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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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eigentlich klar, dass jemand in diesem Raum sieben oder acht Morde geplant hat, die dann auch ausgeführt wurden? Wir sind deshalb sehr gespannt, ob dort eventuell noch Spuren zu finden sind, die uns helfen könnten, diesen sehr, sehr gefährlichen Mann zu stoppen. Habe ich mich verständlich genug ausgedrückt?«
    Der Feuerwehrmann richtete sich auf. Räusperte sich. » PSG ist extrem …«
    »Hören Sie, wir fragen Sie nach dem Resultat, nicht nach der Ursache.«
    Die Gesichtsfarbe des Feuerwehrmanns war nicht nur der Hitze des brennenden PSG geschuldet. »Ausgebrannt. Komplett ausgebrannt. Papiere, Möbel, PC , alles.«
    »Danke, Chef«, sagte Harry.
    Die zwei Polizisten sahen dem Feuerwehrmann hinterher, der sich entfernte.
    » Mein Kriminaltechniker?«, wiederholte Holm und zog eine Grimasse, als hätte er gerade etwas Ekliges verschluckt.
    »Das sollte sich auch ein bisschen nach Chef anhören.«
    »Tut gut, jemandem in die Eier zu treten, wenn es einen grad selbst erwischt hat, was?«
    Harry nickte und schlang die Wolldecke fester um sich. »Er hat ›ausgebrannt‹ gesagt, hab ich das richtig verstanden?«
    »Ausgebrannt, ja. Wie fühlst du dich?«
    Harry starrte missmutig auf den Rauch, der aus den Fabrikfenstern in das Licht der Feuerwehrscheinwerfer quoll.
    »Wie frisch genagelt in Nydalen«, antwortete er und kippte den Rest kalten Kaffee aus.
     
    Harry hatte das Fabrikgelände gerade erst verlassen und stand an einer Ampel in der Uelandsgate, als Bjørn Holm anrief.
    »Die Rechtsmedizin hat den Spermafleck auf Adeles Skihose analysiert. Wir haben ein DNA -Profil.«
    »So schnell?«, sagte Harry.
    »Okay, ein unvollständiges, aber genug, um mit 93-prozentiger Sicherheit von einer Übereinstimmung auszu gehen.«
    Harry richtete sich in seinem Sitz auf.
    Übereinstimmung. Das schönste aller Wörter. Vielleicht war der Tag ja doch noch zu retten.
    »Jetzt sag schon!«, sagte Harry.
    »Du musst lernen, die Kunstpausen auszukosten«, sagte Holm.
    Harry stöhnte.
    »Okay, okay. Sie haben das passende DNA -Profil in den Haaren aus Tony Leikes Haarbürste gefunden.«
    Harry starrte vor sich hin.
    Tony Leike hatte Adele Vetlesen in der Håvasshütte vergewaltigt.
    Damit hatte Harry nicht gerechnet. Tony Leike? Er konnte sich Leike als Gewalttäter vorstellen, hatte aber Mühe, in ihm einen Mann zu sehen, der eine Frau vergewaltigte, die mit einem anderen Mann zusammen auf der Hütte war. Laut Elias Skog hatte er ihr den Mund zugehalten und sie in das Klohäuschen gezerrt. War es am Ende vielleicht doch keine Vergewaltigung gewesen?
    Und plötzlich – schlagartig – passte alles zusammen.
    Harry sah es ganz klar vor sich.
    Es war keine Vergewaltigung. Und genau das war das Motiv.
    Die Autos hinter ihm hupten. Die Ampel war auf Grün umgesprungen.

KAPITEL 67
     
    Hechtangeln
     
    E s war Viertel vor acht, und dem Tag fehlten noch alle Farben und Kontraste. Das graue Morgenlicht zeigte die Landschaft in einer körnigen Schwarzweißversion, als Harry neben dem einzigen anderen Fahrzeug in Vøyentangen parkte und zu dem schwimmenden Anlegesteg hinunterschlenderte. Dorfpolizist Skai stand mit einer Angelrute in der Hand und einer Zigarette im Mundwinkel an der äußeren Stegkante. Nebelschwaden hingen wie Wattebäusche über den Spitzen des Schilfgrases, das aus der schwarzen, ölig glatten Wasserfläche ragte.
    »Hole«, sagte Skai, ohne sich umzudrehen. »So früh auf den Beinen?«
    »Ihre Frau hat gesagt, dass ich Sie hier finde.«
    »Jeden Morgen von sieben bis acht. Die einzige Möglichkeit, meine Gedanken zu sortieren, bevor der Stress losgeht.«
    »Schon was gefangen?«
    »Nichts. Aber dahinten im Schilf verstecken sich die dicken Hechte.«
    »Kommt mir bekannt vor. Befürchte, der Stress geht heute für Sie etwas früher los. Es geht um Tony Leike.«
    »Tony, ja. Der Hof seines Großvaters liegt in Rustad, am Ostufer des Lyseren.«
    »Sie kannten ihn gut?«
    »Das ist hier ein kleiner Flecken, Hole. Mein Vater und der alte Leike waren gute Bekannte, und Tony war jeden Sommer bei ihm.«
    »Wie haben Sie ihn in Erinnerung?«
    »Na ja. Witziger Typ. Tony war beliebt. Besonders bei den Frauen. Er hatte Charme, war ein bisschen wie Elvis und gab sich immer ein wenig geheimnisvoll. Es hieß, er wäre allein bei seiner unglücklichen, alkoholkranken Mutter aufgewachsen, bis sie ihn rausgeschmissen hat, weil der Mann, mit dem sie zusammen war, ihn nicht leiden konnte. Aber die Frauen hier haben ihn angeschmachtet.

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