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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Gleiche auch mit dir tun.«
    »Und was, wenn ich nicht rauswill? Ich habe nicht noch mehr sterbende Väter, mit denen du mich locken könntest.«
    »Aber du liebst mich, Harry. Ich weiß, dass du mich liebst. Das ist doch Grund genug, nicht wahr?
Ich
bin Grund genug.«
    Harry streichelte ihr über die Haare und die Wangen, fing die Tränen mit den Fingern ein, führte sie zu seinem Mund und küsste sie.
    »Doch«, sagte er und lächelte traurig. »Du bist Grund genug.«
    Sie nahm seine Hand und küsste sie.
    »Nein«, flüsterte sie. »Sag nicht so was. Sag nicht, dass du genau deshalb gehen willst. Um mich nicht mit in die Tiefe zu ziehen. Ich werde dir bis ans Ende der Welt folgen, verstehst du das?«
    Er zog sie an sich und spürte, wie sich in ihm etwas löste. Wie ein Muskel, den er lange angespannt hatte, ohne sich dessen bewusst zu sein. Er ließ es zu, ließ sich fallen, und der Schmerz, den er in seinem Inneren gespürt hatte, schmolz dahin und verwandelte sich in etwas Warmes, das mit seinem Blut durch den Körper strömte und ihm Frieden gab. Das Loslassen war so befreiend, dass es ihm den Hals zuschnürte. Ein anderer Teil von ihm wünschte sich genau das, was er sich auch schon oben in dem Schneechaos in den Bergen gewünscht hatte.
    »Bis ans Ende der Welt«, flüsterte sie und atmete bereits schneller. Die Lichtkegel huschten immer weiter über die Decke.
KAPITEL 82
    Rot
    E s war noch immer dunkel, als Harry sich ans Bett seines Vaters setzte. Eine Schwester kam mit einer Tasse Kaffee herein, fragte, ob er schon gefrühstückt habe, und legte ihm eine Illustrierte auf den Schoß.
    »Sie müssen auch mal an etwas anderes denken, wissen Sie«, sagte sie, neigte den Kopf zur Seite und sah aus, als hätte sie ihm am liebsten über die Wange gestreichelt.
    Harry blätterte pflichtbewusst durch das Magazin, während sie sich um seinen Vater kümmerte. Auch die Regenbogenpresse widmete sich dem Fall. Bilder von Lene Galtung bei Theaterpremieren, Galadiners und in ihrem neuen Porsche. »Vermisse Tony« lautete die Überschrift, wobei diese Behauptung nicht mit Lenes Ausführungen, sondern durch Kommentare prominenter Freunde untermauert wurde. Es gab Bilder von dem Tor eines Hauses in London zu sehen, aber von Lene weit und breit keine Spur. Ein grobpixeliges Bild einer Frau vor der Credit Suisse in Zürich zeigte laut Redaktion Lene Galtung, und ihr Friseur hatte durchsickern lassen, dass sie ihn gebeten habe, ihr eine Dauerwelle zu machen und die Haare ziegelrot zu färben. Harry ging davon aus, dass er für diese Aussage fürstlich entlohnt worden war. Tony selbst wurde als verdächtig bezeichnet, wobei man eher das Gefühl hatte, es gehe um einen mittelgroßen, gesellschaftlichen Skandal und nicht um einen der grausamsten Mordfälle in der norwegischen Geschichte überhaupt.
    Harry stand auf, ging auf den Flur und rief Katrine Bratt an. Es war noch nicht einmal sieben Uhr morgens, aber sie war bereits auf den Beinen. Sie sollte die Klinik an diesem Tag verlassen. Und nach dem Wochenende wieder im Präsidium in Bergen anfangen. Er hoffte, dass sie es erst einmal ruhig anging. Wobei es kaum vorstellbar war, dass Katrine irgendetwas mit Ruhe anging.
    »Ein letzter Job?«, fragte Harry.
    »Und danach?«, fragte sie.
    »Dann verschwinde ich.«
    »Vermissen wird dich niemand …«
    »… mehr als ich?«
    »Da sagst du was, Schatz.«
    »Es geht um die Credit Suisse in Zürich. Ob Lene Galtung dort ein Konto hat. Sie soll einen Teil ihres Erbes vorab bekommen haben. Schweizer Banken sind harte Brocken, vermutlich brauchst du etwas Zeit.«
    »Kein Problem, allmählich habe ich es im Griff.«
    »Gut. Und dann möchte ich, dass du die Aktivitäten einer bestimmten Frau überprüfst.«
    »Lene Galtung?«
    »Nein.«
    »Nicht? Wie heißt das Tier dann?« Harry buchstabierte ihr den Namen.
    Um Viertel nach acht hielt Harry vor Galtungs Märchenschloss oben am Voksenkollen, wo bereits etliche andere Autos parkten. Durch die Regentropfen auf den Windschutzscheiben erkannte Harry die müden Gesichter der Paparazzi. Sie schienen schon die ganze Nacht dort zu warten. Harry klingelte und ging hinein.
    Die Frau mit den türkisfarbenen Augen blieb wartend im Eingang stehen.
    »Lene ist nicht da«, sagte sie.
    »Wo ist sie?«
    »An einem Ort, an dem die da sie nicht finden können«, sagte sie mit einem verächtlichen Blick auf die Autos draußen vor dem Haus. »Sie haben nach dem letzten Verhör versprochen, sie in Ruhe zu

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