Ler-Trilogie 01 - Morgenrötes Krieger
an den Käfigen angebracht waren und deren altertümliche B e schriftung für Han unentzifferbar war. Neben diesen Hinweisen standen oft verschlungene Symbole, von d e nen er annahm, daß sie Preise und Auszeichnungen b e deuteten. In den Käfigen saßen oder gingen männliche und weibliche Wesen, gänzlich nackt, aber auffallend gepflegt und offenbar völlig unberührt von ihrer Situat i on und der freizügigen Zurschaustellung. Ihre Gesichter zeigten Neugier und lebhafte Anteilnahme, aber keinerlei Widerborstigkeit, Berechnung oder gar Haß. In dieser speziellen Abteilung schienen alle rothaarig und von e r staunlicher äußerer Ähnlichkeit zu sein. Er mußte schon sehr nahe herantreten, um überhaupt Unterschiede festste l len zu können – aber es gab sie. Diese hier hatten dichtes kupferrotes Haar, das ihnen glatt und locker bis auf die Schultern fiel. Ihre Haut war cremefarben, leicht getönt, glatt und haarlos bis auf die Schamgegend, und – was b e sonders merkwürdig anmutete – die Unterschenkel, die von den Knien abwärts, bei Männern und Frauen gle i chermaßen, einen dichten, ebenfalls kupferroten Haa r bewuchs aufwiesen. Sie waren durchweg schmalgliedrig und von höchst delikatem Aussehen; ihre Augenfarbe, ein tiefes Seegrün, hatte eine Intensität, wie sie Han noch nie zuvor gesehen hatte. Während er sich interessiert u m schaute, gab Hatha seine informativen Kommentare ab.
„Du siehst hier die besten Beispiele der Zlat Klesh. Es ist eine sehr alte Züchtung. Man hat mir erzählt, daß die Herstellung schwierig war und daß es noch immer große Probleme bereitet, die Merkmale ihrer Reinheit beizub e halten; dazu gehört die Vermeidung von Sommerspro s sen, Muttermalen und schwerem Knochenbau. Dies kommt bei Zlats häufig vor. Aber als Gruppe sind sie im allgemeinen wirklich hervorragende Exemplare. Zlats sind natürlich nicht nach meinem Geschmack – aber j e der hat ja seine Vorlieben.“
Han spürte, wie hundert verschiedene Gefühle in ihm tobten. Es war einfach unmöglich, beim Anblick dieser mühsam erzeugten Kreuzungsprodukte ruhig zu bleiben. Er studierte die glatten Gesichter, die schmalen, schön geformten Nasenflügel. Die Männer trugen fein gestutzte Bärte, die Frauen machten einen gutgenährten und z u friedenen Eindruck. Die meisten waren erwachsen, en t sprachen annähernd Hans Altersstufe, nur einige wenige waren älter. Ein einziges, gutaussehendes männliches Wesen in erstklassiger körperlicher Verfassung schien in den mittleren Jahren zu stehen. Sein Schnurrbart fiel d e zent und voller Anmut; da und dort glänzten im Bart- und Haupthaar silbrig-graue Strähnen.
„Ich muß gestehen, Hatha, daß es mich ziemlich mi t nimmt, meine eigenen Artgenossen hier zu sehen. Wenn Ler in dieser Weise zur Schau gestellt würden, ginge es mir nicht anders.“
„So, so, wirklich? Aber gut, damit hast du eine weitere Prüfung bestanden. Nicht viele von deiner Art können diesen Anblick überhaupt ertragen, ohne dabei den Kopf zu verlieren. Dabei haben sie gar keinen Grund – wozu also? Diese dort träumen nicht von der großen Freiheit. Sie führen ein völlig unbeschwertes Leben. Bei den a n deren ist es ähnlich.“ Seine Stimme klang kalt und rati o nal.
Han unterdrückte nur schwer sein aufsteigendes B e dürfnis, sich auf Hatha zu stürzen und ihn zu erwürgen. Er hatte ihn in Aktion gesehen, als er gegen Liszendir kämpfte – und er wußte, daß er mit bloßen Händen gegen ihn nicht die geringste Chance hatte.
„Ich kann diese Symbole nicht lesen. Wer hat denn nun was gewonnen?“
„Also … laß mal sehen. Diese hier zum Beispiel ist noch kein Spitzenprodukt, eine junge Frau, wie du zweife l los selber feststellen kannst, und zwar in der letzten Ph a se ihrer Reifungszeit. Vierter Platz in ihrer Kategorie … keine Vollblutzucht. Für den Anfang nicht so gut. Das Problem liegt immer in der Zierlichkeit … Sie ist ein bißchen zu feingliedrig, glaube ich. Hier drüben, das ist die, die den ersten Platz gewonnen hat. Du wirst beme r ken, daß sie sich auffallend unterscheidet in …“
Während Hatha weiterging und die Vorteile eines j e den weiblichen Zlats beschrieb, schaute Han zu jenem Mädchen hinüber, das den vierten Platz belegt hatte. Sie saß entspannt auf einer samtbezogenen Bank und schaute ins Leere: Sie schien vor sich hinzuträumen. Als er sie beobachtete, wurde sie etwas lebendiger, wohl spürend, daß man sie genauer betrachtete, nicht nur mit einem
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