Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
unter seinen dunklen Locken wie ein Polizist aussah.
    »Sagen Sie Bescheid, wenn Sie Hilfe brauchen«, rief ein anderer, der an seinem Tisch saß.
    Erst drei Minuten später, als Celine Dion in voller Lautstärke aus den Lautsprechern dröhnte und die Gespräche wieder in Gang gekommen waren, wagte Truls sich vor. Er stellte den Fuß auf den Hunderter und schob ihn unter seiner Sohle zum Tresen.
    Harry füllte die Lungen mit Luft. Und kotzte. Einmal, zweimal. Fiel wieder in sich zusammen. Die Kälte des Asphalts drang durch alle Kleiderlagen, und er presste sich so schwer gegen die Seite seines Körpers, als würde Harry ihn tragen und nicht auf ihm liegen. Auf der Innenseite seiner Augenlider tanzten blutrote Flecken und schwarze, sich windende Schlangen.
    »Hole?«
    Harry hörte es, wollte aber nicht zeigen, dass er wach war. Er fürchtete Tritte. Also hielt er die Augen geschlossen.
    »Hole?« Die Stimme kam näher, und er spürte eine Hand auf der Schulter.
    Harry wusste, dass der Alkohol seine Reaktionsgeschwindigkeit und seine Treffsicherheit beeinträchtigte, tat es aber trotzdem. Er schlug die Augen auf, wälzte sich herum, zielte auf den Kehlkopf und kippte zur Seite, nachdem er sein Ziel um fast einen halben Meter verfehlt hatte.
    »Ich besorg Ihnen ein Taxi«, sagte die Stimme.
    »Verdammt, nein«, stöhnte Harry. »Hau ab, du Ratte.«
    »Ich bin nicht vom Kriminalamt«, sagte die Stimme. »Ich heiße Krongli. Ich bin der Polizist aus Ustaoset.«
    Harry drehte sich um und sah zu ihm hoch.
    »Ich bin nur ein bisschen betrunken«, sagte Harry heiser und versuchte, gleichmäßig zu atmen, um die Stiche im Magen so weit zu beruhigen, dass er sich nicht noch einmal übergeben musste. »Keine Gefahr.«
    »Ich auch.« Krongli grinste und legte sich Harrys Arm um die Schulter. »Und wenn ich ehrlich sein soll, hab ich keine Ahnung, wo man hier ein Taxi kriegt. Können Sie aufstehen?«
    Harry zog erst das eine, dann das andere Bein an, blinzelte ein paarmal und stellte fest, dass er sich wieder in der Senkrechten befand, in den Armen eines Polizisten aus Ustaoset.
    »Wo schlafen Sie heute Nacht?«, fragte Krongli.
    Harry sah den Polizisten schräg von der Seite an. »Zu Hause. Und am liebsten alleine, wenn das für dich okay ist.«
    In diesem Augenblick hielt ein Polizeiwagen vor ihnen. Das Seitenfenster wurde heruntergelassen. Harry hörte den letzten Rest eines Lachens und dann eine ruhige Stimme.
    »Harry Hole, Morddezernat?«
    »Hier«, sagte Harry seufzend.
    »Wir haben eben einen Anruf von einem Ermittler des Kriminalamtes bekommen. Man hat uns gebeten, hierherzukommen und dafür zu sorgen, dass Sie sicher nach Hause kommen.«
    »Dann mach schon die Tür auf!«
    Harry ließ sich auf den Rücksitz fallen, lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze und schloss die Augen. Sofort begann sich alles zu drehen, aber das war ihm lieber, als mitzubekommen, wie die beiden auf den vorderen Sitzen ihn anstarrten. Krongli gab ihnen eine Nummer, unter der sie ihn kurz anrufen sollten, wenn »Harry« gut zu Hause gelandet war. Bildete der Kerl sich ein, sein Freund zu sein? Harry hörte den elektrischen Fensterheber, gefolgt von einer angenehmen Stimme.
    »Wo wohnen Sie, Hole?«
    »Fahren Sie einfach los«, sagte Harry. »Wir wollen jemanden besuchen.«
    Als Harry merkte, dass der Wagen losrollte, schlug er die Augen auf, drehte sich um und sah Aslak Krongli auf dem Bürgersteig in der Møllergata stehen.

KAPITEL 4 3
     
    Hausbesuch
     
    K aja lag auf der Seite und starrte in die Dunkelheit ihres Schlafzimmers. Sie hatte das Gartentor gehört und Schritte auf dem Kies vor dem Haus. Sie hielt die Luft an und wartete. Da klingelte es. Sie glitt aus dem Bett, zog ihren Bademantel an und trat ans Fenster, als es erneut klingelte. Sie spähte durch den Gardinenspalt. Und seufzte.
    »Betrunkener Polizist«, sagte sie laut in den Raum.
    Sie schob ihre Füße in die Pantoffeln, schlurfte in den Flur und zur Tür. Machte sie auf und baute sich mit verschränkten Armen auf der Schwelle auf.
    »Hallo, Schnuppe«, lallte der Polizist. Kaja musste spontan an einen dummen Sketch denken, wusste aber, dass der Mann vor ihr das traurige Original war.
    »Was verschlägt Sie denn so spät hierher?«, fragte Kaja.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Nein.«
    »Aber Sie haben doch gesagt, ich solle mich melden, wenn es mir zu einsam wird. Und jetzt ist es mir zu einsam.«
    »Aslak Krongli«, sagte sie. »Ich hab schon geschlafen. Fahren Sie in Ihr

Weitere Kostenlose Bücher