Leopard
funktioniert so lange gut, bis sie ihr endgültiges Ziel Kigali erreicht, denn erst dort werden die Pässe maschinell eingelesen und die Passnummern kontrolliert. Dort hat die Frau also ihren eigenen, echten Pass vorgezeigt. An der Passkontrolle wiederum wird man nicht aufgefordert, sein Flugticket vorzuzeigen, eine mögliche Abweichung zwischen Pass und Ticket fällt also gar nicht auf. Wenn man nicht nachschaut, natürlich.«
»Aber das hast du?«
»Jepp.«
»Könnte es sich nicht einfach um einen administrativen Fehler handeln? Zum Beispiel, dass vergessen wurde, Adele bei ihrer Ankunft zu registrieren?«
»Doch, schon. Aber da wäre noch die Karte …«
Harry nickte Kaja zu, die eine Postkarte hochhielt. Hagen blickte beiläufig auf das Foto, das wohl einen rauchenden Vulkan darstellte.
»Die ist am gleichen Tag in Kigali aufgegeben worden, an dem sie angeblich dort gelandet ist«, sagte Harry. »Aber zum einen ist das ein Foto vom Nyiragongo, einem Vulkan, der im Kongo liegt, nicht in Ruanda. Und zum Zweiten hat Jean Hue für uns die Unterschrift auf dieser Karte mit der Unterschrift auf der Gästekarte verglichen, die die angebliche Adele Vetlesen beim Einchecken im Gorilla Hotel ausfüllen musste.«
»Er hat festgestellt, was selbst ich sehen kann«, sagte Kaja. »Die Unterschriften stammen nicht von derselben Person.«
»Alright, alright« , sagte Hagen. »Aber worauf wollt ihr hinaus?«
»Dass jemand sich die Mühe gemacht hat, alles so zu inszenieren, als wäre Adele Vetlesen nach Afrika geflogen«, sagte Harry. »Ich vermute, dass Adele sich in Norwegen befand, als sie gezwungen wurde, diese Karte zu schreiben, die dann von einer anderen Person nach Afrika mitgenommen und dort auf einem Postamt aufgegeben wurde. Alles nur, damit es so aussieht, als wäre Adele tatsächlich dort gewesen und hätte nach Hause geschrieben, dass sie ihren Traummann getroffen habe und nicht vor März zurückkommen würde.«
»Irgendeine Idee, wer der Strohmann sein könnte?«
»Ja.«
»Ja?«
»Bei der Einwanderungsbehörde am Flugplatz von Kigali haben sie eine Karte gefunden, die auf eine Juliana Verni ausgestellt war. Laut unserer völlig verrückten Freundin Katrine aus Bergen taucht dieser Name an diesem Tag aber weder auf der Passagierliste irgendeiner Fluggesellschaft nach Ruanda auf noch in irgendeinem Hotel mit moderner, elektronischer Buchungsausrüstung. Aber drei Tage später steht diese Juliana Verni auf der Passagierliste von Rwandair in Kigali.«
»Möchte ich wissen, wie ihr an diese Information gekommen seid?«
»Nein, Chef. Aber du möchtest gerne wissen, wer und wo Juliana Verni ist.«
»Und?«
Harry schaute auf die Uhr. »Den Angaben auf der Immigrationskarte zufolge wohnt sie in Leipzig, in Deutschland. Schon mal in Leipzig gewesen, Chef?«
»Nein.«
»Ich auch nicht. Aber ich weiß, dass dort Goethe und Bach und einer dieser Walzerkönige lebten. Wie hieß der noch gleich?«
»Was hat das mit …«
»Ja, und dann ist Leipzig noch für die Hauptarchive der STASI bekannt, dem Staatssicherheitsdienst. Die Stadt liegt nämlich in der ehemaligen DDR . Wusstest du, dass die Sprache der Ostdeutschen sich in den vierzig Jahren, die die DDR existierte, so weit verändert hat, dass ein empfindsames Ohr den Unterschied zu Westdeutsch hören kann?«
»Harry …«
»Sorry, Chef. Der Clou ist, dass in der gleichen Zeitspanne eine Frau mit ostdeutschem Akzent in der Stadt Goma im Kongo gewesen ist, nur drei Autostunden von Kigali entfernt. Wo sie das gekauft hat, was ich für die Mordwaffe halte, mit der Borgny Stem-Myrhe und Charlotte Lolles getötet wurden.«
»Die Leipziger haben uns einen Ausdruck der Passkopie geschickt, die die Polizei einbehält, wenn ein neuer Pass ausgestellt wird«, sagte Kaja und reichte Hagen ein Blatt Papier.
»Der stimmt mit van Boorsts Beschreibung der Käuferin überein«, sagte Harry. »Juliana Verni hat dicke, rostrote Locken.«
»Ziegelrot«, sagte Kaja.
»Wie bitte?«, sagte Hagen.
Kaja tippte auf das Blatt. »Sie hat noch so einen alten Pass, in dem die Haarfarbe angegeben ist. Da steht Ziegelrot. Deutsche Gründlichkeit, weißt du.«
»Ich habe die Kollegen in Leipzig gebeten, ihren Pass zu konfiszieren und zu überprüfen, ob der Stempel aus Kigali mit dem Datum übereinstimmt.«
Gunnar Hagen starrte mit leerem Blick auf das Blatt und versuchte zu verdauen, was Kaja und Harry erzählt hatten. Schließ lich sah er sie mit einer hochgezogenen Augenbraue
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