Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
wieder ein, keine Angst. Ihr kommt allerdings mit dieser Situation besser zurecht, als ich das von den meisten Leuten angenommen hätte, die nicht im Wald wohnen, und so könnte es sein, daß ihr einen etwas größeren Vorsprung gewinnt … aber ihr könnt mich nicht verlieren. Ich werde immer wissen, wo ihr seid. Und wir werden ihnen ein hübsches Jagderlebnis bescheren.“
Fellirian stand still und sagte nichts. Morlenden dachte darüber nach und überlegte. So würde es sein müssen. Sie konnten jetzt nicht mehr darauf hoffen, Schaeszendur sicher über den Zaun zu schaffen, zurück in die Sicherheit des Reservats, wenn nicht jemand die Soldaten ablenkte, die sich gerade gegen sie formierten, und sie für den Augenblick von ihnen wegführte. Er ging zu dem Mädchen und stieß es sanft an, um ihm zu verstehen zu geben, daß die Rast zu Ende war. Sie bewegte sich schwerfällig, als würde sie sich unter Wasser aufhalten, und wandte ihr Gesicht Morlenden mit dem leeren Blick der Erschöpfung zu.
Morlenden sagte: „Schaeszen kann nicht mehr weiterrennen. Ich werde sie tragen müssen. Ich stimme Kris’ Vorschlag zu.“ Direkt neben ihm nahm Kaldhermans Gesicht einen grimmigen Ausdruck an, und er nickte zustimmend. Cannialin sah nach oben zu dem leuchtenden Himmel und verzog ihren Mund zu einem unheimlichen, glückseligen Lächeln.
Morlenden dachte: Genau das gleiche abstrakte Lächeln habe ich auf ihrem Gesicht gesehen, als sie ein Huhn geschlachtet und dessen Kehle mit ihrem langen Messer durchgeschnitten hat …
Widerwillig gab Fellirian ihre Zustimmung. „Ja, ich verstehe. Also gut, Mor, ich finde den besten Weg für dich; folge meinen Geräuschen, und ich helfe dir am Zaun.“ Sie horchte in die Richtung des Geräusches. Dann drehte sie sich für einen letzten Blick auf den Wald um, sah dann wieder nach unten, überlegend, unentschlossen … und rannte dann in das stachlige Unterholz hinein und schaffte sich resolut einen Weg. Morlenden lief hinter ihr her und half dabei dem Mädchen, indem er es halb stützte, halb trug. Kris und die anderen blieben, wo sie waren, und starrten ihnen nach.
Als sie im dichten, stachligen Unterholz verschwunden waren, rief Kris ihnen nach: „Macht nicht so einen Krach, ihr Ackergäule! Sie hören euch sonst noch trotz des Motorengeräusches.“
Tief im Gebüsch blieb Morlenden stehen und sah sich um. Durch eine schmale Lücke konnte er erkennen, wie der Junge seine Pelzstiefel auszog, und Kal und Cannialin machten es ihm nach: damit sie auf dem kalten Boden heiße Fußspuren hinterlassen würden, während er, Fellirian und Schaeszen weniger deutliche Spuren hinterließen. Weiter zurück, hinter ihnen allen, bewegte sich eine Gruppe von Lichtern zwar nicht direkt auf sie zu, aber doch in ihre Nähe. Dann gingen die Lichter aus, aber das Brummen und Klopfen veränderte sich nicht. Nach einem Augenblick meinte Morlenden am Rand seines Wahrnehmungsfeldes einen dunkleren Fleck erkennen zu können, der sich vage im Umriß gegen den Hintergrund des Himmels abhob. Er drehte sich um und sah den Hügel hinauf: Dort war der Himmel dunkler, und es gab keine Geräusche außer jene von Fellirian, die sich durch das Gebüsch kämpfte und dabei soviel Krach wie möglich machte. In dieser Richtung gab es keine sich bewegenden Konturen am Himmel.
Jetzt machte er sich selbst auf den Weg und half dem Mädchen dabei, so gut er konnte, unterstützte es zum Teil, da es aus eigener Kraft kaum noch gehen konnte. Er entdeckte, daß er Fellirian folgen konnte, die vorn vor und zurück ging und für sie den leichtesten Weg suchte. Er sah sie kaum einmal, aber er konnte fast ebenso leicht ihren Geräuschen folgen, wenn er sorgfältig hinhörte. Und hinter ihnen wurde das Brummen lauter. Morlenden sah über seine Schulter zurück und sah wieder den dunklen Fleck, der sich gegen den Himmel bewegte, jetzt zwar deutlicher, aber noch immer nicht klar genug, um genau zu sehen, von welcher Form er war. Er hatte nun den größten Teil der Entfernung bis zum Waldrand zurückgelegt, schien aber ein wenig südlich von seiner jetzigen Position abzutreiben. Es gab kein Anzeichen dafür, daß jene, die das Flugzeug steuerten, tatsächlich schon etwas gesehen hatten – noch nicht. Morlenden vergrößerte seine Geschwindigkeit und begab sich tiefer in den Wald hinein.
Schaeszendur schluchzte, und Morlenden spürte, wie ihr gesamtes Gewicht gegen seinen Arm sank; es war ihr unmöglich geworden, auch nur noch einen
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