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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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unmittelbarer Nähe der beiden noch verbliebenen Zeitungen in der Akersgata – VG und Dagbladet – und fungierte beinahe als eine Art Kantine dieser beiden Häuser, trotzdem hielten sich vorläufig nur zwei Personen im Gastraum auf. Der Barkeeper hinter dem Tresen und ein Mann an einem Tisch im hinteren Teil des Lokals. Über ihm hing ein Regal mit Gyldendal-Klassikern und einem alten Radio, das dem Ort vermutlich eine gewisse Patina verleihen sollte.
    Dieser Mann war Bent Nordbø. Er hatte John Gielguds arrogantes Aussehen, John Majors Panoramabrille und Larry Kings Hosenträger. Und er las eine echte Zeitung, ein gedrucktes Exemplar. Roger hatte gehört, dass Nordbø lediglich die New York Times, die Financial Times, den Guardian, die China Daily, die Süddeutsche Zeitung, El País und Le Monde las, diese dafür aber jeden Tag. Manchmal brach er auch mit dieser Gewohnheit und warf zusätzlich noch einen Blick in die Prawda oder die slowenische Dnevnik , betonte aber, dass die osteuropäischen Sprachen mühsam für die Augen seien.
    Gjendem blieb vor dem Tisch stehen und räusperte sich. Bent Nordbø las die letzten Zeilen eines Artikels über die Revitalisierung eines ehemals baufälligen Teils der Bronx durch mexikanische Einwanderer zu Ende und warf dann noch einen kurzen Blick auf die nächste Seite, um sich zu vergewissern, dass sich dort nicht noch ein interessanter Artikel fand. Anschließend nahm er seine enorme Brille ab, zog ein Taschentuch aus der Brusttasche seiner Tweedjacke und sah zu dem nervösen und noch immer leicht atemlosen Mann auf, der an seinem Tisch Stellung bezogen hatte.
    »Roger Gjendem, nehme ich an?«
    »Ja.«
    Nordbø faltete die Zeitung zusammen. Gjendem war gesagt worden, er solle das Gespräch als beendet betrachten, wenn Nordbø die Zeitung wieder aufschlug. Nordbø legte den Kopf etwas zur Seite und widmete sich der nicht ganz unbedeutenden Aufgabe, seine Brille zu putzen.
    »Sie arbeiten jetzt schon seit vielen Jahren an Kriminalfällen und kennen die Leute des Kriminalamts und des Morddezernats recht gut, nicht wahr?«
    »Äh … ja.«
    »Mikael Bellman, was wissen Sie über ihn?«
     
    Harry blinzelte in die Sonne, die ins Zimmer strömte, und kniff die Augen zu. Er war gerade aufgewacht und brauchte ein paar Sekunden, um die Träume abzuschütteln und in die Wirklichkeit zurückzufinden.
    Sie hatten die Schüsse gehört.
    Und beim ersten Spatenstich den Skistock entdeckt.
    Später hatten sie ihm erzählt, ihre größte Angst sei gewesen, von ihm getroffen zu werden, während sie sich zum Schornstein durchgruben.
    Harrys Kopf schmerzte wie nach einer Woche Delirium. Er schwang die Beine aus dem Bett und sah sich in dem Zimmer um, das er im Gebirgshotel in Ustaoset genommen hatte.
    Kaja und Kolkka waren mit dem Helikopter nach Oslo ins Reichshospital transportiert worden. Harry selbst hatte sich geweigert, doch erst als er zu einer Notlüge gegriffen und behauptet hatte, er habe die ganze Zeit über genug Luft verfügt, hatten sie ihn gewähren lassen.
    Im Bad steckte Harry den Kopf unter den Wasserhahn und trank. »Wasser ist nie verkehrt und meistens sogar richtig gut.« Das hatte Rakel immer beim Essen gesagt, wenn sie wollte, dass Oleg sein Glas austrank. Er schaltete sein Handy zum ersten Mal ein, seit sie zur Håvasshütte aufgebrochen waren. Er hatte Empfang und entdeckte eine Sprachnachricht. Harry hörte sie ab, konnte aber nur ein Räuspern oder Lachen erkennen, bevor die Verbindung unterbrochen wurde. Er überprüfte die Nummer des Anrufers. Es war eine Handynummer, die er nicht zuordnen konnte, obgleich sie ihm irgendwie bekannt vorkam. Das Krankenhaus war es jedenfalls nicht. Der Betreffende würde sich schon wieder melden, wenn es wichtig war.
    Im Frühstücksraum wartete Mikael Bellman wie eine einsame Majestät mit einer Tasse Kaffee. Vor ihm lag eine gelesene, zusammengefaltete Zeitung. Harry brauchte keinen Blick hineinzuwerfen, um zu wissen, was darin stand. Es ging sicher wieder seitenweise um den Fall und um die Hilflosigkeit der Polizei, wodurch der Druck noch weiter erhöht wurde. Dabei dürfte die Morgenausgabe noch nichts von Jussi Kolkkas Tod erfahren haben.
    »Kaja geht es gut«, sagte Bellman.
    »Hm. Wo sind die anderen?«
    »Die sind mit dem Morgenzug nach Oslo gefahren.«
    »Und Sie nicht?«
    »Ich wollte auf Sie warten. Was meinen Sie?«
    »Wozu?«
    »Die Lawine. Ist die einfach so abgegangen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Nicht? Haben Sie das Dröhnen

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