Ler-Trilogie 01 - Morgenrötes Krieger
einsamen Siedlung, wo man überraschenderweise gehört hatte, daß ein Raumfahrer notgelandet war und nun in einem winzigen Dorf mit Namen Ghazh’in lebte. Sie zögerte nicht lange und machte sich sofort auf den Weg. Sie ging querfeldein, um die Strecke abzukürzen und um Zeit zu sparen. Sie schleppte sich gerade noch bis Hobbs Basar, als sie mit ihren Kräften am Ende war. Nach ihrer Schätzung hatte sie ungefähr tausendsechshundert Meilen zu Fuß zurüc k gelegt. Die rohe Nahrung hatte sie ebenfalls krank g e macht, doch sie hatte die Auswirkungen niedergekämpft – sie mußte es tun, denn eine Alternative gab es nicht.
„Mehr weiß ich nicht“, sagte sie schließlich. „Von Hath’ingar, falls dies sein richtiger Name ist, habe ich nichts Neues erfahren können. Er verspottete mich, de s halb glaube ich, daß er uns einen falschen Namen g e nannt hatte. Für diesmal sind wir unterlegen. Wenn es irgendwie möglich ist, so müssen wir versuchen, von diesem Planeten wegzukommen; sie wissen, daß wir be i de noch leben. Er wird zurückkommen – wie er sagte – und uns bis an das Ende des Universums verfolgen.“ Es war das erste Mal, daß sie eine Niederlage und ihre Angst vor ihm zugab.
Sie hob behutsam die Bettdecke und schaute auf ihren nackten Körper. Er war sauber, und die Blessuren und Wunden, die ihr in der letzten Zeit ein vertrauter Anblick geworden waren, zeigten deutliche Ansätze der Bess e rung. Einige waren schon völlig verschwunden, andere zu feinen Narben verheilt, die sie bis ans Ende ihrer Tage behalten würde.
„Hast du das gemacht? Du?“
„Ja. Du hast viel mehr durchgemacht als ich. Du brauchtest Pflege. Besser, ich spielte den Krankenpfleger als irgendein völlig Unbekannter. Ich dachte deshalb, daß du nichts dagegen haben würdest. Es gibt eine Menge Dinge hinsichtlich eurer Denkweise, die ich nicht verst e he, dennoch weiß ich heute mehr als damals, als wir uns zuletzt gesehen haben.“ Er redete in ihrer Sprache und stolperte über ihre vier seltsamen kabbalistischen Bede u tungsformen. Dann erzählte er auch seine eigene G e schichte, alles, was er in Ghazh’in erlebt und gelernt ha t te. Als er am Ende war, meinte sie: „Du hast viel ve r standen, viel gelernt und bist tief in unser Wesen eing e drungen. Insofern war dies alles zumindest nicht ganz umsonst. Und obwohl dein Akzent schrecklich ist, schlimmer als der von Hath’ingar, nachdem er die Maske hat fallen la s sen, klingt es doch lieblich in meinem Ohr.“ Sie zog ihn an sich, umarmte ihn und hielt ihn eine Zei t lang eng an sich gepreßt. Han war verwirrt und verlegen durch diesen für sie so untypischen Gefühlsausbruch. Sie hatte in der Tat auf dem langen Marsch ihre Selbstko n trolle eingebüßt.
Sie fühlte, was er dachte. „Ich war allein, völlig allein. Noch nie in meinem Leben bin ich bisher so allein gew e sen. Manchmal hatte ich Halluzinationen – ich wußte selbst nicht mehr, ob es nur Erinnerungsbilder oder reale Dinge waren: frühere Liebhaber, Freunde, selbst du. Ich war völlig wirr im Kopf. Und jetzt habe ich dich hier g e funden, aber du bist nicht mehr der typische Mensch, du sprichst Single-Sprache – poor kenjureith – und pflegst meine Wunden, als wärst du mein intimster Freund. Noch so ein Vorfall zwischen uns beiden, und ich muß dir meinen Körper-Namen nennen, einen Namen, den niemand außerhalb meiner Webe kennt.“
Er ließ sie weiter Dampf ablassen, bis sie allmählich in ein tiefsinniges Schweigen verfiel. Dann stand er auf und brachte nach langem Stöbern zwischen alten und abg e tragenen Sachen ein neues Kleid zum Vorschein, das er eigens für sie gekauft hatte, und das mit Reben und Bl u men im ländlichen Stil der hiesigen Gegend bestickt war.
„Ich weiß, es ist nicht nach deinem Geschmack, Li s zendir, aber ich dachte mir, daß du auf unserer Reise mit einer solchen Bekleidung weniger Aufsehen erregst. Die Leute werden dich für eine Einheimische halten. Kann natürlich auch sein, daß so ein Paar wie wir zwei trotz aller Verkleidung auffällt, auch wenn wir in Mehlsäcken einhergingen.“
Sie drehte sich um und lachte lauthals. Dann brach sie plötzlich ab. Sie war wieder die alte: streng und spröde. „Was wird nun mit uns?“
„Ich weiß es selbst nicht. Die Wahrscheinlichkeit, in naher oder auch in weiterer Zukunft von Chalcedon we g zukommen, ist äußerst gering. Die Pallenber war seit Efrems Besuch das erste Raumschiff – und davor kam das letzte vor zehn
Weitere Kostenlose Bücher