmaterial.« Er zündete die Zigarette an. »Vater und Sohn. Man kann versuchen, davor zu fliehen, aber es wird immer da sein. Ich glaube, Odd Utmo war klar, dass die mit der Hävasshütte in Verbindung stehenden Morde ihn zum Gejagten machten, dass es der Geist seines verschollenen Sohnes war, der hinter ihm her war. Darum flüchtete er von seinem Hof in die geschlossene, in unwegsamem Gelände liegende Touristenhütte. Er nahm aber ein Foto seiner Familie mit, die er zerstört hatte. Stellen Sie sich das vor, ein Mensch voller Todesangst, vielleicht sogar ein reuiger Mörder, allein mit seinen Gedanken in der totalen Einöde.«
    »Er hat seine Strafe erhalten, ja.«
    »Ich habe das Foto gefunden. Tony hat Glück, er schlägt nach seiner Mutter. Von dem erwachsenen Tony ist bei dem Jungen noch nicht viel zu erkennen, aber er hatte schon damals diese großen, weißen Zähne. Während sein Vater die Lippen zusammenkniff. In dieser Beziehung waren sie sehr unterschiedlich.«
    »Aber Sie meinten doch, ihre Ähnlichkeit habe sie verraten?«
    Harry nickte. »Sie litten beide an derselben Krankheit.«
    »Sie sind Mörder.«
    Harry schüttelte den Kopf. »Nicht nur das, Skai. Ich meinte, dass beide an Gicht litten. Ihre Blutsverwandtschaft wurde heute Morgen bestätigt. Die DNA-Analyse der Fleischstückchen am Ofen und von Tony Leikes Haar beweisen, dass die beiden Vater und Sohn waren.«
    Skai nickte.
    »Ich wollte Ihnen jedenfalls noch mal für Ihre Unterstützung danken und sagen, wie leid es mir tut, dass es so ausgegangen ist. Björn Holm hat mich gebeten, einen schönen Gruß an Ihre Frau auszurichten, das wären die besten Frikadellen mit Rübenpüree gewesen, die er jemals gegessen hat.«
    Skai lächelte kurz. »Das finden die meisten. Selbst Tony mochte es.«
    »Aha?«
    Skai zog die Schultern hoch und zog ein Messer aus dem Futteral an seinem Gürtel.
    »Ich habe Ihnen ja erzählt, dass Mia ihr Herz an den Jungen gehängt hatte. Kurz nachdem er mit dem Messer über Ole hergefallen war, hat sie ihn zum Essen mit nach Hause gebracht. Ich war an diesem Tag nicht zu Hause. Meine Frau sagte nichts, als sie auftauchten, aber als ich später davon Wind bekam, gab es natürlich Ärger. Da sind ganz schön die Fetzen geflogen, Sie wissen schon, ein Mädchen in dem Alter, und dann auch noch verliebt. Blöd, wie ich war, hab ich damit zu argumentieren versucht, dass Tony gewalttätig ist. Ich hätte wissen müssen, dass sie sich dadurch nur noch vehementer auf seine Seite schlagen würde. Zwei gegen den Rest der Welt, sozusagen. Naja, man kennt das ja von den Frauen, die einen Briefwechsel mit verurteilten Mördern anfangen.«
    Harry nickte.
    »Mia wollte von zu Hause abhauen, sie wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt, hätte alles für ihn getan«, sagte Skai, schnitt die Schnur durch und holte den Rest ein. Harry sah die schlaffe Schnur abtreiben. »Hm. Ans Ende der

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