Leopard
an. »Willst du damit andeuten … willst du damit andeuten, dass du möglicherweise die Person gefunden hast, die …« Hagen schluckte und versuchte, seinen Satz irgendwie anders zu formulieren, indirekter, aus Angst, dieses Wunder, diese Fata Morgana könne verschwinden, wenn er sich zu eindeutig ausdrückte. Er gab den Versuch auf, »… unser Serienmörder ist?«
»Ich sage nicht mehr, als ich sage«, sagte Harry. »Vorläufig. Der Kollege in Leipzig checkt im Augenblick die Personalien und das Strafregister, bald wissen wir also mehr über Fräulein Verni.«
»Das sind ja phantastische Neuigkeiten«, sagte Hagen und strahlte erst Harry, dann Kaja an, die aufmunternd nickten.
»Nicht …«, sagte Harry und trank einen Schluck Kaffee, »… für Adele Vetlesens Familie.«
Hagens Lächeln erlosch. »Das ist wahr. Glaubt ihr, dass noch Hoffnung besteht …«
Harry schüttelte den Kopf. »Sie ist tot, Chef.«
»Aber …«
In dem Augenblick klingelte das Telefon.
Harry nahm den Hörer. »Ja. Günther!« Und wiederholte dann mit einem angestrengten Lächeln: »Ja, Harry Klein. Genau .«
Gunnar Hagen und Kaja beobachteten Harry, der stumm lauschte, bevor er das Gespräch mit einem »Danke« beendete und auflegte. Sich räusperte.
»Sie ist tot.«
»Das sagtest du bereits«, sagte Hagen.
»Nein. Juliana Verni. Sie wurde am 2. Dezember aus der Elster gefischt.«
Hagen fluchte leise.
»Todesursache?«, fragte Kaja.
Harry starrte vor sich. »Ertrinken.«
»Das könnte ein Unfall gewesen sein.«
Harry schüttelte langsam den Kopf. »Sie ist nicht im Wasser ertrunken.«
In der Stille, die folgte, hörten sie das Rumpeln der Feuerkessel nebenan.
»Stichwunden in der Mundhöhle?«, fragte Kaja.
Harry nickte. »Und zwar exakt vierundzwanzig. Sie wurde nach Afrika geschickt, um die Mordwaffe zu holen, mit der sie dann selbst getötet wurde.«
KAPITEL 34
Medium
D as heißt, Juliana Verni wurde drei Tage nach ihrer Rückkehr aus Kigali tot in Leipzig gefunden«, sagte Kaja. »Und sie ist unter Adele Vetlesens Namen nach Afrika gereist, hat sich unter diesem Namen im Gorilla Hotel eingetragen und die Postkarte abgeschickt, die zuvor von der richtigen Adele Vetlesen geschrieben wurde, wahrscheinlich unter Zwang.«
»Jepp«, bestätigte Harry, der dabei war, neuen Kaffee anzusetzen.
»Und ihr glaubt also, Verni hat mit jemand anderem zusammengearbeitet?«, fragte Hagen. »Mit der Person, die sie dann umgebracht hat, um die Spuren zu verwischen.«
»Ja«, sagte Harry.
»Dann geht es jetzt also darum, die Verbindung zwischen ihr und dieser anderen Person zu finden. Das dürfte doch nicht so schwierig sein, sie müssen ja wohl engen Kontakt gehabt haben, um gemeinsam ein derartiges Verbrechen zu begehen.«
»In diesem Fall könnte das durchaus schwierig werden.«
»Wieso das?«
»Weil«, sagte Harry, klappte den Deckel der Kaffeemaschine zu und schaltete sie ein, »Juliana Verni eine Akte hat. Drogen. Prostitution. Landstreicherei. Kurz gesagt, jemand, der sich schnell für einen Job wie diesen anheuern lässt, solange die Bezahlung stimmt. Alles an diesem Fall deutet darauf hin, dass die fragliche Person im Hintergrund keine Spuren hinterlassen hat. Er scheint an alles gedacht zu haben. Katrine hat rausgefunden, dass Verni von Leipzig nach Oslo gereist ist, von wo sie unter Adeles Namen nach Kigali geflogen ist. Trotzdem konnte Katrine nicht ein einziges Telefongespräch zwischen Vernis Handy und Norwegen nachweisen. Diese Person war extrem vorsichtig.«
Hagen schüttelte missmutig den Kopf. »So nah …«
Harry setzte sich auf die Schreibtischkante. »Es gibt da auch noch ein anderes Problem. Die Gäste in der Håvasshütte in dieser Nacht.«
»Was ist mit denen?«
»Es ist nicht auszuschließen, dass die verschwundene Seite aus dem Gästebuch eine Todesliste ist. Die Leute müssen gewarnt werden.«
»Wie das denn? Wir wissen ja nicht, wer sie sind.«
»Über die Medien. Selbst auf die Gefahr hin, dass wir dem Täter damit verraten, welcher Spur wir gerade folgen.«
Hagen schüttelte den Kopf. »Todesliste. Und zu der Schlussfolgerung kommst du erst jetzt?«
»Ich weiß, Chef.« Harry schaute Hagen in die Augen. »Wenn ich gleich nach der Entdeckung der Håvasshütte eine Warnung über die Medien veröffentlicht hätte, hätte das Elias Skog eventuell retten können.«
Es wurde still im Raum.
»Wir können nicht an die Medien rantreten«, sagte Hagen.
»Warum nicht?«
»Wenn sich
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