Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
Und er sie. Damit hat er sich mitunter ziemlichen Ärger eingehandelt.«
    »Zum Beispiel, als er Ihrer Tochter nachgestellt hat?«
    Skai zuckte zusammen, als hätte ein Fisch angebissen.
    »Ihre Frau«, sagte Harry. »Ich hab sie nach Tony gefragt, und da hat sie gleich erzählt, dass Tony und dieser Junge aus der Gegend sich um Ihre Tochter geprügelt haben.«
    Skai schüttelte den Kopf. »Das war keine Schlägerei, das war das reinste Schlachtfest. Armer Ole, er hatte sich eingebildet, er und Mia wären ein Paar, weil er verliebt in sie war und mit ihr und ihren Freundinnen in die Disco hatte gehen dürfen. Er war kein Raufbold. Ole war gut in der Schule. Aber er ist auf Tony losgegangen. Und der hat Ole zu Boden gestreckt, das Messer gezogen und … Das war wirklich furchtbar, wir sind so was hier draußen nicht gewohnt.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Er hat ihm die halbe Zunge abgeschnitten, sie in die Tasche gesteckt und ist weggegangen. Wir haben Tony eine halbe Stunde später bei seinem Großvater aufgegriffen und darauf gedrängt, dass die Zunge so schnell wie möglich in den Operationssaal gebracht werden müsse, aber Tony sagte nur, er habe sie den Krähen hingeworfen.«
    »Was ich Sie eigentlich fragen wollte: Haben Sie Tony mal der Vergewaltigung verdächtigt? In diesem speziellen Fall oder irgendwann sonst?«
    Skai holte rasch Schnur ein.
    »Lassen Sie es mich so sagen, Hole. Mia wurde nie wieder das alte, fröhliche Mädchen. Sie wollte diesen Verrückten noch immer, natürlich, so sind die Mädels eben in dem Alter. Und Ole zog weg. Jedes Mal, wenn er den Mund aufmachte, wurden er und die anderen an die grauenvolle Demütigung erinnert. Doch, ja, ich würde sagen, dass Tony Leike ein Vergewaltiger ist. Aber ich glaube nicht, dass er jemanden sexuell missbrauchen würde. Denn sonst hätte er das sicher auch schon bei Mia versucht, um es mal so auszudrücken.«
    »Sie …?«
    »Sie waren im Wäldchen hinter der Disco. Sie hat Tony nicht rangelassen. Und er hat es akzeptiert.«
    »Sind Sie da ganz sicher? Entschuldigen Sie, dass ich das fragen muss, aber es ist …«
    Der Haken schoss aus dem Wasser und flog im ersten, horizontalen Sonnenstrahl des Tages aufblitzend auf sie zu.
    »Schon in Ordnung, Hole. Ich bin Polizist. Ich weiß, was Sie tun müssen. Mia ist ein anständiges Mädchen, sie lügt nicht. Schon gar nicht im Zeugenstand. Sie können den Bericht einsehen, wenn Sie mehr Details brauchen. Ich möchte nur nicht, dass Mia noch einmal darüber reden muss.«
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte Harry. »Ich danke Ihnen.«
     
    Harry hatte die Anwesenden im Sitzungszimmer Odin darüber informiert, dass die Person, deren Arm er unter dem Scooter gesehen hatte und die trotz intensivster Suche noch nicht gefunden worden war, Tony Leikes gichtgekrümmten Finger gehabt hatte. Danach hatte er ihnen seine Theorie dargelegt. Nun lehnte er sich zurück und wartete auf Reaktionen.
    Der Pelikan musterte Harry über den Brillenrand hinweg, wandte sich aber an das gesamte Team.
    »Wollen Sie damit sagen, Adele hätte aus eigenen Stücken mitgemacht? Sie hat um Hilfe geschrien, verdammt!«
    »Der Gedanke, dass sie vergewaltigt worden sein könnte, ist Elias Skog erst später gekommen«, sagte Harry. »Sein erster Gedanke war, dass er zwei Menschen vor sich hatte, die freiwillig miteinander Sex hatten.«
    »Aber eine Frau, die einen Mann mit auf eine Hütte nimmt, hat nicht Sex mit einem Typen, der zufällig nachts dort aufkreuzt! Muss man wirklich eine Frau sein, um das zu begreifen?!« Sie fauchte und erinnerte Harry mit ihren neuen, ebenso aufsehenerregenden wie unkleidsamen Dreadlocks an eine rasende Medusa. Ihr antwortete Harrys Nebenmann.
    »Glaubst du wirklich, du wärst automatisch kompetenter, die sexuellen Vorlieben der halben Weltbevölkerung einzuschätzen, nur weil du eine Frau bist?« Ærdal hörte auf, seinen frischgereinigten kleinen Fingernagel zu studieren. »Wir haben doch gehört, dass Adele Vetlesen ihre Partner ziemlich häufig und spontan gewechselt hat. Und dass sie sich mitten in der Nacht auf Sex in einer stillgelegten Fabrik eingelassen hat, mit einem Mann, den sie kaum kannte.«
    Ærdal senkte die Hand, begann mit der Reinigung des Ringfingernagels und murmelte so leise, dass nur Harry es verstehen konnte: »Außerdem hab ich mehr Frauen gevögelt als du, blöde Schnepfe.«
    »Tony hatte eine Schwäche für Frauen. Und sie für ihn«, sagte Harry. »Tony kam spät in der Hütte an,

Weitere Kostenlose Bücher