Leopardenblut (German Edition)
hinter sich und kontrollierte im Geiste die Räumlichkeiten. Nichts. Da ihre Wohnung im selben Gebäude wie das Büro lag, verfügte sie über einen ausgezeichneten Sicherheitsstandard. Trotzdem hatte Sascha die Räume noch mit einem zusätzlichen Schutz versehen. Das erforderte zwar eine Menge ihrer dürftigen energetischen Kräfte, aber sie brauchte einen Ort, an dem sie sich sicher fühlen konnte.
Erleichtert darüber, dass niemand in ihre Wohnung eingedrungen war, überprüfte sie systematisch ihre innere Abwehr gegen das weitverzweigte Medialnet. In Ordnung. Niemand konnte ohne ihr Wissen in ihren Kopf gelangen.
Jetzt erst erlaubte sie sich, auf dem eisblauen Teppich zusammenzusinken. Die kalte Farbe jagte ihr einen Schauer über den Rücken. „Computer: Temperatur um fünf Grad erhöhen!“
„Wird ausgeführt.“ Die Stimme war völlig ohne Modulation, aber das war auch nicht anders zu erwarten. Es war nur die mechanische Antwort der mächtigen Maschine, die dieses Gebäude in Gang hielt. In den Häusern, die sie mit Lucas Hunter bauen würde, würde es keine solchen Computer geben.
Lucas.
Ihr Atem ging stoßweise, als sie ihrem Verstand gestattete, von den Gefühlen überflutet zu werden, die sie während der Besprechung zurückgehalten hatte.
Angst.
Heiterkeit.
Hunger.
Begierde.
Sehnsucht.
Verlangen.
Sie löste die Haarspange und fuhr mit den Fingern durch die weich herabfallenden Locken. Dann zog sie das Jackett aus und warf es achtlos auf den Boden. Ihre Brust spannte schmerzhaft unter dem festen BH . Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als sich nackt gegen etwas Heißes, Hartes, Männliches zu pressen.
Ein Wimmern stieg in ihrer Kehle auf, als sie sich vor und zurück wiegte und versuchte, die aufsteigenden Bilder zurückzudrängen. Das hier durfte nicht geschehen. Auch wenn sie vorher schon oft die Kontrolle verloren hatte, so schlimm, so sexuell aufgeladen, war es noch nie gewesen. Dieses Eingeständnis glättete die Wogen ein wenig und befreite Sascha aus den Klauen der Begierde.
Sie stand auf und holte sich in der Kochnische ein Glas Wasser. Als sie trank, fiel ihr Blick auf den dekorativen Spiegel neben dem Einbaukühlschrank. Er war das Geschenk eines Gestaltwandlers, der sie bei einem anderen Projekt beraten hatte, und sie hatte ihn trotz der erhobenen Augenbraue ihrer Mutter behalten. Als Rechtfertigung hatte sie angeführt, sie wolle die andere Rasse besser kennenlernen. In Wahrheit hatte ihr einfach der wild gemusterte, farbenprächtige Rahmen gefallen.
Doch nun wünschte sie, dass sie ihn nicht behalten hätte. Er zeigte ihr nur zu deutlich, was sie gar nicht sehen wollte. Das dunkle Durcheinander ihrer Haare verriet tierische Leidenschaft und Begierde, Dinge, die kein Medialer kennen sollte. Ihr Gesicht war wie vom Fieber gerötet, ihre Wangen hatten rote Flecken und ihre Auge n … um Gottes willen, sie waren vollkommen mitternachtsschwarz.
Sie stellte das Glas ab und strich ihre Haare zurück. Nein, sie hatte sich nicht geirrt. Kein einziger Funke leuchtete in den dunklen Pupillen. Dieses Phänomen konnte nur hervorgerufen werden, wenn Mediale große geistige Energien aufwandten.
Ihr war es noch nie passiert.
Nach den Augen zu urteilen war sie vielleicht eine Kardinalmediale, aber ihr Zugang zu deren Fähigkeiten war beschämend gering. So gering, dass sie immer noch nicht auf einen Posten gewählt worden war, der direkt dem Rat unterstand.
Das Fehlen handfester mentaler Kräfte hatte ihre Trainer verwirrt. Alle hatten immer gesagt, es gäbe ein unglaubliches, ungeformtes Potenzial in ihrem Verstan d – mehr als genug für eine Kardinalmedial e – , das sich aber noch nie gezeigt hätte.
Bis zu diesem Augenblick.
Sascha schüttelte den Kopf. Sie hatte keine geistigen Energien angewandt, also musste etwas anderes die vollkommene Dunkelheit hervorgerufen haben, etwas, das andere Mediale nicht kannten, weil sie nichts fühlten. Ihre Augen hefteten sich auf die Kommunikationskonsole an der Wand neben der Küchenzeile. Eins war sicher: So konnte sie nicht ausgehen. Jeder, der sie in diesem Zustand sah, würde sie sofort in die Rehabilitationsanstalt einweisen.
Angst schnürte ihr die Kehle zu.
Solange sie in Freiheit war, konnte sie vielleicht eines Tages einen Ausweg finden, eine Möglichkeit, ihre Verbindung zum Medialnet zu kappen, ohne dass ihr Körper in Starre verfiel oder starb. Vielleicht gelang es ihr sogar, den sichtbaren Defekt wieder auszumerzen. Aber wenn
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