Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
was ich dir nicht erzählen will, gibt es noch vieles, was ich gar nicht sagen könnte, und wenn auch nur aus dem einen Grund, daß ich da nur vermute, aber nicht weiß. Man hat mich zu einer Stufe der Geheimnisse zugelassen, die meiner Position als Nerh angemessen war. Mael war natürlich viel weiter vorgedrungen, bis zur Elternstufe oder vielleicht noch weiter. Sie hat viel Zeit mit Kris verbracht und viel Zeit beim Heiligen Berg oder bei den Altmeistern …“
„Beim Heiligen Berg?“
„Den, den die Nicht-Spieler Grozgor nennen, den Berg des Wahnsinns … Aber ich weiß auch, daß sie manchmal an keinem dieser Orte war. Wo war sie dann? Niemand hat es mir gesagt.“
Morlenden wollte den Jungen mit seiner gefährlichen Integrität unversehrt lassen und sagte: „Ich möchte gern wissen, wie Maellenkleth aussieht, wie ihr vidh ist. Meine Toorh Fellirian sagte mir, daß sie sie gesehen habe und mir ein Multi-Sprachen-Bild von ihr geben könne, aber ich wollte ein gutes haben, von denen, die sie gut kannten. Von ihrer eigenen Webe.“
Klervondaf lächelte. „Du hättest es annehmen sollen, als es dir angeboten wurde. Ich bin in der Multi-Sprache, abgesehen von den reinen Sprechformen – nicht ausgebildet. Bilder formen kann ich nicht. Nur Worte, nur in perdeskris.“
„Dann sprich.“
„Sie ist klein, aber nicht winzig. Ein wenig unter dem Durchschnitt, aber muskulöser als die meisten Mädchen, die meisten Heranreifenden. Menschen nennen das ‚athletisch’. Sie ist dunkelhäutig wie ich selbst, aber nicht so dunkel wie Sanjirmil. Kennst du die?“
„Ja, ich kenne sie. Sprich weiter.“
„Maellenkleth hat starke Augenbrauen, ein dreieckig bis ovales Gesicht, ein wenig vorstehende Wangenknochen, kaum zu sehen, einen zierlichen und schlanken Hals. Ihre Lippen sind stark geschürzt, so als ob sie kurz davor sei, jemanden zu küssen. Aber ihr Mund ist klein. Sie ist ziemlich hübsch, liebenswürdig, zerstreut, immer anderswo: Verstehst du? Die Zielstrebigkeit und die Heftigkeit siehst du erst, wenn du sie besser kennst. Sie hat dunkle, tiefliegende, verschattete Augen. Intensive Augen. Sie und ich, wir haben die gleiche Madh, aber wir sehen uns wirklich nicht sehr ähnlich, so wie Tas und Mevlannen. Morgen kannst du den hifzer fragen. Krisshantem kann dir ein Bild von ihr geben. Er soll recht gut darin sein.“
„Was könnte ein hifzer wohl von den bildlichen Formen der Multi-Sprache verstehen?“
„Ich verstehe zwar nichts davon, aber als hifzer hat er sie gelernt. Und Maellenkleth hat ihn noch viel mehr gelehrt, die ganze Skala, alle Formen, sogar die Befehle. Das war Teil der Ausbildung, die sie ihm gab. Sie kam mühelos mit allen Formen zurecht. Besonders mit den Befehlen. Alle Inneren Spieler müssen sie kennen.“
„Noch etwas?“
„Sie ist sehr mager. Es ist nichts zuviel an ihr – alles Muskeln. Mager, aber nicht dürr. Ihre Hände verraten sie; sie sind sehr lang. Und wenn sie nicht gerade etwas mit ihnen macht, wirken sie beinahe plump, knochig, unbeholfen. Aber wenn sie sie benutzt, sind sie stark und vollkommen.“
Morlenden wollte noch ein paar der vagen Hinweise auf Maellenkleth Person nachgehen, als er abermals durch ein Rascheln am Türvorhang unterbrochen wurde. Sowohl Morlenden als auch Klervondaf blickten auf, da sie niemanden erwarteten. Der Eingangsvorhang teilte sich, bevor sich einer von ihnen erheben konnte, und enthüllte Taskellan und das Mädchen, Plindestier. Beide hatten rosige Wangen durch die Kälte draußen, die zu dieser späten Stunde sehr stark wurde. Das Mädchen sagte: „Klervon, als Tas zu den Rhalens zurückkam, waren sie alle schon im Bett; darum ist er zu meinem yos herübergekommen und hat mich abgeholt. Ich habe ihn wieder hierhergebracht, denn er sollte bei der Kälte nicht draußen herumlaufen.“
Der Jüngere kam zögernd in den Kaminraum und steuerte auf den Schlafraum der Kinder zu, aber als er an seinem älteren außenverwandten Bruder vorbeikam, schlug ihm der Ältere herzlich auf die Schultern. Taskellan wirbelte wegen des Scheinangriffs herum und ging weiter auf den Kinderschlafraum zu, wobei er aus seinem Unterhemd heimlich einen halben frischen Brotlaib zog.
„He, Tas, du kleiner Dieb“, rief Klervondaf, „nicht alles allein essen! Gib Ser Morlenden auch etwas davon ab. Er ist ein Gast, du kleiner Vielfraß.“
Taskellan drehte sich wieder um und begann den Laib sorgfältig zu zerteilen. Das Mädchen war beim Eingangsvorhang
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