Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
Anschein gaben, eine Gruppe von Statuen zu bewundern und dabei pausenlos aufmerksam die Zugänge zu dem Platz nach ihnen absuchten. Sie sahen sie, und aus der Entfernung konnte Morlenden erkennen, wie Cannialin Kal etwas ins Ohr flüsterte. Und jetzt gingen sie weg, als wollten sie von der anderen Seite her die Station betreten.
Die Abordnung, die Maellenkleth begleitete, stieg ohne Zwischenfall in die Untergrundbahn ein, obwohl Morlenden, der nun jede Bewegung der angeblichen Pfleger sorgfältig beobachtete, bemerkte, daß sich die beiden größte Mühe gaben, um die Fahrkarten für alle im Besitz zu behalten. Glücklicherweise waren sie gezwungen, sich auf zwei Abteile zu verteilen. Er sah, daß Caldherman und Cannialin ebenfalls den Zug bestiegen und in das Abteil direkt vor ihnen gingen. Als sie erst einmal in dem Zug waren, hatte Fellirian kaum Schwierigkeiten, die beiden Pfleger davon zu überzeugen, daß Maellenkleth in ihrem eigenen Abteil bei ihren Leuten besser aufgehoben war. Es hatte den Anschein, daß die Pfleger – oder Agenten – das Gefühl hatten, der Zug sei sicherer. Wovor? Wohin konnten sie in dem ewigen Wechsel von Stadtzentren und industriellen Vorstädten gehen, aus denen die Menschenwelt bestand? Die Flucht lag in weiter Entfernung, bis sie an der Haltestelle des Instituts waren. Aber waren sie hier wirklich sicher vor Störungen? Morlenden dachte, daß Fellirian ihren Plan, falls sie einen gefaßt hatte, besser schnell in die Wirklichkeit umsetzte. Soweit war alles glattgegangen. Bei weitem zu glatt. So leicht sollte es nicht sein. Sonst hätte er auch allein kommen können. Und jetzt?
Morlenden und Krisshantem gingen in das Abteil mit dem Mädchen, während Fellirian noch einen Augenblick lang draußen blieb und mit einem der Pfleger vertraulich sprach, und zwar mit dem, der anscheinend der Anführer war. Kurz darauf gesellte sie sich ihnen zu und schloß die Tür des Abteils hinter sich.
Sie forderte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen auf, blieb kurz still und begann dann, in Multisprache zu sprechen. Sie gebrauchte dabei den Einer-zu-vielen-Sprechmodus, aber mit unterdrückten Seitenkanälen. Morlenden war beeindruckt; er hatte nicht gewußt, daß sie dazu fähig war.
Für jeden Menschen, der zuhörte, hätte es sich wie unsinnige Musik ohne Worte angehört, die eine seltsame, klingende Reinheit im Tonfall hatte. Fellirian hatte den Agenten gesagt, sie würden nun an dem Mädchen ein Ritual ausüben, und man würde sie dabei singen hören. Für die Ohren der Ler jedoch lag darin keinerlei Musik, und wie bei den meisten Formen von Multisprache war es sogar so, daß es keinerlei Bewußtsein von Geräusch oder Gehör gab. Es waren nur Ideen, auf das Einfachste reduziert und irgendwie direkt in das Gehirn geflüstert.
Sie sagte: „Spion … zwei … sie … nun … hier … reden … vorbei … Eliya … sagen … Himmel … suchen … nach … ihr&sosprechen … nichtlesen … sie a &! mach … es … jetzt … schnell … ja??“
Und Krisshantem antwortete im gleichen Modus. „Zwei … hier … wissen … Teile … && … genauso … jetzt … Stop … + zwei … hier … ergeben … Basis … Linie&drei … Macht … sie&verlieren … sie(!)(!).“
Sie sangen scheinbar weiter, sendeten aber nichts mehr und bewegten sich sehr schnell, während sie Maellenkleth sorgfältig zwischen Morlenden und Fellirian auf den Boden stellten. Sie war wach, aber passiv und wehrte sich nicht. Sie legten sie so hin, wie Krisshantem es ihnen sagte, und brachten sich dann selbst in Stellung, indem sie eine einstudierte, rigide Position einnahmen, die Beine unter sich verschränkten und sich auf ihre nach oben gedrehten Fersen setzten. Krisshantem nahm seine Position am Kopfende des Mädchens in der gleichen Stellung ein. Der Prozeß begann.
Nun fingen Morlenden und Fellirian den Gesang an, veränderten sofort den Modus und verschoben ihn noch weiter ins Submelodische, genau wie Krisshantem sie angewiesen hatte. Jetzt bemerkte Morlenden, wie seine Sicht schwächer wurde und verblaßte, wie der neue Modus von ihm Besitz ergriff und sein Sehzentrum verdunkelte, um es für einen anderen Zweck vorzubereiten.
„Denk daran“, hatte Krisshantem sie mit der Strenge der Heranwachsenden ermahnt, „ihr beiden müßt die Basislinie bilden. Die Persona ist vierdimensional, und der Schaffende wird die wiederhergestellte Persona auf dieser Linie errichten. Ihr müßt diese Linie ganz eben und ruhig
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