Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

Zuneigung, und wissen, daß es nicht an ihn gerichtet gewesen war, wenn es auch den Anschein erweckt hatte … Multibilder waren Betrug.
    Das Bild hatte schon lange aufgehört, noch klarer zu werden, und Morlenden hatte jetzt endlich das Gefühl, daß es vorbei war. Er entspannte sich, erwartete den Moment, in dem Krisshantem ihn loslassen würde und in dem er aus diesem Empfangs-Selbst herausfallen würde. Der Druck nahm zu, wurde größer, schmerzhaft, qualvoll, ließ ihn zusammenzucken, jetzt Furcht empfinden, und das Bild verblaßte, verblaßte, wurde grau, verschwommen, undeutlich, obwohl er sich nur zu gut daran erinnern konnte. Es war genau das, was gesendet wurde. Das Bild verblaßte, verschwand. Nichts trat an seine Stelle. Es herrschte Dunkelheit und Leere. Plötzlich zuckte eine Reihe von Gedanken geradewegs quer durch seinen Kopf: Du verwobener Halunke meinst also, daß ein hifzer eure kostbare Multisprache nicht lernen sollte, wie? Dann sieh dir mal diesen künftigen Ältesten an, und paß auf, wie schnell einer wie ich seine Lektionen lernt. Die Begriffe erklangen, wie von vielen Krisshantems gerufen, alle auf einmal, sie hallten und sprangen und vermehrten sich wild durcheinander, näherten sich jeweils den anderen, näherten sich selbst, bis Morlendens Geist vollständig von ihnen widerhallte. Dann verlor er total das Gedächtnis, war sich nur bewußt, daß etwas in ihn eingegeben wurde, das sein Bewußtsein ganz und gar überstieg – später würde er es wissen-erinnern, aber nicht jetzt. Instruktionsmodus. Rohe Daten. Er wußte, daß etwas mit ihm geschah, aber er konnte es nicht erfassen.
    Dann wurde ihm bewußt, daß er nicht mehr empfing, daß die Zeit wieder weiterging, daß sich das geisterhafte Wesen zurückgezogen hatte, daß der Wille, der ihn mit einer Macht, die er nicht hätte brechen können, ergriffen hatte, einfach so geschwunden war. Er war er selbst, er saß in einem Baumhaus, es war jetzt warm, es roch nach Eichhörnchenbraten. Er machte die Augen auf; Krisshantem saß nicht mehr da und klopfte, summte nicht mehr die eintönige Melodie, sondern rührte statt dessen lässig mit dem Stab im Topf herum. Morlenden wußte weder, wieviel Zeit vergangen war, noch wann der Prozeß gestoppt worden war. Er fühlte sich erschüttert, benommen. Er hatte Angst, sich zu bewegen. Er erinnerte sich an Maellenkleth, als ob sie damals ihm gehört hätte; und doch war es nicht damals gewesen, in jenem Sommer, sondern hier, vor wenigen Augenblicken … und noch etwas anderes: Er erinnerte sich an das Spiel. Morlenden betastete die Erinnerung der Daten, die man ihm roh in den Kopf gesteckt hatte, ohne Bezug. Ja, es war alles da, das Äußere Spiel, das, was Krisshantem davon wußte, nur das Wesentliche davon, sein Kopf war angefüllt mit Strategie und Taktik, Millionen Regeln und Stellungen; man konnte ewig dort hindurchwandern, gänzlich verwirrt. Er schob es beiseite. Dieses eigenartige neue Wissen wollte er ein anderes Mal untersuchen. Er räusperte sich. Kris sah zu ihm auf, ausdruckslos, gleichgültig, als ob nichts geschehen sei.
    „Hast du alles mitbekommen?“ fragte Kris beiläufig.
    „Das habe ich in der Tat; vollkommen …“
    „Ich dachte es mir. Ich hörte auf mit Maellenkleth Bild, als ich von deinem Feedback her das Gefühl hatte, daß du das meiste mitbekommen hattest. Es geht zuerst langsam, dann schnell, dann wieder langsam … es kommt nie ganz an eine genaue Kopie heran. Es hat nicht viel Sinn, bis ins Unendliche weiterzumachen, obwohl man das vermutlich könnte. Entschuldige bitte die Aufdringlichkeit, aber ich hatte das Gefühl, daß du Zweifel hattest. Du hast zweifellos bemerkt, daß du jetzt genau wie über das Spiel informiert bist. Das wird uns eine Menge Gerede ersparen!“
    „Ich wußte gar nicht, daß du … Wieviel davon hat dir Maellenkleth beigebracht?“
    „Ich beherrschte schon vorher ein bißchen. Nicht sehr viel. Das meiste kam von ihr. Ich hätte alle Modi kennen müssen, um mit ihr zusammen in der Zitadelle des Inneren Spiels sitzen zu können; im Augenblick kenne ich nicht alle. Auch du nicht. Ich hatte mir schon einiges gedacht, denn ausgehend von den zur Verfügung stehenden Daten kann man sich immer einiges denken, aber ehrlich gesagt sind einige von den Ideen, auf die ich gekommen bin, so absurd oder vielleicht empörend, daß ich ihnen nicht weiter nachgegangen bin und dachte, daß sie falsch sein müßten.“
    „Ich erinnere mich jetzt, aber ich habe,