Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

erschaffen habe, aber ich bin soeben an einem Ort gewesen, an dem die Schöpfung immer noch weitergeht. Und wenn das wahr ist, dann lebt und wirkt ihr Gott vielleicht immer noch an jenem Ort.’ Ich weiß weder, wo das war, noch wollte sie irgend etwas sagen bezüglich dessen, wie man nach dorthin gelangen könne. Ich sah den Ort in deskris, als sie ihn mir sendete, und sie sagte, daß es eines Tages auch für uns einen solchen Ort geben würde. Ich sagte: ‚Werden wir dort hingehen und dort leben, wir, aus unserem kleinen Land?’ Sie wurde plötzlich traurig und sagte: ‚Nein, dorthin nicht, niemals.’ Ich habe es gesehen, aber nie, wo es in Beziehung zu irgendwo anders lag: Ich sah ein dunkles Meer, Salzwasser, ich sah felsige Strände, steile Klippen, braune Berge, die auf sich kräuselnden Wellen über dem Wasser waren und sich an ihren nördlichen Enden in sie hineinstürzten. Die Sonne ging in dem Meer unter. Niemand lebt dort. Es ist frei und offen, aber jetzt unbewohnt. Sie sagte, daß man einst, vor langer Zeit, dort hinging, um sich behandeln zu lassen, um geheilt zu werden, aber daß man heute nicht einmal mehr dort spazierengeht oder auch nur in die Nähe des Ortes kommt.“
    „Ein menschliches sfanian, eine Heilstätte?“
    „Dafür hätte ich es nicht gehalten, aber ich bin für vieles bei ihnen blind.“
    „Genau wie ich … Aber das letzte Mal, als sie nach draußen ging: War es wichtig?“
    „Ja, sehr sogar. Sie konnte ablehnen, aber sie wollte es nicht. Sie konnte nicht davon lassen.“
    „Sprach sie davon, was sie tun sollte?“
    „Sie sollte zwei Maschinen zerschlagen, die nicht mehr benutzt wurden.“
    „Lächerlich! Wenn sie noch benutzt worden wären, aber so …“
    „Sie – diejenigen, mit denen Mael sprach – hatten Angst davor, daß diese Gegenstände, die noch funktionsfähig waren, benutzt würden und die Vorläufer imstande wären, etwas zu sehen, wovon sie nicht zu früh wissen durften. Etwas, das keiner von uns wissen sollte, bevor wir nicht darauf vorbereitet seien. Sie konnten noch mehr von diesen Maschinen herstellen, aber die würden dann nicht so gut sein, und später würde es nichts mehr ausmachen.“
    „Hat sie nicht gemerkt, daß gerade ihr Zerstörungswerk mit dem Finger auf das gezeigt hätte, was sie verborgen wissen wollte?“
    „Ich stellte ihr die gleiche Frage. Sie schüttelte den Kopf und sagte, daß sie dies schon wisse. Daß man all das bedacht hätte, aber sie trotzdem gehen müßte.“
    „Das kann ich mir nicht vorstellen. Was war das für ein Geheimnis?“
    „Glaube mir, wenn ich dir sage, daß ich es nie erfuhr. Ich kenne die Arten der Bäume, ich lausche der Sprache des Wassers, ich habe gelernt zu beobachten, wie sich die Wolken bewegen und verändern, ich kann meine Zeit verlangsamen, bis die Sonne über den Himmel wirbelt. Ich bin der Herr des Schweigens. Aber ich konnte es weder aus ihr herausbekommen, ganz gleich, wie großzügig sie in anderen Dingen war, noch konnte ich es in ihr sehen. Maellenkleth war zwar vom Aspekt des Sanh, des Wassers, aber irgend etwas in ihr war härter als der beste Stahl, und ihr Geist war ein Spiegel, wie der eines jeden Sanmanon wie ein Spiegel ist. Sie hatte ihre Anweisungen, und denen gehorchte sie, wie zuwider sie ihr persönlich auch sein mochten.“
    „Der treue Soldat.“
    „Ich glaube, daß es ihr irgendwie gefiel.“
    „Hm!“ schnaubte Morlenden. „Anweisungen von wem? Von Perwathwiy und ihren Ältesten von der Libellenhütte?“
    „O nein. Nicht von denen – oder jedenfalls nicht direkt. Mael hat nicht für die Ältesten gearbeitet, und im Grunde hat sie sie sogar ein bißchen verachtet, weil sie die Perklarens so bereitwillig gehen ließen. Sie bekam ihre Anweisungen von Sanjirmil. Kennst du eine solche?“
    Morlenden hatte plötzlich ein Gefühl, als sei er gegen eine Mauer gelaufen. „Sanjirmil? Die Terklaren?“
    „Es kann nur eine geben, wie der Brauch es will.“ Es war eine scharfe Rüge. Ausgerechnet Morlenden sollte schließlich wissen, daß es nur eine richtige Sanjirmil geben konnte. Er sah für einen Moment zur Seite und sagte ruhig: „Ich k enne sie. Oder glaubte es jedenfalls.“ Morlenden überlegte intensiv, unfähig, die ganze Tragweite zu ermessen. Sanjirmil, die nachts zusammen mit der Perwathwiy gekommen war. Sanjirmil, die mit dreizehn ihre Geheimnisse hatte. Sanjirmil, die im Wettkampf eine der ersten und an irgendeiner Verschwörung beteiligt war … und sie alle