Leopard
Namen und ihre Adresse, und sogar die von Te-Ves Freundin. Der Tankstellenwärter hatte sie skeptisch angesehen und gefragt, ob es sein könne, dass er Truls schon mal auf einer der Überwachungskameras gesehen hätte, jedenfalls hätte er ziemliche Ähnlichkeit mit dem Burschen, der, kurz bevor der leerstehende Arbeitsschuppen auf dem Manglerud-Grundstück abgefackelt worden war, einen Kanister Benzin gestohlen hatte. Mikael hatte lediglich erwidert, dass er keine Belohnung für die Information verlange. Er wolle nur, dass die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen würden. Er sei überzeugt davon, dass der Tankstellenbesitzer sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sei. Der erwachsene Mann hatte verdutzt genickt.
Mikael hatte diese Wirkung auf andere Leute.
Als sie gingen, erzählte Mikael Truls, dass er sich an der Polizeihochschule beworben habe und dass Beavis sich das auch überlegen solle, immerhin gäbe es ja sogar Polizisten in seiner Familie.
Kurze Zeit später war Mikael mit Ulla zusammengekommen, woraufhin sie sich nicht mehr so häufig gesehen hatten. Aber nach der weiterführenden Schule und der Polizeischule hatten sie beide einen Job in derselben Polizeidienststelle in Stovner bekommen, in einem ordentlichen Stadtteil im Nordosten von Oslo mit Bandenkriminalität, häuslicher Gewalt und manchmal sogar einem Mord. Ein Jahr später war Mikael mit Ulla verheiratet und Truls’ oder Beavis’ Chef, wie er von Tag drei an genannt wurde. Die Zukunft hatte gut ausgesehen für Truls, und mehr als gut für Mikael. Bis so ein dummes Arschloch aus der Lohnabteilung Bellman beschuldigte, ihm nach der Weihnachtsfeier den Kiefer gebrochen zu haben. Es gab keine Beweise, und Truls wusste definitiv, dass Mikael es nicht gewesen war. Trotzdem beantragte Mikael die Versetzung und bekam einen Job bei Europol, zog in das Hauptbüro in Den Haag und stieg schnell als Stern am Himmel von Europol auf.
Als Mikael zurück nach Norwegen und ins Kriminalamt kam, hatte er sich gleich bei Truls gemeldet. Mit seinem zweiten Anruf. »Beavis, bist du bereit, wieder Ratten zu sprengen?«
Mit seinem ersten Anruf hatte er Jussi eingestellt.
Jussi Kolkka beherrschte ein halbes Dutzend Kampftechniken, deren Namen man schon wieder vergessen hatte, bevor man sie zu Ende ausgesprochen hatte. Er hatte vier Jahre für Europol gearbeitet und war davor Polizist in Helsinki gewesen. Jussi Kolkka musste Europol verlassen, weil er bei den Ermittlungen in einer Vergewaltigungsserie an Teenagerinnen in Südeuropa zu weit gegangen war. Kolkka hatte einen der Vergewaltiger so gründlich in die Mangel genommen, dass selbst dessen Anwalt Probleme hatte, ihn wiederzuerkennen. Viel weniger Probleme hatte dieser Anwalt dann aber damit, Europol mit einer Klage zu drohen.
Truls hatte versucht, Jussi weitere Details zu entlocken, aber der hatte ihn nur stumm angeglotzt. Doch auch Truls hatte gelernt, dass es sich lohnte zu schweigen. Je weniger man sagte, desto größer die Chance, dass die Leute einen unterschätzten. Was zwischendurch nicht das Schlechteste war. Wie auch immer. An diesem Abend hatte er Grund zum Feiern, hatten doch Mikael, seine Wenigkeit, Jussi und das Kriminalamt den Sieg davongetragen. Und da Mikael selber nicht vor Ort gewesen war, konnten sie das Ruder übernehmen.
»Klappe!«, rief Truls und zeigte auf den Fernseher, der an der Wand über dem Tresen des Justisen hing. Er hörte sein eigenes, nervös schnorchelndes Lachen, als die Kollegen tatsächlich taten, was er sagte. Es wurde still an den Tischen und am Tresen. Alle starrten den Nachrichtensprecher an, der direkt in die Kamera schaute, als er verkündete, worauf sie alle gewartet hatten:
»Das Kriminalamt hat heute einen Mann verhaftet, der des fünffachen Mordes verdächtigt wird, unter anderem an Marit Olsen.«
Bierhumpen wurden geschwungen, und Jubel brach los, der die Fortsetzung übertönte, bis eine dunkle Stimme mit finnischschwedischem Akzent brüllte: »Ruhe jetzt!«
Die Kripos-Leute gehorchten und richteten ihre Aufmerksamkeit auf Mikael Bellman, der mit einem zotteligen Mikrophon vor ihrem Dienstgebäude in Bryn stand.
»Der Verdächtige wird vom Kriminalamt vernommen und danach dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden«, sagte Mikael Bellman.
»Wollen Sie damit sagen, dass die Polizei den Fall gelöst hat?«
»Es sind zwei verschiedene Dinge, den Schuldigen zu finden und ihn zu verurteilen«, sagte Bellman mit einem winzigen Lächeln im
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