Leopard
und wollte nicht laut spekulieren. Gicht ist ziemlich verbreitet.«
Bellmans Blick ruhte eine Weile auf Harry, ehe er sich an den Rest der Gruppe wandte.
»Wir haben einen Verdächtigen, Leute. Wer möchte ihn taufen?«
»Der siebte Mann«, sagte Ærdal.
»Der Kavalier«, entschied der Pelikan.
Einige Sekunden herrschte vollkommene Stille, als müsse das ans Licht Gekommene erst einmal verdaut werden.
»Ich bin keine taktische Ermittlerin«, sagte Beate Lønn, und alle im Raum Anwesenden wussten, dass Beate Lønn sich grundsätzlich zu nichts äußerte, mit dem sie sich nicht gründlich beschäftigt hatte. »Aber wird wirklich keiner von euch stutzig? Leike hatte ein Alibi für die Morde, aber was ist mit all den Spuren, die in seine Richtung weisen? Zum Beispiel der Anruf von seinem Festnetzanschluss auf Elias Skogs Telefon? Oder die Mordwaffe, die im Kongo beschafft wurde? Genau in der Gegend, in der Leike ein wirtschaftliches Projekt laufen hat? Zufall?«
»Nein«, sagte Harry. »Der Kavalier hat uns vom ersten Tag an zu Tony Leike als Mörder geführt. Der Kavalier hat Juliana Verni bezahlt, damit sie in den Kongo fliegt, weil er wusste, dass jede Spur, die dorthin führt, unweigerlich mit Tony Leike in Verbindung gebracht wird. Und was das Telefonat mit Elias Skog von seinem Hausanschluss angeht, habe ich heute etwas überprüft, was wir schon längst hätten überprüfen sollen, was wir aber versäumt haben, weil wir uns dem Ziel ganz nah glaubten und unser eigenes Beweismaterial nicht schwächen wollten. Etwa zu dem Zeitpunkt, als der Anruf von Leikes Wohnung getätigt wurde, gingen drei Anrufe von Leikes Direktdurchwahl in der Bürogemeinschaft in Aker Brygge raus. Irgendwelche Einwände?«
Stumme, aber wache Gesichter.
»Soll das heißen, der Kavalier hat Elias Skog von Leikes Wohnung aus angerufen?«, fragte der Pelikan. »Wie …«
»Als Leike mich im Polizeipräsidium aufsuchte, erwähnte er, dass wenige Tage vorher seine Kellertür aufgebrochen worden war. Das würde zeitlich genau mit dem Anruf bei Skog übereinstimmen. Der Einbrecher entwendete ein Fahrrad, um das Ganze als gewöhnlichen Einbruch zu tarnen, der so harmlos war, dass wir ihn zwar aufnehmen würden, aber mehr auch nicht. Leike wusste genau, dass wir nichts gegen diese Art von Einbrüchen unternehmen, und hat ihn deshalb nicht einmal angezeigt. Damit hatte der Kavalier ein unwiderlegbares Indiz gegen Leike geschaffen.«
»So ein aalglatter Typ«, platzte der Pelikan heraus.
»Ich kaufe die Erklärung für das Wie «, sagte Beate Lønn. »Aber was ist mit dem Warum ? Warum jeden Verdacht auf Tony Leike lenken?«
»Weil ihm klar war, dass wir früher oder später die Mordopfer mit der Håvasshütte in Verbindung bringen«, sagte Harry. »Womit sich die Zahl der Verdächtigen verringern und die in dieser Nacht Anwesenden ins Rampenlicht geraten würden. Es gibt zwei Gründe, warum er die Seite aus dem Gästebuch herausgerissen hat. Nummer eins, weil so er und nicht wir die Na men der Schlafgäste hatte und er sie in aller Ruhe ausfindig machen und töten konnte, ohne dass wir ihn daran hinderten. Nummer zwei und noch wichtiger, weil so sein eigener Name im Dunkeln blieb.«
»Logisch«, sagte Ærdal. »Und um sicherzugehen, dass wir ihm nicht auf die Spur kommen, musste er uns einen Schuldigen liefern. Tony Leike.«
»Und darum musste er Leikes Ermordung bis zum Schluss aufschieben«, sagte einer der Ermittler, ein Mann mit einem kräftigen Nansen-Bart, von dem Harry nur noch den Nachnamen wusste. Sein Nachbar, ein junger Mann mit glatter Haut und leuchtenden Augen, dessen Vor- und Nachname ihm entfallen waren, hakte nach.
»Pech nur für ihn, dass Tony Leike ein Alibi für die Tatzeiten hat. Nachdem Tony als Sündenbock ausgedient hatte, war die Zeit gekommen, den Feind Numero uno zu töten.«
Die Temperatur im Raum stieg, und die blasse, zögerliche Wintersonne erhellte den Raum. Sie waren auf dem Weg, endlich hatte sich der Knoten gelöst. Harry registrierte, dass selbst Bellman sich auf dem Stuhl nach vorne gebeugt hatte.
»Alles schön und gut«, meldete sich Beate Lønn zurück, und während Harry auf das Aber wartete, kannte er bereits ihre Frage, wusste, dass sie die Rolle des Advocatus Diaboli übernahm, weil sie wusste, dass er die Antwort hatte. »Aber warum hat der Kavalier alles so unnötig kompliziert gemacht?«
»Weil Menschen kompliziert sind «, sagte Harry und empfand das Gesagte wie das Echo eines Satzes,
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