Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
obgleich sie es nicht beweisen konnte. Sie war abgehört worden. Die Fragesteller hatten einem anderen als Köder gedient, der hinter den Kulissen gestanden, mitgehört, mitgeschnitten hatte. Sie nickte dem letzten Fragesteller zu, wie um ihm deutlich zu machen, daß ihre Antwort zu Ende war. Nachdem er seinen Dank bezeugt hatte, setzte er sich wieder auf seinen Platz. Fellirian musterte die anderen. Sie hatten das Interesse am heutigen Gegenstand und das an den Ler und am Institut verloren. Sie waren jetzt nur noch darauf bedacht zu gehen. Das war ein Gefühl, für das sie Verständnis haben, das sie sogar teilen konnte. Auch sie war nur noch darauf bedacht zu gehen. Nun hatten sie also die berühmten Neuen Menschen gesehen. Na, so etwas Besonderes waren sie eigentlich gar nicht, oder? Das einzige woran sie wirklich interessiert gewesen waren, wenn sie sich auch einige Mühe gegeben hatten, es zu verbergen, war das Sexualverhalten der Heranreifenden, das sich ihrer Meinung nach nicht von bloßer Promiskuität unterschied. Und natürlich konnte Fellirian ihnen das, was ihnen am wichtigsten gewesen war, nicht bieten.
Vance stellte mit einem Blick auf die Uhr fest, daß es für die Besucher an der Zeit war zu gehen; tatsächlich hatten einige von ihnen ebenfalls auf die Uhr gesehen, wie Vance bemerkt hatte. Sie ihrerseits hatten ihn beobachtet und machten alle Anstalten aufzubrechen; Stühle wurden gerückt, Mäntel und Überzieher zurechtgezogen und Überschuhe aus Gummi wieder übergestreift. Nach ein paar mechanischen Abschiedsworten und anerkennenden, manchmal unbeholfenen Bemerkungen machten sich die Mitglieder der Besuchergruppe fertig und verließen einer nach dem anderen den Raum. Der letzte, der hinausging, machte noch eine höfliche Bemerkung Vance gegenüber und schloß hinter sich die Tür. Im Sitzungsraum kehrte wieder Schweigen ein.
Fellirian stand bei ihrem Stuhl, Vance an der Tür. Schließlich schien Vance etwas einzufallen. Er drehte sich um und schaltete die Deckenbeleuchtung erst kleiner und dann aus. Dies geschah aus Rücksicht auf Fellirian, die sich bei jeder Beleuchtung außer natürlichem Licht oder dem gelben Schein von Öllampen und Kerzen immer mehr oder weniger unwohl fühlte. Jetzt wußte sie diese kleine Aufmerksamkeit zu schätzen. Das weiche, blaue Licht des späten November trat an die Stelle des harten Deckenlichts, ergoß sich in den Sitzungsraum. Draußen gingen in einiger Entfernung allmählich die Lampen an und durchdrangen vielversprechend die Dunkelheit. Fellirian rückte ihren Stuhl näher an die Fenster heran und setzte sich.
Vance blieb einen Moment zögernd an der Tür stehen. Dann sprach er plötzlich in das Interkom und bestellte unten in der Kantine zwei Becher heißen Tee. Als er das getan hatte, drehte er sich wieder zu Fellirian um, die gerade dabei war, in ihrer Gürteltasche zu wühlen, die sie von dort geholt hatte, wo sie auch ihre anderen Sachen abgelegt hatte. Sie nahm eine kleine, hohle Pfeife heraus, die sie mit einem hellbraunen Tabak stopfte. Vance näherte sich, zog ein Feuerzeug, hielt es ihr entgegen und trat dann einen Schritt zurück, um zu beobachten, wie das Feuer in dem Pfeifenkopf anging. Zufrieden lehnte sie sich danach zurück, legte einen Arm auf das Fensterbrett und blies eine große blaue Rauchwolke an die Decke.
„Ich weiß, ich weiß“, sagte sie. „Eure Entlüftungsanlage wird dadurch verschmutzt.“
„Nein, nein, laß dich nicht stören. Mir macht es nichts aus. Laß sie ruhig verschmutzen. Die meisten von den Besuchern hätten liebend gerne ebenfalls geraucht und waren nur zu schüchtern.“
„Zu schüchtern, um mir auf die Pelle zu rücken, waren sie nicht.“ Sie hielt inne. „Aber was soll’s.“ Sie wandte sich für einen Moment zum Fenster, um in das sich verdunkelnde Blau des Abends, das allmählich eine violette Tönung annahm, hinauszusehen. Nach einer Weile wandte sie sich wieder um. Vance hatte sich einen Stuhl in ihre Nähe geholt und wartete jetzt.
Fellirian seufzte tief, als formuliere sie noch an den Worten, die sie auszudrücken wünschte. Dann begann sie: „Walter, du hast doch Kontakte nach draußen, zur eigentlichen Welt. Ich meine, zur Bezirkszentrale. Was tut sich da eigentlich? Unsere Besucher haben etwas Merkwürdiges an sich, etwas Inszeniertes, was früher nicht da war; die letzten paar Besucher- und Praktikantengruppen waren reichlich hektisch, viel nervöser als die Touristen, mit denen wir
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