Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
sagen; Tas aufzuziehen war ein ganz schönes Stück Arbeit für einen älteren Außenverwandten … meistens blieb es an mir und Plindestier hängen, obwohl Maellenkleth auch mitgeholfen hat. Und es war leichter, wenn sie da war; sie verstand es, mit ihm umzugehen. Er sah zu ihr auf. Außerdem schien hier immer viel mehr los zu sein, wenn sie da war. Tas ist halb wild, ich weiß nicht, was aus ihm werden soll.“
„Wie alt ist er? Fünfzehn? Eins und einmal vierzehn?“
„Ja, genau.“
„Wie lang ist es her, daß die älteren Perklarens ausgezogen sind … oder vielmehr, daß sie die meiste Zeit über weggeblieben sind? Ein Jahr, zwei?“
„Ach, lange vor dem … obwohl ‚Ausziehen’ vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist. Sie waren einfach immer öfter nicht da. Es war ungefähr zu der Zeit, als Tas geboren wurde, daß sich die Dinge so veränderten, glaube ich. Ja, so ist es jetzt schon lange.“
„Es fing nicht zu der Zeit an, als Mevlannen und Maellenkleth geboren wurden?“
„Nun, jetzt, da du es sagst, glaube ich das nicht, nein.“ Die Stimme des Jungen stockte, als ob er mit Morlenden einer Meinung sei, aber zur gleichen Zeit war ihm bewußt, zugegeben zu haben, daß die Abwesenheit der Eltern Perklaren – ihre merkwürdige zeitweilige, fast ständige Abwesenheit – nichts mit der Gleichgeschlechtlichkeit der Innenverwandten zu tun hatte. Ebenso konnte ihre Abwesenheit nichts mit Taskellan zu tun haben. Das paßte einfach nicht zusammen. Nein. Irgend etwas war vor fünfzehn Jahren geschehen, irgend etwas außerhalb der Webe, etwas, was vielleicht nicht mal in Beziehung zu ihr stand. Morlenden spürte plötzlich, wie der Widerstand des Jungen erlahmte; er schlug zu.
„Dann war es wohl ein äußeres Ereignis, wie?“ Der Ausdruck in Klervondafs Gesicht sagte Morlenden, daß er tatsächlich an die vorsichtig aufgebaute Deckung des Jungen herangekommen war und sich nun rasch weiter vorarbeitete. Er konnte es schon fühlen, etwas Verstecktes, etwas Ver borgenes, das langsam Gestalt annahm, fast greifbar wurde … Er langte blindlings zu; es war wie ein Glücksspiel. „Und als bekannt war – wohlbemerkt: bekannt –, daß Maellenkleth verschollen war, warum hat nicht ihre eigene Webe nach ihr gesucht – oder ist nicht wenigstens direkt zu uns gekommen, zu den Derens – statt es die Perwathwiy machen zu lassen, eine ehemalige Terklaren?“
Es war der falsche Streich, und das verfehlte Ziel und der Aufschub ermöglichten es Klervondaf, durch einen äußersten Willensakt die Fassung zurückzugewinnen. Er holte tief Luft und antwortete: „Wie hätten wir denn wissen sollen, daß sie verschollen war? Sie kam und ging, wie es ihr beliebte, und seit sie mit diesem hifzer in den Wäldern lebt, ist sie kaum je zu Hause gewesen. Ist das denn so merkwürdig? Wir alle laufen mal weg, und wenn es nur im Geiste ist! Du, du bist nur Ser und Kadh, also mußt du als Heranreifender ein Innenverwandter gewesen sein. Bist du nicht auch weggegangen und hast ein Abenteuer erlebt?“
Morlenden dachte einen Augenblick nach, und das ernste, energische, undurchdringliche Gesicht Sanjirmils leuchtete blitzartig am Fenster seines Geistes vorüber. „Ich muß zugeben, daß es so war, wie du es beschrieben hast“, sagte er. Er fühlte die Sicherheit des vorherigen Augenblicks entgleiten. Und jetzt war wieder Waffenruhe. Sie sahen einander für einen Augenblick leicht streitlustig an. Dann fügte Morlenden hinzu: „Du bist nicht ganz offen mir gegenüber gewesen, nicht wahr?“
„Nein“, sagte Klervondaf und richtete den Blick zu Boden. „Nein, nicht ganz, obwohl ich dir glaube und weiß, daß du das bist, für das du dich ausgibst. Und genauso ist viel von dem, was ich gesagt habe, die Wahrheit. Da sind nur ein paar Dinge, von denen mir nicht zu sprechen erlaubt ist, Dinge, über die kein Nicht-Spieler aufgeklärt werden darf. Ganz gleich, worum es geht.“ Endlich sah er wieder auf und Morlenden mit einem Ausdruck vorläufigen, wenn auch unmißverständlichen Trotzes wieder direkt ins Gesicht.
Morlenden testete seine Entschlossenheit. „Was hat Maellenkleth denn nun wirklich gemacht?“
„Sie hat mit einem heranreifenden hifzer zusammengelebt, der sich Krisshantem nennt, und sie plante mit der Duldung des hifzer den Neuaufbau einer weiteren Spieler-Webe.“
„Das ist alles, was du mir sagst?“
„Das ist alles, was ich dir sagen kann. Maellenkleth selbst würde dir nicht mehr sagen. Und außer dem,
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