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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Hotel. Wir können morgen Vormittag einen Kaffee zusammen trinken.«
    »Ich glaube, ich könnte jetzt einen Kaffee gebrauchen. Zehn Minuten, dann rufen wir ein Taxi, okay? Wir können uns ja so lange über Morde und Serienmörder unterhalten. Was sagen Sie dazu?«
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich bin nicht allein.«
    Krongli richtete sich so abrupt auf, dass Kaja vermutete, dass er gar nicht so betrunken war, wie er auf den ersten Blick wirkte.
    »Aha. Ist er hier, der Polizist, an den Sie Ihr Herz gehängt haben?«
    »Vielleicht.«
    »Sind das seine?«, fragte Krongli langsam und trat gegen die großen Schuhe, die neben der Fußmatte standen.
    Kaja antwortete nicht, ihr war aber aufgefallen, dass in seiner Stimme ein Unterton war, den sie vorher noch nicht bemerkt hatte. Wie ein niederfrequentes, kaum hörbares Knurren.
    »Oder haben Sie die Schuhe nur zur Abschreckung auf die Treppe gestellt?« Weinen und Lachen im Blick. »Hier ist doch niemand, stimmt’s, Kaja?«
    »Hören Sie, Aslak …«
    »Der Polizist, von dem Sie erzählt haben, dieser Harry Hole, ist heute Abend nämlich aus dem Verkehr gezogen worden. Ist im Kriminalamt aufgekreuzt, voll wie tausend Russen, und hat um Prügel gebeten, die er dann auch gekriegt hat. Ein Streifenwagen hat ihn aufgelesen und nach Hause gebracht. Damit dürften Sie heute Abend ja wohl freihaben, oder?«
    Ihr Herz schlug schneller, und sie fror plötzlich nicht mehr in ihrem dünnen Bademantel.
    »Und wenn sie ihn nun hierher gefahren haben?«, sagte sie und hörte, dass auch ihre Stimme verändert klang.
    »Verdammt, das haben sie nicht. Sie haben mich nämlich angerufen und mir erzählt, dass sie ihn irgendwo oben auf einen Berg kutschiert haben, weil er da jemand besuchen wollte. Im Reichshospital. Sie haben versucht, ihn davon abzuhalten, aber er ist einfach vor einer roten Ampel aus dem Wagen gesprungen und abgehauen. Ich mag den Kaffee stark, okay?«
    Seine Augen funkelten so intensiv wie Evens, wenn es ihm nicht gutging.
    »Aslak, gehen Sie jetzt bitte. Im Kirkeveien stehen Taxis.«
    Seine Hand schoss nach vorne, ehe sie reagieren konnte. Er packte sie am Arm und schob sie in den Flur. Sie versuchte, sich zu befreien, aber er schlang den Arm um sie und hielt sie fest.
    »Bist du genau wie sie?«, zischte seine Stimme dicht an ih rem Ohr. »Dich verziehen, abhauen? So wie ihr alle, verdammte …«
    Sie stöhnte und wand sich, aber er war zu stark.
    »Kaja!«
    Die Stimme kam aus dem Schlafzimmer, dessen Tür offen stand. Eine resolute, autoritäre Männerstimme, die Krongli unter anderen Umständen sicher wiedererkannt hätte. Schließlich hatte er sie erst vor gut einer Stunde im Kriminalamt gehört.
    »Was geht da vor, Kaja?«
    Krongli hatte bereits losgelassen und starrte sie mit großen Augen an. Sein Mund stand offen.
    »Nichts«, sagte Kaja, ohne Krongli aus den Augen zu lassen. »Bloß ein besoffener Bauer aus Ustaoset, der gerade gehen will.«
    Krongli trat stumm den Rückzug an, öffnete die Tür, schlüpfte hinaus und schlug sie hinter sich zu. Kaja schloss eilig ab und legte die Stirn an das kalte Holz. Am liebsten hätte sie geweint. Nicht aus Angst oder Schock, sondern aus Verzweiflung. Weil alles um sie herum einstürzte. Weil alles, was sie bis dahin für gut und richtig gehalten hatte, sich plötzlich in seinem wahren Licht zeigte. Vermutlich tat es das schon lange, aber sie hatte es nicht sehen wollen. Even hatte recht gehabt: Nichts ist, wie es scheint, und das meiste, sah man einmal von aufrichtigem Verrat ab, war Lüge und Betrug. Der Tag, an dem wir feststellen, dass wir auch nicht anders sind, ist der Tag, an dem wir nicht mehr leben wollen.
    »Kommst du, Kaja?«
    »Ja.«
    Kaja stieß sich von der Tür ab, durch die sie am liebsten davongelaufen wäre, und ging zurück ins Schlafzimmer.
    Das Mondlicht fiel durch den Gardinenspalt auf das Bett, die zur Feier des Tages mitgebrachte Champagnerflasche, seinen nackten, durchtrainierten Oberkörper und auf sein Gesicht, das für sie einmal das schönste auf der ganzen Welt gewesen war. Die weißen Pigmentflecken schimmerten wie phosphoreszierende Farbtupfer. Als würde er irgendwie von innen glühen.

KAPITEL 44
     
    Der Anker
     
    K aja blieb in der Tür des Schlafzimmers stehen und sah ihn an. Mikael Bellman. Für alle Übrigen ein tüchtiger, ambitionierter Kriminaloberkommissar, glücklich verheirateter Vater von drei Kindern und bald Leiter der Kripo gigantus, die alle Mordfälle des Landes

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