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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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größtem Mordfall zu entziehen, wird das Justizministerium bald über alles Bescheid wissen. Zum Beispiel, dass ich mich ihren Anweisungen widersetzt habe, indem ich dich aus Hongkong zurückgeholt habe, damit du in diesem Fall ermittelst. Das wird als Befehlsverweigerung ausgelegt werden und das ganze Dezernat mit reinreißen. Tut mir leid, Harry, aber ich kann das nicht.«
    Harry starrte nachdenklich vor sich hin. »Okay, Chef.« Er sprang von seinem Stuhl auf und ging mit raschen Schritten zur Tür.
    »Warte!«
    Harry blieb stehen.
    »Warum fragst du danach, Harry? Läuft etwas, worüber ich Bescheid wissen sollte?«
    Harry schüttelte den Kopf. »Reines Abklopfen von Hypothesen, Chef. Das ist schließlich unser Job, oder?«
     
    Harry nutzte die Zeit bis drei Uhr, um ein paar Telefonate zu erledigen. Den letzten Anruf erhielt Bjørn Holm, der sich sofort zu fahren bereit erklärte.
    »Ich hab doch noch gar nicht erklärt, wohin und warum«, sagte Harry.
    »Nicht nötig«, sagte Björn und betonte jedes einzelne Wort. »Ich-vertraue-dir.«
    Es entstand eine Pause.
    »Das saß«, sagte Harry.
    »Gut«, sagte Bjørn.
    »Ich meine mich vage zu erinnern, dass ich mich bei dir entschuldigt habe, aber hab ich das eigentlich?«
    »Nein.«
    »Nicht? Okay. Ent… ent… ent… Verdammt, das ist hart. Ent… ent…«
    »Klingt wie ein Kaltstart, buddy «, sagte Bjørn, und Harry hörte regelrecht sein Grinsen.
    »Sorry«, sagte Harry. »Ich hoffe, noch bevor es um fünf Uhr losgeht, ein paar Fingerabdrücke zu bekommen, die ich gern von dir untersucht hätte. Wenn sie nicht übereinstimmen, brauchst du nicht zu fahren, sagen wir es mal so.«
    »Wieso diese Geheimniskrämerei?«
    »Weil du mir vertraust.« Um halb vier klopfte Harry an die Tür des kleinen Aufenthaltsraumes für den Bereitschaftsdienst im Reichshospital.
    Sigurd Altman öffnete.
    »Hallo, könnten Sie sich das hier mal ansehen?«
    Er reichte dem Pfleger einen Stapel Bilder.
    »Die sind noch feucht«, sagte Altman.
    »Kommen direkt aus der Dunkelkammer.«
    »Hm. Ein abgeschnittener Finger. Was ist damit?«
    »Ich vermute, dass der Besitzer des Fingers eine gehörige Dosis Ketanomin intus hatte. Und ich würde gern wissen, ob Sie als Anästhesie-Experte sagen können, ob man Spuren davon in dem Finger finden könnte.«
    »Ja, klar, das Zeug verteilt sich mit dem Blut im ganzen Körper.«
    Altman blätterte durch die Bilder. »Der Finger sieht ziemlich blutleer aus, aber theoretisch reicht ein Tropfen.«
    »Und dann wollte ich Sie noch fragen, ob Sie uns heute Abend zu einer Festnahme begleiten können?«
    »Ich? Habt ihr denn keine Rechtsmediziner …«
    »Speziell über diese Dinge wissen Sie besser Bescheid. Und ich brauche jemanden, auf den ich mich verlassen kann.«
    Altman zuckte mit den Schultern, schaute auf die Uhr und gab Harry die Bilder zurück. »Meine Schicht ist in zwei Stunden zu Ende, dann …«
    »Fein. Wir holen Sie ab. Sie werden ein Stück norwegische Kriminalgeschichte mitschreiben, Altman.«
    Der Pfleger wurde bleich.
     
    Mikael Bellman rief an, als Harry gerade auf dem Weg zur Kriminaltechnik war.
    »Wo stecken Sie, Harry? Ich habe Sie in der Morgensitzung vermisst.«
    »Hier und da.«
    »Hier und wo?«
    »In unserer schönen Stadt«, antwortete Harry, während er einen A4 -Umschlag vor Kim Erik Lokker auf die Tischplatte fallen ließ und auf seine Fingerkuppen zeigte, um zu signalisieren, dass er den Inhalt auf Fingerabdrücke überprüft haben wollte.
    »Ich werde nervös, wenn Sie im Laufe eines ganzen Tages nicht auf dem Radar erscheinen, Harry.«
    »Vertrauen Sie mir etwa nicht, Mi-ka-el? Angst, dass ich rückfällig werden könnte?«
    Am anderen Ende war es eine Weile still.
    »Sie erstatten mir Bericht, und ich möchte gern auf dem Laufenden gehalten werden, das ist alles.«
    »Berichte, dass es nichts zu berichten gibt, Chef.«
    Harry unterbrach die Verbindung und ging in Bjørns Büro. Beate saß bereits dort und erwartete ihn.
    »Was hast du uns zu erzählen?«, fragte sie.
    »Eine richtige Räuberpistole«, sagte Harry und setzte sich.
    Mitten in der Geschichte steckte Lokker den Kopf zur Tür herein.
    »Das sind sie«, sagte er und hielt eine Fingerabdruckfolie vor sich.
    »Danke«, sagte Bjørn, legte sie auf seinen Scanner, setzte sich an den Computer, nahm sich die Mappe mit den Fingerabdrücken vor, die sie im Holmenveien gefunden hatten, und startete die Überprüfung.
    Harry wusste, dass das Ganze nur wenige Sekunden

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