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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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sechste Etage fuhr, dachte sie an seine Worte: » … leichtfiel, Sie zu überreden« . Wie lange hatte Krongli eigentlich in der Tür gestanden und ihnen zugehört?
     
    Um ein Uhr klingelte das Telefon auf Kajas Schreibtisch.
    Es war Harry. »Ich habe endlich den Haftbefehl bekommen! Alles klar?«
    Sie spürte ihr Herz schneller schlagen. »Ja.«
    »Weste?«
    »Weste und Waffen.«
    »Für die Waffen ist das Einsatzkommando zuständig. Die sitzen unten vor der Garage in einem Wagen, du musst nur noch runterkommen. Und bring bitte den Haftbefehl mit, der liegt in meinem Postfach.«
    »Okay.«
    Zehn Minuten später fuhren sie in einem der blauen Zwölfsitzer des Einsatzkommandos Delta in westlicher Richtung durch das Zentrum von Oslo. Harry brachte sie auf den neuesten Stand, eine halbe Stunde zuvor hatte er in dem Gemeinschaftsbüro angerufen, in dem Leike sich eingemietet hatte, und man hatte ihm dort gesagt, Leike arbeite an diesem Tag zu Hause. Dann hatte er Leikes Festnetznummer gewählt und sofort wieder aufgelegt, als Leike sich meldete. Er war also zu Hause.
    Harry hatte explizit darum gebeten, dass Milano die Operation leitete. Ein dunkler, gedrungener Mann mit üppigen Augenbrauen, der seinem Namen zum Trotz aber keinen Tropfen italienisches Blut in seinen Adern hatte.
    Als sie durch den Ibsentunnel fuhren, huschte Licht in kleinen, reflektierenden Rechtecken über die Helme und Visiere der acht Polizisten, die in tiefe Meditation versunken zu sein schienen.
    Kaja und Harry saßen ganz hinten im Wagen. Harry trug eine schwarze Jacke mit gelbem Polizeischriftzug auf Brust und Rücken. Er hatte seinen Dienstrevolver hervorgeholt, um sich zu vergewissern, dass er vollständig geladen war.
    »Acht Männer vom Einsatzkommando plus Saftmixer«, sagte Kaja und spielte damit auf das Blaulicht auf dem Dach des Wagens an. »Ist das nicht ein bisschen übertrieben?«
    »Das ist Absicht«, sagte Harry. »Wenn publik werden soll, wer diese Festnahme vorgenommen hat, brauchen wir einen etwas höheren Partyfaktor als sonst.«
    »Ist was zur Presse durchgesickert?«
    Harry sah sie an.
    »Ich meine, wenn du Öffentlichkeit willst«, sagte sie. »Stell dir mal vor, der Promi Leike festgenommen wegen Mordes an Marit Olsen. Da kommt nicht mal die Geburt einer Prinzessin mit.«
    »Und was, wenn seine Verlobte da ist?«, fragte Harry. »Oder die Mutter? Sollen die auch live ins Fernsehen?« Er gab dem Revolver einen seitlichen Impuls, und die Trommel klickte wieder an ihren Platz.
    »Warum dann der Partyfaktor?«
    »Die Presse kommt anschließend«, sagte Harry. »Die werden die Nachbarn befragen, die Passanten und so weiter, und auf dem Weg erfahren, welch grandiose Show das war. Das reicht. Keine Unschuldigen betroffen, und wir kriegen trotzdem unsere Titelstory.«
    Als im nächsten Tunnel die Schatten über ihn huschten, musterte sie ihn verstohlen. Sie fuhren über Majorstua den Slemdalsveien bergauf und passierten Vinderen, als ihr auffiel, dass er mit gequälter, fast ungeschützter Miene aus dem Seitenfenster zur Straßenbahnhaltestelle schaute. Am liebsten hätte sie seine Hand genommen und etwas gesagt, um diesen Schmerz aus seinem Gesicht zu nehmen. Sie betrachtete seine Hand. Seine Finger umklammerten den Revolver, als hätten sie nur ihn. So durfte es nicht weitergehen, sonst würde etwas zu Bruch gehen, wenn es nicht längst zu Bruch gegangen war.
    Sie fuhren immer weiter bergan, und die Stadt breitete sich unter ihnen aus. Sie rollten über die Straßenbahnschienen, als es zu blinken begann und sich die Schranke hinter ihnen schloss.
    Dann waren sie im Holmenveien.
    »Wer kommt mit mir zur Tür, Milano?«, rief Harry nach vorn zum Beifahrersitz.
    »Delta drei und vier«, rief Milano zurück, drehte sich um und deutete auf einen Mann, der sich mit Kreide eine große Drei auf Brust und Rücken seines Overalls geschrieben hatte.
    »Okay«, sagte Harry. »Und der Rest?«
    »Zwei Mann auf jeder Seite des Hauses. Prozedur Dyke 1–4–5.«
    Kaja wusste, dass das ein Kürzel für die Vorgehensweise war. Wie beim American Football ging es darum, schnell und für den Gegner unverständlich zu kommunizieren, sollte es diesem gelingen, die Funkfrequenz abzuhören, die Delta nutzte. Ein gutes Stück vor Leikes Haus hielten sie an. Sechs Männer überprüf ten ihre MP-5 und sprangen aus dem Wagen. Kaja sah sie durch die großen Nachbargärten mit braunem, welkem Gras, kahlen Apfelbäumen und den hohen Hecken, die sie hier im

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