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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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machte sich dabei aber so schwer wie möglich, so dass er sein eigenes Gewicht einsetzen musste und nach hinten taumelte, als sie plötzlich auf ihn zu aus dem Wagen sprang. Der Mann war überraschend dünn und vermutlich sogar etwas kleiner als sie selbst. Sie schlug mit dem Ellenbogen zu. Wusste, dass sie dort viel mehr Kraft hatte als mit der Faust. Dass der Hals, die Schläfe und die Nase gute Ziele waren. Der Ellenbogen traf etwas, das knackend zu Bruch ging. Der Mann fiel zu Boden und verlor das Gewehr aus den Händen. Kaja hob den Fuß. Sie wusste, dass man einen am Boden liegenden Mann am effektivsten außer Gefecht setzte, wenn man ihm auf den Oberschenkel trat. Das Zusammenwirken eines kräftigen Trittes auf die Schenkeloberseite und des plötzlichen Drucks des Bodens gegen die Beinunterseite rief augenblicklich so kräftige Blutungen in der großen Schenkelmuskulatur hervor, dass die Person niemals in der Lage sein würde, sich zu erheben und sie zu verfolgen. Alternativ konnte man auf Brust oder Hals treten, aber das konnte fatalere Folgen haben. Sie hatte den Blick auf den entblößten Hals des Mannes gerichtet, als sie im Mondlicht sein Gesicht erkennen konnte und den Bruchteil einer Sekunde zögerte. Er war kaum älter als Even.
    Dann spürte sie die Arme, die von hinten um sie gelegt wurden und ihre eigenen Arme an die Seiten ihres Körpers drückten. Die Luft wurde aus ihrer Lunge gepresst, als sie hochgehoben wurde und hilflos mit den Beinen strampelte. Tonys Stimme klang amüsiert, sein Mund war dicht an ihrem Ohr: »Gut, Kaja. Passion. Du willst leben. Ich werde dafür sorgen, dass man ihm seinen Lohn kürzt, versprochen.«
    Der Junge, der am Boden lag, rappelte sich auf und ergriff seine Waffe. Seine Gleichgültigkeit war verschwunden, blanke Wut schoss aus seinen Augen.
    Tony zog ihr die Hände auf den Rücken, dann strafften sich Kabelbinder um ihre Handgelenke.
    »So«, sagte Tony. »Dürfte ich Sie dann bitten, Lenes und mein Trauzeuge zu sein, Solness?«
    Und da war sie – endlich. Die Panik. Sie fegte ihr Gehirn leer und hinterließ alles blank, rein und grausam. Einfach. Sie schrie.
KAPITEL 89
    Weihe
    K aja stand am Kraterrand und blickte in die Tiefe. Die heiße Luft schoss hoch und blies ihr wie ein Föhn ins Gesicht. Ihr wurde bereits schwindelig in dem giftigen Rauch, wenn es nicht die flimmernde Hitze war, die ihren Blick vernebelte, die rotorange schimmernde Lava tief unten schien zu zittern. Eine Haarsträhne war ihr ins Gesicht gefallen, aber ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Sie stand Schulter an Schulter mit Lene Galtung, die, wie Kaja glaubte, betäubt worden sein musste, da sie benommen wie eine Schlafwandlerin zu Boden starrte. Eine weißgekleidete, lebendige Tote, in deren Innerem nur Kälte und Ödnis war. Eine Schaufensterpuppe im Brautkleid in dem leeren Fenster einer Seilerei.
    Tony stand direkt hinter ihnen. Sie spürte seine Hand an ihrem Rücken.
    »Willst du den, der hier neben dir steht, vor Gottes Angesicht zu deinem Mann nehmen und versprechen, ihn zu lieben und ihm die Treue zu halten in guten und in bösen Tagen …«, flüsterte er.
    Es geschehe nicht aus Grausamkeit, hatte er erklärt, sondern sei einfach nur praktisch. Es würde nichts von ihnen übrig bleiben, keine Spuren. Nicht einmal Fragen. Im Kongo verschwinden jeden Tag irgendwelche Menschen.
    »Dann erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau.«
    Kaja murmelte ein Gebet. Sie glaubte jedenfalls, dass es ein Gebet war. Bis sie ihre eigenen Worte hörte. »… weil es unmöglich ist, mit derjenigen zusammen zu sein, die ich liebe.«
    Die Worte aus Evens Abschiedsbrief.
    Ein Automotor brüllte hochtourig auf, und das Licht zweier Scheinwerfer huschte über den Himmel. Auf der anderen Seite des Kraters kam der Range Rover in Sicht. »Ah, da haben wir ja die anderen«, sagte Tony. »Winkt ihnen zu, Mädels.«
    Harry wusste nicht, welcher Anblick sich ihm bieten würde, als sie auf das Plateau oben am Krater fuhren. Kinzonzi hatte gesagt, Mister Tony sei neben den Mädchen nur in Begleitung des Fahrers. Beide seien mit automatischen Waffen ausgestattet.
    Unmittelbar bevor sie das Plateau erreichten, hatte Harry Saul gefragt, ob er ihn absetzen solle, aber dieser hatte abgelehnt. »Ich habe keine Familie mehr, Harry. Vielleicht stimmt es ja, dass Sie zu den Guten gehören. Außerdem haben Sie mich für den ganzen Tag bezahlt.«
    Sie fuhren bis zu einer Barriere weiter.
    Das Scheinwerferlicht

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